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Immobilien Londons Büromarkt trotzt dem Brexit

Symbolbild: London und der Brexit
Symbolbild: London und der Brexit
© Pixabay.com
Im nächsten Jahr verlässt Großbritannien wohl offiziell die EU. Trotzdem sind Büroimmobilien in London bei internationalen Investoren ausgesprochen beliebt, zeigt eine neue Studie

Sie heißen „Gürkchen“, „Walkie Talkie“ oder „Käsereibe“ und sind bei Investoren so gefragt wie lange nicht mehr: Bürogebäude im Londoner Finanzzentrum. Vergangenen Sommer machte der Multimilliardär Len Han Tat Schlagzeilen, als sein Unternehmen umgerechnet 1,5 Mrd. Euro für den „Walkie Talkie“-Wolkenkratzer in London hinlegte. Es war die höchste Summe, die jemals in Großbritannien für ein einzelnes Bürogebäude bezahlt wurde. Wenige Monate zuvor war das 225 Meter hohe Leadenhall Building, besser bekannt unter dem Spitznamen „The Cheesegrater“ („Die Käsereibe“), verkauft worden – für umgerechnet 1,4 Mrd. Euro.

Die hochkarätigen Immobiliengeschäfte zeigen: Von einem Zusammenbruchs des Büromarkts in Europas größtem Finanzzentrum kann keine Rede sein. Rund anderthalb Jahre, nachdem die Briten per Referendum den Austritt aus der Europäischen Union beschlossen haben, boomt die City. Diesen Eindruck bestätigt eine im März veröffentlichte Untersuchung des britischen Beratungsunternehmens Knight Frank. Trotz des Brexit-Votums liegt die britische Hauptstadt demnach in der Gunst ausländischer Investoren ganz weit vorne. Im vergangenen Jahr schoss das Transaktionsvolumen auf dem Londoner Büroimmobilienmarkt gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel in die Höhe, auf 17 Mrd. Pfund (19,2 Mrd. Euro). Damit zog London im Jahr 2017 fast dreimal so viel Kapital an wie New York, das bei ausländischen Investoren an zweiter Stelle liegt – und mehr als die europäischen Metropolen Paris, Berlin, Frankfurt und Amsterdam zusammen.

Großkonzerne setzen auf London

Vor allem Investoren aus China befeuern den Boom. Auf ihr Konto gehen rund 40 Prozent der Investitionen von Nicht-Briten, zeigt die Knight-Frank-Studie. Am stärksten fragen Investoren aus Hongkong Londoner Büros nach. Zudem beobachteten die Autoren ein stark steigendes Interesse aus Japan, Südkorea und Singapur. Dafür gibt es gute Gründe: „Einer der treibenden Faktoren der weltweiten Nachfrage nach Londoner Büros sind die attraktiven Kaufpreise für Immobilien“, sagt Nick Braybrook, Head of City Capital Markets bei Knight Frank. Die Rendite im Finanzviertel beträgt derzeit 4,25 Prozent, im West End sind es 3,5 Prozent. Damit schneiden Londoner Büros erheblich besser ab als vergleichbare Objekte in Hongkong (2,6 Prozent) oder Tokio (3,2 Prozent). Auch im europäischen Vergleich liegt die britische Metropole weit vor bedeutsamen Märkten wie Paris (3 Prozent) oder Berlin (3,1 Prozent).

„Mag der Brexit auch Zeiten von Unsicherheit mit sich bringen, Käufer weltweit werden weiterhin in Immobilien in London investieren“
Nick Braybrook

Neben dem Interesse aus Asien stützen vor allem zwei weitere Faktoren den Markt: der Boom von Coworking-Anbietern und das große Vertrauen internationaler Großkonzerne. Im Dezember 2017 bezog Facebook einen Bürokomplex im West End und versprach, 800 zusätzliche Stellen zu schaffen. Amazon zog bereits im Juli in ein 15-stöckiges Bürohaus im Stadtteil Shoreditch und versprach, 450 weitere Entwickler in London anzuheuern. Auch große Banken unterzeichneten zuletzt neue Mietverträge. Die US-amerikanische Investmentbank Goldman Sachs baut derzeit ein neues Bürogebäude in der britischen Hauptstadt, das ab kommendem Jahr auf gut 100.000 Quadratmetern Platz für 6000 Mitarbeiter bieten soll. Hinzu kommt der Coworking-Boom. Unternehmen wie Wework aus den USA oder das britische Unternehmen The Office Group vermieten einzelne Schreibtische und kleine Büros an Start-ups oder Freiberufler, die nicht zu Hause arbeiten wollen. Im vergangenen Jahr machten Coworking-Anbieter ein Fünftel aller Neuvermietungen in London aus.

In gewisser Weise hat das Brexit-Votum die Nachfrage sogar noch angeheizt. Nach Verkündung des Ausstiegs verlor das britische Pfund drastisch an Wert. Londoner Immobilien wurden so für Ausländer erschwinglicher. Viele Investoren nutzten die Gelegenheit, um zu günstigen Preisen einzukaufen. Bis heute hat sich die britische Währung nicht vollständig von dem Brexit-Schock erholt. „Mag der Brexit auch Zeiten von Unsicherheit mit sich bringen, Käufer weltweit werden weiterhin in Immobilien in London investieren“, ist Knight-Frank-Experte Braybrook überzeugt. Momentan sind laut der Immobilienberatung Investitionen in Höhe von 46,1 Mrd. Pfund geplant. Das sind elf Prozent mehr als im Vorjahr.

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