Der fehlende Neubau der vergangenen Jahre zeigt allmählich deutlich seine Wirkung: Er treibt die Mieten – besonders in großen Städten und deren Umland. Viel mehr Menschen als zuvor suchen derzeit nach einer Mietwohnung, weil sie sich den Kauf von Wohneigentum nicht mehr leisten können, so belegen es aktuelle Auswertungen von Immobilienanalysten. Denn zuletzt waren sowohl die Kreditzinsen als auch die Baupreise so stark gestiegen, dass immer mehr Kaufwillige ihre Pläne auf Eis legten und lieber nach einer Mietwohnung suchten. Das erhöhte die Mieter-Nachfrage deutlich, besonders „in den Metropolen, den angespanntesten Mietmärkten der Republik, liegt die Nachfrage weit über dem bundesweiten Durchschnitt“, ermittelte die Vermittlungsplattform Immoscout24.
Um knapp 30 Prozent stiegen dort die Anfragen von Mietern auf Wohnungsannoncen, verglichen mit Sommer 2022 – also dem Zeitpunkt, an dem der Immobilienkaufmarkt seinen Höhepunkt erreichte. Im Speckgürtel der Großstädte legte die Nachfrage laut Immoscout sogar um gut 40 Prozent zu. Denn inzwischen sind die Mieten in den Zentren der gefragtesten Städte schon so hoch – mit durchschnittlich 14,91 Euro pro Quadratmeter über alle Baujahre hinweg – und das Wohnungsangebot so klein, dass immer mehr Bewohner auf die Randgebiete ausweichen.
Sie tun das eher gezwungenermaßen, betonen Immobilienökonomen gern, darunter Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Es sei in der Regel ein „Überschwappeffekt“, der viele Menschen an den Stadtrand dränge. Und nicht der Wunsch nach dem abgelegeneren und grüneren Wohnen, wie man ebenfalls vermuten könnte. Auch in Umfragen geben Wohnungssuchende selber an, dass sie zentrale Standorte vorziehen würden gegenüber Randgebieten, wenn sie dort Wohnraum fänden.
Städte sind beliebter als ländliche Regionen
Ein weiteres Indiz dafür ist: Auch in kleineren Städten – also in bezahlbareren Orten, aber noch urbanen Gebieten – legte die Nachfrage nach Mietwohnungen zuletzt um rund 40 Prozent zu. Dagegen stiegen die Mieteranfragen im ländlichen Raum zwar ebenfalls, aber weniger stark.
Im Bundesschnitt müssen Wohnungssuchende nun mit einer Miete von 8,56 Euro pro Quadratmeter rechnen, wenn sie einen Neuvertrag abschließen und eine Bestandswohnung anmieten. Das entspricht knapp 600 Euro bei einer 70-Quadratmeterwohnung, was ungefähr der Durchschnittsgröße entspricht. Im Neubau sind es rund 11,90 Euro Quadratmeterpreis und rund 833 Euro Monatsmiete.
In den sieben gefragtesten Großstädten liegen die Preise jedoch weit darüber: Nur in Leipzig findet man etwa zu diesen Durchschnittswerten eine Mietwohnung. Dagegen muss man in Berlin, Köln und Hamburg rund 13,50 Euro pro Quadratmeter einkalkulieren, das sind rund 945 Euro. In Frankfurt rund 14,30 Euro, also gut 1000 Euro. In München liegt man sogar schon über 20 Euro, das ergibt eine Kaltmiete von rund 1430 Euro für die Neuvermietung einer durchschnittlichen Bestandswohnung.
Die Neubaumieten steigen enorm
Bei Neubauten verlangen die Vermieter naturgemäß höhere Summen. Und die Kluft zwischen den Bestandsmieten und Neubaumieten ist groß: Hier liegt Leipzig bei rund 11,70 Euro (das sind 820 Euro Miete), Köln und Hamburg bei über 16 Euro, Frankfurt bei 17,40 (rund 1.200 Euro). Besonders Berlin hat von allen Städten bei den Neubaumieten enorm zugelegt. Es kratzt mit 19,37 Euro schon beinahe an der 20-Euro-Marke (das ergibt 1355 Euro Kaltmiete). München war schon immer teuer, und auch hier steigen die Neubaumieten weiter, auf inzwischen knapp 25 Euro pro Quadratmeter, das sind also rund 1745 Euro für die Wohnung.
Auf Zehnjahressicht erhöhten sich die Neubaumieten in den größten Städten damit um beachtliche 48 Prozent, wie das Analysehaus BulwienGesa ermittelte. Die allerwenigsten Gehälter werden im gleichen Zeitraum solche Sprünge gemacht haben. Das bedeutet: Die Mieten stiegen im Vergleich zum Einkommen sehr viel stärker. Dagegen wuchsen die Bestandsmieten im selben Zeitraum sehr viel weniger. Laut Daten des Statistischen Bundesamts erhöhte sich der Mietpreisindex seit 2014 insgesamt nur um rund 13 Prozent.
Das ist aber kein Grund zum Aufatmen, denn die aktuelle Auswertung von Immoscout24 zeigt, dass gerade die Bestandsmieten im vergangenen Quartal kräftiger zulegten als die Neubaumieten. Sie holen also nun anscheinend ihren Rückstand auf. Einer der Haupttreiber für diesen Effekt ist der fehlende Neubau. Denn wo keine neuen Wohnungen vermietet werden, weil kaum noch zusätzlich gebaut wird, konzentrieren sich Suchende natürlich auf den Bestand. Die enormen Höhen der Neubaumieten spielen aber sicherlich ebenfalls eine große Rolle und lassen mehr Menschen nach älteren Baujahren Ausschau halten.
Außerhalb der Metropolen sind Mieten erträglich
Wer nicht unbedingt darauf angewiesen ist, in einer der Metropolen zu wohnen, der sollte sich eher in einer der mittelgroßen Städte umsehen oder in einer kleineren Stadt im Dunstkreis der jeweiligen Metropole. Was laut den Daten auch viele Suchende momentan tun. Wer zum Beispiel nicht in Stuttgart-City sucht, sondern im schwäbischen Umland, zahlt rund 10 statt 14 Euro Miete pro Quadratmeter.
In den allermeisten Städten Nordrhein-Westfalens und Niedersachsens liegen die Mieten nur bei 8 bis 9 Euro (im Märkischen und Sauerlandkreis sogar darunter), während es in Düsseldorf 12 Euro und Köln oder Hamburg rund 14 Euro sind. Und auch Wiesbaden ist im Schnitt rund 4 Euro günstiger als Frankfurt.
Und günstiger wird es wohl in naher Zukunft generell nicht.