Maik Bolsmann ist Geschäftsführer der Vermögensverwaltung B&K Vermögen in Köln
Capital: Nach den jüngsten sehr positiven Zahlen vom US-Arbeitsmarkt wird eine Zinserhöhung noch in diesem Jahr immer wahrscheinlicher. Wird die Fed, wenn sie am 16. Dezember ihre nächste Zinsentscheidung fällt, diesmal wirklich ernst machen?
Bolsmann: Nach zwei Jahren der Vorbereitungszeit ist der Markt bereit für eine Zinswende. Spürbar wurde dies bei der Reaktion der Börsen auf die letzten – gut ausgefallenen – Arbeitsmarktzahlen. Entgegen der letzten Monate hat das Sentiment hier nicht erschrocken reagiert, sondern die Kurse haben gehalten. Für uns liegt damit die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinsanhebung im Dezember dieses Jahres bei 90 Prozent.
Auch bei der letzten Entscheidung im September hatten viele Marktteilnehmer fest mit einer Abkehr von der Nullzinspolitik gerechnet. Dann kam es doch anders. Was, außer den robusten Arbeitsmarktzahlen, spricht aus Ihrer Sicht noch für eine Zinswende in den USA?
In der Fed ist über die Zinsfrage ein Machtkampf ausgebrochen. Zuletzt haben zwei der fünf Board-Mitglieder öffentlich einen Zinsanstieg präferiert und zwei Mitglieder die gegenteilige Auffassung vertreten. Die Präsidentin muss den Machtkampf beenden, um ihre Autorität und die Ihrer Institution nicht aufs Spiel zu setzen. Eine eindeutige Entscheidung wird Sicherheit an die Märkte zurückbringen. Daher wird Janet Yellen einen klaren Schritt gehen und vermutlich schon am 3. Dezember in einer geplanten Rede den Markt auf einen Zinsschritt am 17. Dezember. vorbereiten.
Schockreaktion wird ausbleiben
Die Märkte haben das Szenario steigender US-Zinsen schon mehrmals durchgespielt. Wird es da überhaupt noch markante Reaktionen geben?
Ja, denn viele computergestützte Programme können dann mit klaren Parametern gefüttert werden. Das wird zur Erhöhung der Aktienquoten führen. Gepaart mit einem perfekten saisonalen Muster, die Jahresendrally, sollte das auf beiden Seiten des Atlantiks kurzfristig zu steigenden Kursen führen.
Worauf sollten sich Anleger einstellen?
Selbst wenn es nicht zu einer Zinserhöhung kommt, muss sich die Fed eindeutig erklären. Dadurch wird auch im Fall gleichbleibender Zinsen eine Schockreaktion des Marktes ausbleiben. Durch die neue Klarheit bleibt das Umfeld für Aktien daher kurzfristig günstig und Aktien ein Kauf.
Was heißt das für Ihre Kunden-Depots?
Aktuell ist unser Szenario in Takt. Wir sehen temporäre Kursschwächen bei einzelnen Qualitätstiteln als Kaufgelegenheiten. Jedoch schöpfen wir das Aktienbudget nicht voll aus. Die Intensität des einsetzenden Zinserhöhungszyklus muss genau beobachtet werden. Es besteht die Gefahr, dass die Fed bei zu schneller Schlagzahl die Konjunktur in den USA im Jahresverlauf 2016 wieder abwürgt.