Leserfrage Wie kann man sich gegen Strompreiserhöhungen wehren?

Windräder und andere Gründe: Vereinzelt werden Strompreiserhöhungen gerne auch mit der Energiewende begründet
Windräder und andere Gründe: Vereinzelt werden Strompreiserhöhungen gerne auch mit der Energiewende begründet
Fragen zu Ihren privaten Finanzen? Capital wählt jeden Monat ein Thema aus – und gibt Antworten. Diesmal: Strompreise

Die Leserfrage des Monats:

Mein Stromanbieter hat wieder die Preise erhöht. Bin ich hilflos ausgeliefert?

Die Antwort der Capital-Redaktion:

Nein. Sie müssen nicht jede Preis­erhöhung mitmachen.

Will Ihr Stromversorger mehr Geld, hat er zunächst ein paar Spielregeln einzuhalten. Er muss Sie vorab informieren, sich dabei eindeutig und verständlich ausdrücken und darauf hinweisen, dass bei einer Preiserhöhung ein Sonderkündigungsrecht gilt. Das steht Ihnen nach dem Energiewirtschaftsgesetz zu.

Die Liberalisierung des Strommarkts hat es 1998 den Verbrauchern ermöglicht, den Stromversorger zu wechseln. Kunden von Grundversorgern wie den örtlichen Stadtwerken können seitdem jederzeit mit zweiwöchiger Frist kündigen. Auch wer die oft günstigeren Langzeittarife anderer Anbieter nutzt, kann aus dem Vertrag aussteigen, sobald ein Preisanstieg droht. 2016 wechselten in Deutschland rund 3,6 Millionen Haushalte den Stromversorger – 20 Prozent mehr als im Vorjahr, wie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ermittelt hat. Deren Energieexperten raten, den Stromtarif jährlich zu prüfen und gegebenenfalls zu wechseln.

Regelmäßig zum Jahresanfang gibt es dafür Anlass genug. So erhöhten 74 Grundversorger nach Angaben des Portals Check24 im Januar 2018 die Preise für mindestens einen ihrer Tarife. Für rund 700 000 Haushalte bedeutet das einen Aufschlag von durchschnittlich 2,8 Prozent – und in der Spitze bis zu 13,2 Prozent.

Versorger müssen ihren Kunden solche Preiserhöhungen „schriftlich und verständlich“ ankündigen. Im Idealfall werden dabei tabellarisch die bisherigen und künftigen Entgelte aufgeschlüsselt. Es kommt aber vor, dass unseriöse Anbieter ihren Kunden eine Erhöhung möglichst unbemerkt unter­jubeln wollen. Tarifänderungen werden dann gern in Werbebriefen oder Rundschreiben versteckt.

Solche Tricks hat das Land­gericht Hamburg im Januar 2018 untersagt. Die Verbraucherzentrale NRW hatte einen Anbieter verklagt, der das Stichwort „aktuelle Preis­information“ unter einer Jubel-Überschrift zum „besten Kundenservice aller Zeiten“ platziert hatte. „Dann kam viel Blabla“, kritisiert Rechtsexpertin Tanja Preuschoff, „und erst weit unten die Ankündigung der Preiserhöhung.“ Die sollte aber schon im Betreff stehen und deutlich auf das Sonderkündigungsrecht hinweisen, mahnte das Gericht.

Lange mussten Verbraucher auch Klauseln hinnehmen, die ein Kündigungsrecht ausschlossen, wenn staatliche Kosten wie Steuern und Abgaben oder die Erneuer­bare-Energien-Umlage den Tarif verteuerten. Dem schoben das Oberlandesgericht Düsseldorf und der Bundesgerichtshof 2017 einen Riegel vor. Eine Sonderkündigung darf laut Oberlandesgericht Celle nur dann vertraglich ausgeschlossen werden, wenn der Versorger sowohl steigende wie auch fallende Kosten direkt an den Kunden weitergibt.

Kleiner Fakt zum Thema:

41 Euro mehr pro Jahr müssen 700 000 deutsche Haushalte aufgrund von Preissteigerungen zum Jahreswechsel bei einem Verbrauch von 5 000 Kilo-watt-stunden durchschnittlich für ihren Strom zahlen.

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