Die Aufrufe, bestimmte Unternehmen wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Unterstützung Israels zu boykottieren, treffen große US-Firmen teils empfindlich. Die Zahl der aus Protest gegen den Gaza-Krieg ausbleibenden Kunden ist zwar nicht groß genug, um betroffene Konzerne in tiefgreifende Schwierigkeiten zu bringen. Umsätze in muslimisch geprägten Märkten leiden aber sichtbar.
Der weltweite Umsatz von Starbucks sank im abgelaufenen Quartal um 2 Prozent, der Nettogewinn sogar um 15 Prozent, die Aktie rauschte in den Keller. Der Rückgang war der erste seiner Art seit fast drei Jahren. Vor allem auf den Hauptmärkten USA und China schwächelte die Nachfrage, infolge hoher Inflation und wachsender Konkurrenz. Doch auch Boykottkampagnen setzen den Kaffeeriesen international unter Druck. In muslimisch geprägten südostasiatischen Ländern wie Indonesien und Malaysia gingen die Umsätze in den vergangenen Monaten deshalb deutlich zurück, wie etwa das „Handelsblatt“ berichtet.
Der lokale Franchisenehmer PT Sari Coffee Indonesia mit mehr als 300 Filialen meldete demnach im Februar ein Umsatzminus von 30 Prozent. „Die Menschen stehen unter sozialem Druck, sich von Starbucks zu distanzieren“, wird der Chef zitiert. In Malaysia beklagte der lokale Franchisenehmer Berjaya Food mit 400 Filialen dem Bericht zufolge sogar einen Umsatzrückgang von 38 Prozent im letzten Quartal des vergangenen Jahres. Das Unternehmen nannte als Grund einen anhaltenden Boykott. Und der Starbucks-Franchise-Eigner im Nahen Osten, die Alshaya Group in Kuwait, will demnach wegen des Boykotts etwa vier Prozent seiner Mitarbeiter entlassen.
„Bedeutender“ Einfluss auf McDonald's-Geschäft
Ausgelöst wurden die Boykottaufrufe von einem Streit des Unternehmens mit der Gewerkschaft Starbucks Workers United über deren propalästinensischen Post auf der Plattform X. Eine Rolle könnte auch spielen, dass Starbucks-Gründer Howard Schultz Jude ist. Das Unternehmen betont, keine politische Agenda zu verfolgen.
McDonald's-Chef Chris Kempczinski berichtete Anfang Januar von einem „bedeutenden“ Einfluss des Israel-Hamas-Konflikts und damit verbundener „Fehlinformationen“ auf das Geschäft im Nahen Osten sowie in einzelnen anderen Märkten. In Israel hatten zuvor einige McDonald's-Filialen kostenlose Mahlzeiten an Soldaten verteilt, es folgte eine Boykottkampagne. Der dortige Franchisenehmer gab die 225 Filialen in Israel deshalb auf, McDonald's kündigte im April an, diese zurückzukaufen.
Sowohl Starbucks als auch McDonald's betonten angesichts der Boykottaufrufe in Ländern wie Ägypten, Jordanien oder Malaysia, sie unterstützten keine Regierungen finanziell und die Filialen würden von lokalen Franchisenehmern betrieben, die großteils lokale Mitarbeiter beschäftigten. Das lässt allerdings nicht nur Kunden in muslimisch geprägten Ländern kalt.
Dutzende KFC-Filialen aktuell geschlossen
Verschiedene Apps sollen Kunden weltweit helfen, Unternehmen und Produkte zu identifizieren, die angeblich Israel unterstützen – um diese im Regal stehenzulassen. In Deutschland wurde eine Moderatorin, die eine solche App auf ihrem privaten Instagram-Account beworben hatte, kürzlich vom SWR vor die Tür gesetzt. Durch soziale Netzwerke verbreiten sich Boykottaufrufe heute rasend schnell. Auch vor einer Berliner Starbucks-Filiale wurden Medienberichten zufolge im Zuge einer propalästinensischen Demonstration Kunden beschimpft und bedrängt.
Die US-Fastfoodkette KFC hat vor Kurzem in Malaysia zahlreiche Filialen vorübergehend geschlossen. Lokalen Medienberichten zufolge handelt es sich um mehr als 100, Grund ist demnach der Boykott. Und der britische Verbrauchsgüterriese Unilever mit Marken wie Dove oder Ben & Jerry's berichtete, das Umsatzwachstum in Südostasien sei im vierten Quartal durch den Boykott von Kunden in Indonesien gebremst worden.
Die politische Wirkung von Verbraucherboykotten ist allerdings begrenzt. Umsatzeinbußen amerikanischer Fastfoodketten dürften weder auf die israelische noch die US-Regierung Druck ausüben. Wie etwa die amerikanische Denkfabrik Stimson Center analysiert, sähe es womöglich anders aus, wenn etwas anderes ausbliebe: Investitionen in Schlüsselsektoren oder Rüstungsverträge.
Dieser Artikel ist zuerst bei n-tv.de erschienen.