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Vorläufige Bilanz Sewings zäher Kampf mit den Baustellen der Deutschen Bank

Christian Sewing, Chef der Deutschen Bank
Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, kommt zur Bilanz-Pressekonferenz der Bank in Frankfurt
© dpa /Arne Dedert / Picture Alliance
Die Deutsche Bank und ihre Fondstochter DWS legen ordentliche Zahlen vor. Doch dass der Konzern 3500 Stellen abbaut und das Postbank-Chaos weitergeht, zeigt die Baustellen, die Sewing vor sich hat

Auf den ersten Blick sehen die Zahlen der Deutschen Bank gut aus: 2023 machte das Kreditinstitut einen Vorsteuergewinn von 5,7 Mrd. Euro. Das ist etwas mehr als 2022 (5,6 Mrd. Euro) und so viel wie seit 16 Jahren nicht. Die Erträge, also alle Einnahmen, stiegen auf 29 Mrd. Euro. Bis 2025 sollen sie auf 32 Mrd. Euro wachsen und damit stärker als bisher geplant. Die Dividende will die Bank in diesem Jahr von 30 Cent auf nun 45 Cent je Aktie anheben, für 2025 peilt der Vorstand sogar einen Euro je Anteilsschein an. Der Aktienkurs stieg nach der Veröffentlichung der vorläufigen Bilanz zeitweise um mehr als vier Prozent. 

Doch wenn man die Steuern abzieht, steht beim Gewinn ein Minus von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, der Jahresüberschuss sank von 5,7 Mrd. Euro auf nun 4,9 Mrd. Euro. Die Eigenkapitalrendite nach Steuern ging von 9,4 Prozent im Vorjahr auf 8,8 Prozent zurück. Das wäre keine allzu große Sache, wenn man bedenkt, dass der hohe Gewinn von 2022 vor allem von einer Steuergutschrift herrührt und 2023 einfach wieder mehr Einkommensteuer anfiel. Die Ankündigung des Konzerns, 3500 Stellen abzubauen, zeigt allerdings, dass die Bank noch einige Baustellen vor sich hat – inklusive der desaströsen IT-Migration von Postbank-Kunden. 

Über die will Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing in der Jahresmedienkonferenz nicht so gerne reden, und führt zunächst lieber die Highlights aus. Die Kosten- und Renditeziele habe man bestätigt. „Das neue Jahr hat sehr stark begonnen“, sagt Sewing. Man stehe an einem „Wendepunkt“. „Diese Bank ist kein Problemfall mehr.“

3500 Jobs fallen weg

2019 hatte Sewing dem Haus einen radikalen Umbau verordnet, der bis vergangenes Jahr lief. Nun kommen auf das Institut und seine Mitarbeitenden weitere Einsparungen in Milliardenhöhe zu. Die 3500 Stellen sollen vor allem in „kundenfernen Bereichen“ gestrichen werden, sagt Sewing. Der Abbau der Jobs soll laut einem Sprecher bis Ende nächsten Jahres abgeschlossen sein. 

Gespart werden soll auch bei der Infrastruktur und IT sowie durch Verbesserung von Betriebsabläufen. Zu den Kostensenkungen von 1,3 Mrd. Euro im vergangenen Jahr sollen auf diese Weise laut Vorstand noch einmal 1,6 Mrd. Euro eingespart werden. Weitere Maßnahmen seien „die Straffung des Vertriebsnetzes in Deutschland und die Vereinfachung und Automatisierung von internen Prozessen“. Das alles erfordere eine „unverändert hoher Disziplin“, sagte Sewing. Am Ende sollen die Kosten bis 2025 von derzeit 21,7 Mrd. Euro auf 20 Mrd. Euro sinken.  

„Die Liquiditäts- und Renditekennzahlen haben sich weiter verbessert“, bilanziert Volker Brühl, Professor für Banking und Finance sowie Geschäftsführer des Center for Financial Studies an der Goethe-Universität Frankfurt. „Insgesamt scheint die Strategie der DB zu greifen.“ Ähnlich bewertet Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim, die Lage: „In der letzten Zeit ist es eher ruhig geworden um die Deutsche Bank. Bei einer Bank ist das ein gutes Zeichen. Es spricht dafür, dass Sewing das meiste im Griff hat.“

Das gute Ergebnis hat aber nicht allein mit der Arbeit der Deutschbankerinnen und -banker zu tun, sondern ist auch dem nach wie vor positiven Zinsumfeld geschuldet. Die Deutsche Bank verdient an diesen gestiegenen Zinsen und fuhr in mehreren Geschäftsbereichen deutlich höhere Erträge ein: In der Unternehmensbank, die sich um das Firmenkundengeschäft sowie Investoren und Emittenten kümmert, legte der Zinsüberschuss um 22 Prozent zu. Im Privatkundengeschäft kommt die Deutsche Bank auf fünf Prozent Ertragswachstum, was ebenfalls an den gestiegenen Zinsen liegt: „Bei Einlagenprodukten wuchsen die Erträge dank verbesserter Zinsmargen. Diese glichen den niedrigeren Provisionsüberschuss mehr als aus, der auf vertragliche und regulatorische Änderungen zurückzuführen ist“, so das Institut. Wie viele andere Institute hat die Deutsche Bank die Zinsen auf Spareinlagen weniger stark angehoben als für Kredite. 

In einem Brief an die Mitarbeitenden, aus dem die Deutsche Presse-Agentur zitiert, wollte Sewing ausdrücklich betonen, dass der Erfolg „auf einer breiten Basis“ stehe: „Das Nettozinsergebnis macht weniger als die Hälfte unserer Erträge aus, ein deutlich geringerer Anteil als bei vielen anderen Banken. Und wir stünden am Ende dieses Jahres nicht so gut da, wenn nicht auch die Teams der Investmentbank und der Vermögensverwaltung in einem schwierigen Marktumfeld sehr viel herausgeholt hätten.“ 

Ungelöste IT-Probleme bei Postbank und DWS

Im Investmentbanking, dem Sewing eine Schrumpfkur verordnet hatte, sanken die Erträge allerdings gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent auf 9,2 Mrd. Euro. Auch der Handel mit Anleihen und Währungen lief weniger gut und brach um elf Prozent ein. Die schwachen Ergebnisse in der Investmentbank und im Asset Management seien „auffällig“, sagt Banken-Experte Brühl zu Capital. „In beiden Bereichen besteht weiterer Handlungsbedarf.“

Die größte Baustelle im Privatkundengeschäft ist nach wie vor die Postbank. Zwölf Millionen Kunden-Datensätze wollte die Deutsche Bank auf ihre Server ziehen, doch das ging gehörig schief. Die Entrüstung vieler Kundinnen und Kunden war riesig, die zusätzlichen Kosten gingen in die Millionen. Angesprochen auf die massiven Service-Probleme, räumte Sewing Fehler ein. „Das, was bei der Postbank passiert ist, ist nicht gut“, so Sewing, und weiter: „Leider haben wir auf der operativen Seite Fehler gemacht.“ Man hätte die Mitarbeiter besser schulen müssen. Manager Manuel Loos, Organisationschef der Privatkundensparte, musste deshalb Anfang des Jahres abtreten. 

Richtig rund läuft es auch bei der Fondstochter DWS nicht: Trotz Geldzuflüssen in Höhe von netto 28,3 Mrd. Euro brach der Gewinn der DWS im vergangenen Jahr ein. Wegen geringerer Erträge und der Erneuerung der IT sank der Überschuss um fünf Prozent auf 567 Mio. Euro. Die Fondsgesellschaft will ihre Computersysteme umstellen und sich bei vielen Verwaltungsabläufen von der Mutter Deutsche Bank lösen, vorausgesetzt sie bekommt es billiger hin. 

Immerhin scheint der Greenwashing-Skandal dem Fondshaus nicht allzu stark geschadet zu haben: Über ESG-Produkte konnte die DWS 4,9 Mrd. Euro netto einsammeln. 

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