Anleger hatten in den vergangenen Monaten klare Präferenzen. Im ersten Quartal 2015 interessierten sie sich vor allem für europäische Aktien, zeigen Zahlen des Indexfonds-Anbieters Lyxor: Börsengehandelte Indexfonds (Exchange Trades Funds, ETFs) verzeichneten in diesem Zeitraum Zuflüsse in Höhe von rund 16 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Aus ETFs auf US-amerikanische Aktien zogen Investoren im ersten Quartal dieses Jahres rund 1,5 Mrd. Euro ab.
Mit Indexfonds investiert man nicht in Strategien oder Manager-Leistungen, sondern in Märkte. Das heißt: Investoren gingen zuletzt davon aus, dass der europäische Aktienmarkt im Ganzen gut abschneiden würde. Nach Ansicht vieler Marktbeobachter war das vor allem der Europäischen Zentralbank (EZB) zu verdanken. Diese will mit extrem niedrigen Leitzinsen die Wirtschaft in Europa ankurbeln. Das hat in Investoren offenbar die Hoffnung auf ein Kursfeuerwerk am europäischen Aktienmarkt geweckt. Darüber hinaus machen die Niedrigzinsen Anleihen unattraktiv. Aktien gelten vielen Anlegern mittlerweile als bessere Alternative.
Viel Kritik an Informationspolitik der EZB
Noch vor wenigen Jahren spielten Faktoren wie die Gewinnerwartungen von Unternehmen bei der Geldanlage die Hauptrolle. Heute schauen vor allem institutionelle Investoren darauf, was die Notenbanken tun. Als die EZB im Januar ein großangelegtes Anleihekaufprogramm beschloss, verstärkte etwa der US-Fondsanbieter Threadneedle sein Investment in europäische Aktien. Das Kaufprogramm dürfte dem europäischen Aktienmarkt Rückenwind verleihen, begründete die Fondsgesellschaft ihre Entscheidung. Andere Investmentgesellschaften schlossen sich an. „Fakt ist, dass viele signifikante Bewegungen an den globalen Märkten in einem direkten Zusammenhang mit geldpolitischen Eingriffen stehen“, heißt es in einer Analyse der Privatbank M.M. Warburg.
Privatanleger sollten allerdings vorsichtig sein mit Notenbank-getriebenen Investments. Das Problem daran ist nämlich, dass man nie genau wissen kann, was die Zentralbanken als nächstes tun. Die EZB musste für ihre unzulängliche Kommunikationspolitik bereits viel Kritik einstecken, ebenso die US-Notenbank Fed. Mitte Mai gab es wieder einmal eine Kommunikationspanne bei der EZB: Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré erklärte auf einer nichtöffentlichen Veranstaltung, die Bank werde ihre Anleihekäufe der Liquiditätssituation anpassen. Zuvor hatte es geheißen, die EZB werde auf jeden Fall bis September 2016 jeden Monat Anleihen im Wert von 60 Mrd. Euro kaufen.
Während des Treffens, bei dem die neue Information in die Welt kam, schwankte der Wechselkurs von Euro und US-Dollar deutlich. „Es ist durchaus möglich, dass die von Cœuré verbreiteten Informationen den Ausschlag zu dieser Bewegung gegeben haben“, konstatieren die Analysten von M.M. Warburg. „Der breiten Öffentlichkeit wurden die neuen Pläne der Notenbank jedoch erst am Morgen des Folgetages bekannt.“ Privatanleger sollten sich also bei Anlageentscheidungen nicht allein die Notenbanken im Blick behalten, sondern auch Fundamentaldaten wie Unternehmensgewinne nicht vergessen.