Interview „Nachhaltigkeit kostet Rendite“

Wer nachhaltig investiert, muss Einbußen bei der Rendite hinnehmen, meint Morningstar-Analystin Barbara Claus. Aber es gibt Ausnahmen.



Barbara Claus ist Fondsanalystin bei Morningstar



Capital: Nachhaltige Investments lohnen sich laut Verkaufsprospekten vor allem langfristig. Mittlerweile sind diverse Nachhaltigkeitsfonds seit vielen Jahren am Markt. Wie sieht es denn nun mit deren Rendite aus?


Claus: Wie immer gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Fonds. Unterm Strich ist bislang aber nicht erkennbar, dass nachhaltige Fonds auf Sicht von vielen Jahren generell eine höhere Rendite abliefern als ihre klassischen Pendants. Im Gegenteil: Viele Anleger hat das Investieren in besonders ökologische oder ethisch orientierte Fonds gegenüber herkömmlichen Produkten Rendite gekostet.


Woran liegt das?


Dafür gibt es ganz unterschiedliche Gründe. Viele Fonds arbeiten zum Beispiel mit einem Filter von Nachhaltigkeitskriterien. Das Universum der möglichen Investments schrumpft deshalb, je nach Strenge der Auswahlkriterien mehr oder weniger stark, gegenüber klassischen Fonds. Damit verringert sich auch die Chance, renditestarke Firmen auszuwählen. Abhängig von den Ausschlusskriterien fehlen in den Portfolios dann beispielsweise auch Aktien von Versorgern, Konsumgüterherstellern und anderen Großkonzernen, die das Portfolio stabilisieren könnten.


Das Konzept des langfristigen Gleichklangs von Nachhaltigkeit und Rendite scheint dann nicht aufzugehen?


Nein, jedenfalls ist das bislang nicht zu beobachten. Innerhalb der nachhaltigen Fonds gibt es zudem große Unterschiede, wie die Manager Nachhaltigkeit definieren. Diese Kriterien haben großen Einfluss auf Risiko und Rendite, Anleger sollten deshalb genau hinschauen, in was sie eigentlich investieren. Nachhaltige Themenfonds konzentrieren sich zum Beispiel oft auf bestimmte Bereiche wie Erneuerbare Energien und sind dann nichts anderes als eng fokussierte Branchenfonds. Gerade in nachhaltigen Themenfonds sind oft junge und kleine Unternehmen vertreten, deren Profitabilität wie beim Beispiel der erneuerbaren Energien, zum Teil stark von externen Faktoren abhängt. Das erhöht die Volatilität und damit entsprechend das Risiko. In den vergangenen Jahren war nicht erkennbar, dass dem eine entsprechend hohe Rendite gegenübersteht.

Es gibt auch erfolgreiche Nachhaltigkeitsfonds

Zu einem ausgewogenen Portfolio gehören auch Rentenfonds. Wie steht es hier um das Verhältnis von Nachhaltigkeit zu Rendite?


Es gibt eine ganze Reihe von Fonds, die in Anleihen besonders nachhaltig arbeitender Länder- und Unternehmen investieren. Wer solche Rentenfonds kauft, sollte allerdings genau auf die Zusammensetzung achten, weil die Nachhaltigkeitskriterien großen Einfluss auf die Allokationen haben können. Einige Fonds sortieren etwa die USA wegen der Anwendung der Todesstrafe aus und lassen damit den wichtigsten Rentenmarkt und den US-Dollar außen vor. Das kann zu einem im Vergleich mit Konkurrenzprodukten ungünstigerem Risiko-Rendite-Profil führen.


Sollten Anleger ihr Gewissen also lieber woanders beruhigen als an der Börse?


Nein, es gibt durchaus Nachhaltigkeitsfonds mit überdurchschnittlicher Wertentwicklung. Man muss allerdings etwas länger danach suchen. Der Aktienfonds First State Asia Pacific Sustainability Fund (GB00B0TY6S22) etwa hat seinen Vergleichsindex und die Konkurrenz in den vergangenen Jahren regelmäßig geschlagen. Gleichzeitig investieren Anleger mit diesem Fonds in Unternehmen, die bestimmte soziale und ökologische Standards einhalten. Das gleiche gilt für den Fonds Carnegie Worldwide Ethical (LU0122292328). Ein weiteres Beispiel mit guter Vergangenheitsperformance ist der UBS (Lux) EF Global Sustainable (LU0076532638), der sich bislang gegenüber klassischen globalen Aktienfonds gut behaupten konnte.


Der First State Asia Pacific Sustainability investiert zu 60 Prozent in Unternehmen aus Schwellenländern. Kann man daraus folgern, dass Nachhaltigkeitskriterien helfen, in solchen Regionen besonders solide und ertragreiche Unternehmen zu finden?


Nein, der Fonds ist schlicht der Ableger eines anderen Asia-Pacific-Fonds von First State, der ebenfalls sehr erfolgreich ist. Die Manager sortieren nur durch einen Nachhaltigkeitsfilter vorab einige der im Investmentuniversum vertretenen Unternehmen aus. Das kann zwar im Zweifel wieder etwas Rendite kosten, hat im vorliegenden Fall aber nichts an der sehr guten Performance geändert.



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