Die Geschichte von China und dem US-Indexanbieter MSCI ist die Geschichte einer wechselvollen Beziehung, die bisher ohne Happy End auskommen muss. Beide wollen zueinanderfinden und schaffen es doch nicht, was – wie man wohl sagen muss – vor allem an China liegt. So zeigte MSCI der chinesischen Regierung zuletzt einmal mehr die kalte Schulter.
Mitte Juni lehnte MSCI das dritte Jahr in Folge ab, chinesische A-Aktien in seine Schwellenländerindizes aufzunehmen. A-Aktien werden an den Börsen in Schanghai und Shenzhen gehandelt und sind in der chinesischen Währung Renminbi notiert. Für ausländische Anleger sind die Papiere nur schwer zu haben – zu schwer, sagt MSCI. Remy Briand, Research-Chef des Indexanbieters, formulierte es im Nachgang der Entscheidung diplomatisch: „Die chinesischen Behörden zeigen Einsatz dabei, die Zugänglichkeit von A-Aktien den internationalen Standards anzupassen. Wir sind optimistisch, dass sie die verbleibenden Probleme ausräumen werden.“ Im Klartext heißt das: Chinas Regierung muss den Marktzugang für ausländische Investoren weiter verbessern.
Kursstürze blieben aus
Für Anleger sind die Klassifizierungen von MSCI von großer Bedeutung, weil sich viele Fondsmanager an den Indizes des Unternehmens orientieren. Würden A-Aktien in MSCI-Schwellenländerindizes aufgenommen, müssten Emerging-Markets-Fondsmanager, die sich an einen MSCI-Index halten, zukaufen. MSCI-Entscheidungen können auf diese Weise potenziell die Märkte bewegen.
Investoren hatten fest damit gerechnet, dass der Indexanbieter A-Aktien im laufenden Jahr in seine Schwellenländerindizes aufnehmen würde. Ende Mai sah die US-Investmentbank Goldman Sachs die Wahrscheinlichkeit dafür bei 70 Prozent. Als es anders kam, sagten Analysten voraus, dass die Kurse chinesischer Aktien leiden würden. Investoren zeigten sich allerdings erstaunlich gelassen. Die befürchteten Kursstürze blieben aus, die Kurse chinesischer Aktien stiegen nach der Bekanntgabe der MSCI-Entscheidung sogar leicht.
Neue Chance im Juni 2017
Für China-Anleger bleibt der Ausblick trotzdem durchwachsen. Langfristig verharrten die Kurse chinesischer Aktien, sowohl A-Aktien als auch anderer Papiere, zuletzt auf niedrigem Niveau. Besserung ist nicht in Sicht. Die Wirtschaft im Reich der Mitte entwickelt sich nach wie vor vergleichsweise schwach, das rasant steigende Kreditvolumen bereitet Marktbeobachtern Sorgen. Der Brexit könnte sich zusätzlich negativ auswirken. Großbritannien ist für chinesische Investoren ein wichtiger Markt und der Brückenkopf nach Europa.
Immerhin hat MSCI China noch nicht aufgegeben. Wenn die Marktexperten des Indexanbieters im Juni 2017 wieder zusammenkommen, stehen A-Aktien erneut auf der Agenda. Sollte die chinesische Regierung ihre Bemühungen intensivieren, könnte es auch schon früher eine Entscheidung geben, kündigt MSCI an. Vielleicht gibt es für den Indexanbieter und China doch noch ein Happy End.