Der ohnehin schon niedrige Aktienkurs des Agrarchemie- und Pharmakonzerns Bayer ist nach schwachen Geschäftszahlen und einer Prognosesenkung auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren eingebrochen. Die Anteilsscheine sackten an der Börse um zwischenzeitlich 14 Prozent auf etwas über 21 Euro ab. Im Agrargeschäft sei die Marktentwicklung schlechter als erwartet, insbesondere in Lateinamerika, erklärte Bayer-Chef Bill Anderson. Zudem seien die Preise im Pflanzenschutzgeschäft weiter unter Druck. „Wetterkapriolen und Krankheitsbefall haben in Argentinien und Brasilien dazu geführt, dass die Anbauflächen für Mais zurückgegangen sind. Schwache Marktpreisentwicklungen und der Preisdruck durch Generika bei Pflanzenschutzmitteln haben zusätzlich dazu geführt, dass wir die Ziele für 2024 reduzieren müssen“, so Anderson. Bayer befinde sich mitten in einem großen Abschwung in der Landwirtschaft.
Auch die Perspektiven für das kommende Jahr sind verhalten. Der Pharma- und Agrarkonzern senkte am Dienstag zum zweiten Mal seine Ergebnisprognose für dieses Jahr und erwartet auch 2025 keine Besserung. „Insgesamt haben wir für kommendes Jahr eher gedämpfte Erwartungen in Bezug auf Umsatz und Ergebnis, und Letzteres wird voraussichtlich zurückgehen“, sagte Finanzchef Wolfgang Nickl. Damit droht dem Traditionsunternehmen aus Leverkusen das dritte Jahr in Folge mit rückläufigen Ergebnissen.
Aktie im Tiefflug
Allein seit Jahresbeginn hat das Unternehmen gut ein Drittel seines Börsenwertes verloren – mehr als jeder andere Dax-Konzern. Seit der milliardenschweren Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto 2018 hat die Aktie knapp 80 Prozent an Wert eingebüßt. Im Jahr 2015 – also vor der Monsanto-Übernahme 2016 – war Bayer zwischenzeitlich der wertvollste Konzern Deutschlands, damals war er rund 120 Mrd. Euro wert.
Konzernweit sank der Umsatz im dritten Quartal im Jahresvergleich um 3,6 Prozent auf 9,97 Mrd. Euro. Dabei konnte lediglich die Sparte für rezeptfreie Medikamente den Erlös zumindest ein klein wenig steigern. Das um Sondereffekte bereinigte Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) brach um fast 30 Prozent auf 939 Mio. Euro ein. Unterm Strich fiel ein Verlust von knapp 4,2 Mrd. Euro an nach einem Minus von 4,57 Milliarden vor einem Jahr. Das abermalige Minus geht vor allem auf Abschreibungen auf die Agrarsparte zurück.
In der Agrarchemie-Sparte, in die Monsanto aufgegangen ist, schrieb Bayer im dritten Quartal Geschäfts- und Firmenwerte in Höhe von fast 3,3 Mrd. Euro ab. Die Abschreibungen auf den Firmenwert in dieser Sparte belaufen sich seit der Monsanto-Übernahme im Jahr 2018 Bayer zufolge auf insgesamt 12,9 Mrd. Euro.
Finanzchef Nickl will mit „beschleunigten Kosten- und Effizienzmaßnahmen“ gegensteuern. „Wir versuchen natürlich, die Kosteneinsparungen so weit wie möglich zu beschleunigen. Und wir haben dabei sehr große Fortschritte gemacht.“ Im Rahmen des neuen Organisationsmodells, das Anderson bei Bayer zum Abbau von Hierarchien, Bürokratie und zur Beschleunigung von Entscheidungsprozessen eingeführt hat, sind seit Jahresbeginn 5500 Stellen weggefallen und damit noch einmal 2300 mehr als im Vergleich zum Halbjahr.
„Die Transformation von Bayer muss dringend beschleunigt werden und das Management muss endlich eine nachhaltige Wachstumsstrategie mit konkreten mittelfristigen Zielen für Umsatz, Gewinn und Schuldenabbau kommunizieren“, forderte Fondsmanager Markus Manns von der Fondsgesellschaft Union Investment.