Susanne Osadnik ist freie Wirtschaftsjournalistin. Sie schreibt an dieser Stelle über Immobilienthemen
Kaum hat die Mietpreisbremse die parlamentarischen Hürden genommen, gehen die Diskussionen auch schon wieder los. Etwa in Hamburg. Da droht der Grundeigentümerverband, aus dem „Bündnis für das Wohnen“ auszutreten, falls die Mietpreisbremse flächendeckend eingeführt werden sollte. Der Mieterverein dagegen will die Preisbremse so schnell wie möglich umsetzen – und zwar überall in der Hansestadt. Nach seiner Rechnung könnte das für die Hamburger Mietersparnisse von 20 bis 25 Mio. Euro einbringen. Ein stolzes Sümmchen. Allerdings weiß niemand, wie diese Zahl ermittelt wurde.
Denn bislang ist nur klar, was der Gesetzgeber abgesegnet hat: Mieterhöhungen dürfen dort, wo die Mietpreisbremse eingeführt wird, nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ob, wo und wie das Ganze umgesetzt wird, entscheiden die Bundesländer. Und die haben noch gar nichts entschieden. Aber auch Bundesjustizminister Heiko Maas wirbelte schon mal ein paar Zahlen durch die Luft: Die Regelung würde bei fünf Millionen Wohnungen greifen und mehr als 400.000 Haushalte vor überzogenen Mietforderungen bewahren.
Wollen wir ein paar Fakten einstreuen – soll ja manchmal helfen, die Dinge klarer zu sehen: Die Angebotsmieten in den Top-7-Städten, um die es eigentlich geht, sind schon seit 2003 kaum mehr gestiegen. Im vergangenen Jahr legten sie laut Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen in München um 3,2 Prozent zu, in Berlin um 2,4 Prozent, in Köln und Stuttgart um 2,3 Prozent, in Hamburg nur noch um 1,1 Prozent und in Frankfurt (-1,2 Prozent) und Düsseldorf (-0,6 Prozent) sind sie sogar schon gesunken. Wohlgemerkt: nicht für irgendwelche Bruchbuden, sondern für eine Referenzwohnung mit 60 bis 80 qm, höherwertig ausgestattet, gebaut in den vergangenen zehn Jahren.
In Metropolen lassen sich keine höheren Mieten mehr durchsetzen
Hier wirkt längst eine natürliche Mietpreisbremse, die Vermietern zeigt, dass sie nicht mehr jede Summe durchsetzen können. Die Hamburger sollen durchschnittlich schon fast die Hälfte ihres Einkommens für Miete ausgeben – mehr geht einfach nicht. Da braucht man keine Regelungen, die ohnehin zu spät kommen. Und in ihrer Halbherzigkeit inzwischen die abschreckende Wirkung eines Papiertigerchens haben.
Denn das Mietniveau ist in den zentralen Lagen der Metropolen schon enorm hoch. Davon ausgehend sind vermutlich nicht mal mehr zehnprozentige Steigerungen durchzusetzen. Projektentwickler lehnen sich locker zurück: Für sie gilt das Ganze eh nicht. Neubauwohnungen sind komplett ausgenommen von jedweder Begrenzung. Und die Bremse gilt auch grundsätzlich nicht für Mieten, die vor Inkrafttreten bereits über der Kappungsgrenze lagen.
Also, was soll das Ganze noch? Natürlich muss man jetzt rechtfertigen, dass zwei Jahre Diskussionen nicht nur Steuergeld gekostet haben. Da will selbst Schleswig-Holstein so schnell wie möglich handeln. Auch dazu gerne noch ein paar Fakten: Im gesamten Bundesland lag die Kaufkraftentwicklung laut einer aktuellen Analyse von JLL zwischen 2006 und 2014 mit 17 Prozent rund fünf Prozentpunkte über der nominalen Mietentwicklung im Vergleichszeitraum. Trotz des Anstiegs entwickeln sich die Mieten folglich schwächer als die Kaufkraft. Im gleichen Zeitraum betrug die Inflationsrate 14 Prozent, sodass die Mieten seit 2006 um zwei Prozentpunkte geringer gestiegen sind als die Inflationsrate.
Im hohen Norden gibt es nur fünf Mietspiegel: in Kiel, Lübeck, Neumünster, Norderstedt und Reinbek. Interessant, wie man da eine ortsübliche Vergleichsmiete ermitteln will. In der Landeshauptstadt Kiel sind die Mieten in den vergangenen zwei Jahren nur um vier Prozent gestiegen. Fazit: Vielleicht gibt es ja dringendere Probleme, derer man sich annehmen sollte.