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Mehr Schulden Anleger spekulieren auf Reform der Schuldenbremse

Eine Sprecherin der Autobahn GmbH schaut auf die Baustelle der Rahmede-Talbrücke
Baustelle der Rahmede-Talbrücke auf der A45 bei Lüdenscheid: Der Investitionsbedarf bei der Infrastruktur ist gewaltig
© Bernd Thissen/dpa / Picture Alliance
Die Schuldenbremse setzt der Bundesregierung enge Grenzen bei der Neuverschuldung. Dadurch ist auch das Angebot deutscher Staatsanleihen knapp. Investoren erwarten, dass sich das unter einer Regierung ändert

In die Debatte über die Schuldenbremse ist Bewegung gekommen. Zuletzt sprach sich auch Altkanzlerin Angela Merkel für eine Reform der starren Defizitbegrenzung aus, die unter ihrer eigenen Führung 2009 einst ins Grundgesetz geschrieben wurde. Ob nach dem Ende der Ampelkoalition eine neue Regierungskoalition die notwendige Mehrheit für eine entsprechende Verfassungsänderung haben wird, muss sich nach der anstehenden Bundestagswahl zeigen. Am Finanzmarkt scheint sich allerdings bereits die Überzeugung durchgesetzt zu haben, dass die Reform der Schuldenbremse kommen und Deutschland bald wieder deutlich mehr Schulden aufnehmen wird.

In den vergangenen Wochen stieg erstmals seit mehreren Jahren die Rendite deutscher Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit über den Zinssatz von Euro-Zinsswaps mit derselben Laufzeit. Zinsswaps sind Finanzgeschäfte, mit denen Investoren auf die Zinsentwicklung spekulieren oder sich dagegen absichern können. Sie spiegeln die Markterwartung an den Zinsenverlauf, in diesem Fall im Euroraum, wider.

Die Bundesanleihen – kurz Bund genannt - gelten als der Standard für eine risikofreie Geldanlage im Euroraum. Dass die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen jahrelang unter dem Swap-Zinssatz lag, zeigt, dass Investoren bereit waren, auf mögliche Zinseinnahmen zu verzichten, um die deutschen Anleihen zu halten. Doch das Angebot war relativ zur hohen Nachfrage der Investoren stets knapp. In anderen vergleichbaren Staaten stiegen die Schuldenquoten und damit das Angebot an Staatsanleihen in den vergangenen Jahren deutlich an. Garant für die Knappheit deutscher Anleihen war die Schuldenbremse – bis jetzt. Spätestens seit auch CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz andeutete, dass er sich eine Reform der Schuldenregel vorstellen könne, rechnen Investoren offenkundig damit, dass das Bund-Angebot in Zukunft deutlich steigen wird.

Deutschlands Wirtschaft verliert „ideologische“ Einzigartigkeit

Die Umkehrung des Verhältnisses der Zinsen der 10-jährigen Bundesanleihen und des Euro-Swap-Zins zeige, dass die Investoren glaubten, „die vorgezogene Neuwahl bedeutet die Reform der Schuldenbremse“, zitiert die „Financial Times“ den Ökonom Tomasz Wieladek vom Vermögensverwalter T Rowe Price. Und das wiederum bedeute eine höhere Schuldenaufnahme und ein steigendes Angebot von mehr Bundesanleihen.

Weiter zitiert die britische Wirtschaftszeitung den Ökonomen und leitenden Zinsexperten von Barclays, Rohan Khanna, demzufolge der Anleihemarkt eine Entwicklung Deutschlands von einer Wirtschaft mit hohem Wachstum und niedrigen Schulden zu einer mit niedrigem Wachstum und hohen Schulden, nachvollziehe. "Das spiegelt wider, dass Deutschlands Anleihemarkt und die Wirtschaft ideologisch ihre Einzigartigkeit verloren haben."

Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.

ntv/mbo

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