Anzeige
Anzeige

Leserfrage 10 Prozent trotz bester Bonität: Ist das Kreditwucher?

Sicherheit kostet Anleger viel Geld
Sicherheit kostet Anleger viel Geld
© Capital
Die Bank meines Bruders verlangt trotz bester Bonität zehn Prozent Zinsen für einen Konsumentenkredit. Ist das Kreditwucher?

Capital-Leser Kurt K. versteht die Welt nicht mehr: Die Targobank hat seinem Bruder einen Konsumentenkredit über 20.000 Euro gewährt, dessen Raten auf einen effektiven Jahreszins von 9,5 Prozent hinauslaufen. Dabei wirbt die Bank mit 2,95 Prozent Effektivzins, sein Bruder ist langjähriger Kunde und überdies erstklassiger Schuldner: Er besitzt ein schuldenfreies Dreifamilienhaus.

Anfragen dieser Art erreichen auch Verbraucherzentralen häufig. Meist sind sie verbunden mit der Frage, ob die Verträge nicht den Tatbestand des Kreditwuchers erfüllen. Denn liegen die Kapitalmarktzinsen nicht nahe null Prozent? Der Verbraucherzentrale Sachsen liegt ein ähnlicher Fall vor, in dem sich ein Effektivzins von 22 Prozent errechnet.

Gerichte definieren eine Differenz von mehr als zwölf Prozent zwischen Marktzins und zu zahlendem Effektivzins als Wucher. Doch zum einen liegt der aktuelle Marktzins für fünfjährige Konsumentenkredite bei 4,5 Prozent. Das heißt, erst ab 16 Prozent käme Wucher ins Spiel. Zum anderen treiben selten die Zinsen, sondern Restschuldversicherungen die effektiven Kosten eines Kredits für Verbraucher in die Höhe.

Diese sichern die Ratenrückzahlung vor Tod, Krankheit oder Arbeitslosigkeit des Kreditnehmers ab. Eine Stichprobe des Vergleichsportals Kreditvergleich.net ergab, dass eine Restschuldversicherung für eine fünfjährige Kreditlaufzeit die tatsächlichen Kreditkosten derzeit um im Schnitt zwölf Prozent und in der Spitze 25 Prozent verteuert.

Verbraucherschützer kritisieren Intransparenz

Solange die Kreditvergabe nicht an den Abschluss dieser Versicherung gekoppelt wird, muss die Bank die Versicherungsprämien nicht in den Effektivzinsen ausweisen. Sie gelten als separater Vertrag.

Verbraucherschützer laufen Sturm gegen diese Intransparenz. Hintergrund: Bundesweit haben Schuldner rund zwei Millionen Restschuldversicherungen mit einer Versicherungssumme von 13,3 Mrd. Euro abgeschlossen. Die Anzahl der Versicherungsfälle betrug 2015 allerdings lediglich rund 5000, die betroffene Versicherungssumme überschaubare 31 Mio. Euro – also 0,2 Prozent der Versicherungssumme. Zuletzt haben Anbieter den Vertrieb der Restschuldversicherungen über die klassische Absatzfinanzierung von Konsumgütern hinaus auf Wohnimmobilienkredite ausgeweitet.

Verbraucherzentralen können bestehende Kredit- und Restschuldversicherungsverträge prüfen. Auch die Höhe der Versicherungsprämie selbst kann anfechtbar sein: Das Landgericht Nürnberg-Fürth wertete 2014 eine Prämie von 15,6 Prozent des Auszahlungsbetrags bereits als „bedenklich hoch“ (Az. 6 O 754/14).

Weitere mögliche Aufhänger sind ein unter Umständen verbotenes Koppelgeschäft, aber auch fehlerhafte Widerrufsbelehrungen. Zudem lassen sich zusätzliche Versicherungen einfach kündigen.

Fragen zu Ihren privaten Finanzen? Capital wählt jeden Monat ein Thema aus – und gibt Antworten. Schicken Sie den Experten der Capital-Redaktion Ihre Frage zu Geld, Recht, Steuern, Versicherung oder Vorsorge: geldwert@capital.de

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel