Wer in den vergangenen Monaten die Finanzseiten der Zeitungen gelesen hat, musste unweigerlich den Eindruck gewinnen, der US-Aktienmarkt sei der Gewinner des Jahres. Die amerikanische Wirtschaft ist wieder angesprungen, der US-Aktienindex S&P 500 hat seit Jahresbeginn um rund zwölf Prozent zugelegt und konnte kürzlich ein neues Allzeithoch erklimmen. Keine Frage: US-Aktien waren im ablaufenden Jahr ein gutes Investment – im globalen Vergleich waren sie aber nur Mittelmaß. Zahlen des Indexanbieters S&P Dow Jones Indices zeigen: Die Börsenstars des Jahres sind in Asien und dem Nahen Osten zu finden.
Aktien aus Indien, Ägypten, Katar oder Bangladesch legten 2014 im Schnitt deutlich stärker zu als Titel aus den USA. Die entsprechenden Länder-Indizes von S&P sind seit Januar um bis zu 36 Prozent gestiegen. Die Zahlen sind mit Vorsicht zu betrachten, denn kleine, wenig liquide Aktienmärkte neigen zu dramatischeren Ausschlägen als ihre großen Pendants in entwickelten Volkswirtschaften. So schnell es an illiquiden Märkten manchmal nach oben geht, so rasch geht es gelegentlich wieder nach unten. Einige der Top-Märkte 2014 können allerdings mit soliden Fundamentaldaten überzeugen und eignen sich für mutige Anleger auch 2015 als Beimischung.
Modi bringt Indiens Börse auf Trab
Ein Investment in Indien etwa ist durchaus eine Überlegung wert. Nachdem die wirtschaftliche Entwicklung des Landes jahrelang enttäuscht hatte, weckte der Wahlsieg von Hindu-Nationalist Narendra Modi im Mai 2014 in vielen Anlegern die Hoffnung auf bessere Zeiten. Bisher scheint diese Hoffnung gerechtfertigt: Modi hat der Korruption im Land den Kampf angesagt, er will die Bürokratie verschlanken, ausländische Direktinvestments in die indische Infrastruktur erhöhen und den Arbeitsmarkt reformieren. In diesem Jahr dürfte Indiens Wirtschaft unter anderem dank dieser Maßnahmen um 5,3 Prozent wachsen, schätzen die Analysten der UBS.
Die großen Erwartungen an Modi sind in den Aktienkursen bereits teilweise eingepreist. Im November erreichte der indische Aktienindex Sensex ein neues Allzeithoch, seit Jahresbeginn hat er um mehr als 30 Prozent zugelegt. Fondsgesellschaften sehen gute Chancen, dass die Kurse indischer Aktien weiter steigen. „Sowohl Industrieproduktion als auch Inflation überraschten zuletzt positiv“, heißt es in einem aktuellen Report von Raiffeisen Capital Management. „Der kräftige Ölpreisrückgang ist zusätzlich eine große Hilfe für Indien.“
Ausblick für Katar trotz Ölpreisverfall intakt
Auch Katar, dessen Aktienmarkt im vergangenen Jahr um rund 27 Prozent zulegen konnte, ist für Anleger interessant. Die Indexanbieter MSCI und S&P stuften das Land im Jahr 2014 vom Frontier Market zum Emerging Market hoch. Das verschaffte katarischen Aktien kurzzeitig Rückenwind, und dürfte auf lange Sicht für mehr ausländische Direktinvestments und damit mehr Liquidität am Markt sorgen.
Seit einigen Wochen macht sich der stark gefallene Ölpreis an Katars Börse bemerkbar, die Kurse katarischer Aktien sind gesunken. Anleger befürchten, dass das Land genauso wie seine ebenso reichen Nachbarn wirtschaftliche Probleme bekommen könnte, wenn die Einnahmen aus dem Öl nicht mehr so hoch ausfallen wie bisher. Investoren sollten die jüngste Korrektur als Chance betrachten, rät Bassel Khatoun, Spezialist für Aktien aus dem Nahen Osten beim Fondsanbieter Franklin Templeton: „Kurzfristig wird der Ölpreis weiter auf die Stimmung drücken und für erhöhte Volatilität sorgen. Der Langfrist-Ausblick ist aber intakt.“
Von einigen anderen Börsenstars des Jahres 2014 sollten Privatinvestoren besser die Finger lassen. Der ägyptische Aktienmarkt etwa legte im abgelaufenen Jahr um mehr als 30 Prozent zu. Für Anleger bleibt das Land allerdings ein riskantes Terrain, weil die politische Situation nach wie vor explosiv ist. Auch Bangladesch gehört zu den eher zweifelhaften Gewinnern des letzten Jahres. Die Wirtschaft des Landes hängt stark an der Textilindustrie, die für den Großteil der Exporte verantwortlich zeichnet. Wer in Unternehmen aus Bangladesch investiert, etwa über einen börsengehandelten Indexfonds, holt sich also ein ordentliches Klumpenrisiko ins Depot.