Wer Aktien kauft, spekuliert oftmals nicht nur auf steigende Kurse. Viele Anleger wollen ihr Geld langfristig investieren und von einer hohen jährlichen Ausschüttung eines Unternehmens an seine Aktionäre profitieren: Sie bedienen sich der Dividendenstrategie, kaufen also gezielt Aktien mit hoher Dividendenrendite. Der Gedanke dahinter: Ein Unternehmen, das sich regelmäßig hohe Dividendenzahlungen leisten kann, ist wirtschaftlich gefestigt und fährt konstant hohe Gewinne ein – besonders für sicherheitsorientierte Anleger, die ihre Papiere lange behalten wollen, ist das ein Anreiz.
Auf der Suche nach dividendenstarken Aktien sehen sich Anleger bevorzugt unter sogenannten Large Caps um. Das sind Aktien von Unternehmen mit einer besonders hohen Marktkapitalisierung, die etwa im deutschen Aktienindex Dax gelistet sind. Attraktive Dividenden sind allerdings längst nicht mehr eine Domäne der Großen, auch wenn Dax-Konzerne insgesamt immer noch am meisten ausschütten. Viele Nebenwerte-Unternehmen haben ihre Dividenden in den vergangenen Jahren stetig erhöht, und die Tendenz zeigt weiter nach oben. Wer also attraktive und vor allem steigende Dividendenrenditen sucht, für den kann sich ein Blick in die zweite und dritte Reihe lohnen. „Man kann im SDax und MDax Unternehmen mit guten Wachstumsaussichten und attraktiven Dividendenrenditen finden“, sagt Lorenzo Carcano, Analyst und Fondsmanager beim Bankhaus Metzler.
Anfälliger für Kursschwankungen
Wie ansehnlich die Dividendenrenditen kleinerer Unternehmen mitunter sind, belegt eine gemeinsame Studie der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und der FOM Hochschule in Essen. Demnach haben in den vergangenen fünf Jahren 14 deutsche Aktiengesellschaften ihre Dividende erhöht – darunter zwölf kleine und zwei Dax-Konzerne. Zehn Dividendenzahlungen in Folge gelangen in den Jahren 2005 bis 2014 immerhin 29 Unternehmen abseits des Dax. Zu den Top-Dividendenzahlern gehören der Studie zufolge etwa der Essener Baukonzern Hochtief, der Roboterbauer Kuka und der Fahrzeug- und Maschinenbaukonzern MAN. Diese Unternehmen erhöhten ihre Dividenden zwischen den Jahren 2013 und 2014 im zwei- oder sogar dreistelligen Prozentbereich. Die Dividendenrendite der Hochtief-Aktie zum Beispiel liegt für dieses Jahr bei immerhin 3,16 Prozent. Zum Vergleich: Beim Dax-Schwergewicht Siemens liegt sie bei 3,49 Prozent und damit nur wenig höher.
Grund für die attraktiven Dividendenzahlungen ist in vielen Fällen das zyklische Geschäftsmodell von Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung: Sie profitieren in Aufschwungphasen besonders von der guten wirtschaftlichen Entwicklung, können ihre Gewinne steigen und dementsprechend höhere Ausschüttungen an ihre Aktionäre vornehmen. Auf der anderen Seite kann das aber auch ein Risiko darstellen – und Dividendenrenditen in schlechteren Zeiten schnell wieder nach unten drücken. „Nebenwerte sind im Allgemeinen volatiler als Dax-Aktien“, sagt Ralph Herre, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Das heißt, sie sind anfälliger für Kursschwankungen. Geht es an den Börsen bergab, leiden Titel aus dem MDax oder SDax in aller Regel stärker als große Titel. Finanzprofis und Privatanleger trennen sich in unsicheren Marktphasen eher von kleinen und wenig liquiden Aktien als von Dax-Dickschiffen.
Nebenwerte nur als Beimischung
Weil Nebenwerte riskanter sind und kleinere Unternehmen in schlechten Konjunkturphasen eher leiden als Großkonzerne, sollten Anleger grundsätzlich nicht versuchen, lediglich mit Nebenwerten eine Dividendenstrategie zu fahren, rät Bankhaus-Metzler-Analyst Carcano. „Die beste Strategie ist immer noch eine sogenannte All-Cap-Strategie, also der Kauf dividendenstarker Titel aus allen Segmenten.“ Small- und Mid-Caps seien allenfalls als Beimischung interessant, wenn man sich die Situation der Unternehmen vorher genau angesehen habe. Anleger sollten deshalb einen Blick auf die sogenannte Dividendenhistorie eines Unternehmens werfen, um daraus zu schließen, wie nachhaltig die Ausschüttungen sind und ob sie auch langfristig mit hohen Bonuszahlungen rechnen können.
LBBW-Analyst Herre hat ein sogenanntes Dividendenscoring-Modell entwickelt, um die Nachhaltigkeit von Dividendenzahlungen sichtbar zu machen. In das Modell fließen unter anderem die Fundamentaldaten eines Unternehmens sowie vergangene und künftige Dividendenzahlungen ein. Zu den Top-Titeln im MDax zählen demnach Talanx, Hannover Rück und die Aareal Bank, die allesamt mit Dividendenrenditen von mehr als vier Prozent locken. Die Tag Immobilien AG sowie die Medienunternehmen ProSiebenSat1 und RTL Group zahlen sogar mehr als fünf Prozent.
Privatanleger, denen eine solche Analyse zu aufwändig ist, können am besten über einen Fonds in dividendenstarke Nebenwerte investieren. Viele Fondsgesellschaften bieten Produkte an, deren Manager gezielt nach Titeln mit hohen Ausschüttungen suchen – meist nicht nur im Nebenwerte-Segment. Zudem suchen sie oftmals weltweit nach Dividendenkönigen aus der zweiten und dritten Reihe. Das bietet Anlegern einerseits die Möglichkeit, von hohen Ausschüttungen zu profitieren. Und streut andererseits das Risiko.