Italien hat abgestimmt, und das Ergebnis sorgt für Unruhe in Europa. Am vergangenen Sonntag votierten die Bürger gegen die Verfassungsreform des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi. Rund 59 Prozent sprachen sich gegen die Reform aus, nur 41 Prozent dafür. Die Beteiligung an der Abstimmung lag mit 66 Prozent höher als bei vielen Wahlen. Die Verfassungsreform hätte die Befugnisse der zweiten italienischen Parlamentskammer, des Senats, deutlich beschnitten. So sollten sich Gesetze und Reformen künftig schneller umsetzen lassen. Renzi hatte das Referendum mit seiner politischen Zukunft verknüpft und so zu seiner Schicksalswahl gemacht. Nun hat er seinen Rücktritt angekündigt, und Ökonomen überbieten sich mit Prognosen, was das für Europa bedeutet.
Klar ist: In Italien droht nach Renzis Abgang eine Phase politischer Unsicherheit, die sich auf das Wirtschaftswachstum niederschlagen könnte. Für die Europäische Union gilt Renzis Rücktritt als böses Omen, denn er ist einer der prominentesten EU-Befürworter auf der politischen Bühne – in einer Zeit, in der EU-skeptische Stimmen immer lauter werden. Deutsche Anleger sollten trotzdem nicht in Panik verfallen, so der Tenor bei Investmentgesellschaften. An den Aktien- und Rentenmärkten dürften die Auswirkungen des Referendums weitgehend auf Italien begrenzt bleiben.
"Ein harter Tag für die italienische Wirtschaft"
Kurz nach dem Referendum zeigte sich auch die Börse in Mailand stabil. Mittelfristig könnte es hier turbulenter werden. Wie stark der Ausgang des Referendums den italienischen Aktienmarkt beeinflussen wird, ist allerdings unklar. Beim Indexfondsanbieter Wisdom Tree ist man pessimistisch: „Der 4. Dezember war ein harter Tag für die italienische Wirtschaft“, sagt Research-Leiter Viktor Nossak. Er rechnet damit, dass die kriselnden italienischen Banken noch stärker unter Druck geraten und Ratingagenturen in der Folge die Kreditwürdigkeit Italiens herabstufen. Wegen hoher Arbeitslosenzahlen und schleppender Arbeitsmarktreformen werde es Jahre dauern, bis es Italiens Wirtschaft besser gehe, sagt Nossak. Er geht davon aus, dass die Aktienkurse in den kommenden Monaten stark schwanken – nicht nur in Italien, sondern auch in anderen europäischen Ländern.

Der Fondsanbieter Edmond de Rothschild Asset Management ist optimistischer, zumindest für die Rentenmärkte. Zwar sind seit dem Referendum die Risikoaufschläge italienischer Anleihen in die Höhe geschossen, die Kurse der Papiere fielen. „Das Risiko ist aber auf Italien begrenzt und weit davon entfernt, systemisch zu sein“, sagt Fondsmanager Eliezer Ben Zimra. Er geht nicht davon aus, dass nach Großbritannien auch Italien der EU den Rücken kehren könnte, wie andere Marktbeobachter fürchten. „Wir sehen keine Ansteckungszeichen“, sagt er.
Wie reagiert die EZB auf das Referendum?
Deutsche Privatanleger haben üblicherweise nicht viele italienische Aktien im Depot, denn der italienische Aktienmarkt ist vergleichsweise klein. Festverzinsliche aus Italien sind in Privatanleger-Portfolios schon eher vertreten. Sie haben in vielen europäischen Rentenfonds ein großes Gewicht.
So oder so sollten Investoren jetzt nicht unbedingt nach Rom oder Mailand schauen, sondern vielmehr nach Frankfurt am Main. Am 8. Dezember findet dort die nächste Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) statt. Analysten halten es für möglich, dass die Notenbanker ihre expansive Geldpolitik unter dem Eindruck des Italien-Referendums noch ausweiten. Das würde die Kurse europäischer Aktien und Anleihen stützen. So hätte das Referendum dann doch einen Einfluss auf die Finanzmärkte in Europa.