Wer auf der Sohn Investment Conference als Redner auftritt, hat es in der Welt der Finanzelite bis ganz nach oben geschafft. David Einhorn, Bill Ackman, Stanley Druckenmiller - sie alle haben Milliarden als professionelle Geldmanager verdient. Auf das Szenetreffen der Hedgefonds-Stars führt sie das, was die ganze Branche antreibt: die Suche nach Alpha - der Abweichung von der Benchmark-Performance, dem Investment mit überdurchschnittlicher Rendite, das den Gesamtmarkt schlägt.
Doch womöglich ist die teure Rosinenpickerei von Aktien, Anleihen, Rohstoffen und Devisen umsonst. Und Einhorn, Ackman, Druckenmiller & Co. das ganze Geld nicht wert, das man ihnen zuwirft. Das „Wall Street Journal“ hat schon vor fünf Jahren den Test gemacht, um es mit der Crème de la Crème der Investmentbranche aufzunehmen. Die Finanzmarktredakteure warfen dafür Dartpfeile auf den Kursteil ihrer Zeitung. Das ernüchternde Ergebnis: Ihr zufällig zusammengewürfeltes Portfolio schlug die Anlagetipps der Sohn Conference nach einem Jahr um schlappe 22 Prozent. Gerade mal ein Drittel der Profi-Empfehlungen übertraf überhaupt die Kursgewinne des S&P 500 im gleichen Zeitraum.
Natürlich hatten die Reporter dabei nur Glück. Aber genau das ist der Punkt: Den meisten vermeintlichen Experten, die ein kleines Vermögen für die Verwaltung großer Vermögen kassieren, geht es genauso. In seinem berühmten Buch „A Random Walk Down Wall Street“ schrieb Burton Malkiel schon vor 50 Jahren, dass „ein Affe mit verbundenen Augen, der Dartpfeile auf den Finanzteil einer Zeitung wirft, ein Portfolio zusammenstellen könnte, das genauso gut läuft wie eins, das Experten mühevoll zusammengestellt haben“.
Stochastik schlägt Star-Investoren
Nicht nur die Wall-Street-Journal-Reporter haben das eindrucksvoll bewiesen. Auch die Statistik zeigt regelmäßig: die meisten aktiven Fondsmanager schaffen es nicht mal, so gut zu sein wie der statistische Durchschnitt. Oder wie man ihn am Finanzmarkt nennt: der Index. Seit 20 Jahren überwacht S&P nun schon mit seinen SPIVA-Berichten die jährliche Performance von gemanagten Fonds rund um den Globus und nennt sich daher selbst den „De-Facto-Schiedsrichter“ der Debatte. Die Langzeitdaten zeigen: Rund 93 Prozent aller US-Aktienfonds liefen in den letzten zehn Jahren schlechter als ihr Vergleichsindex. In Europa unterlagen im gleichen Zeitraum rund 90 Prozent aller aktiven Manager dem Markt.
Denn Risiko und Renditen sind am Finanzmarkt im Regelfall normalverteilt. Man fährt also am sichersten, indem man einfach alle Aktien eines Marktes gleichzeitig hält - also einen Index etwa über einen ETF kauft, statt Einzeltitel. Und sich die hohen Verwaltungskosten für die Expertenauswahl spart. „Warum interessieren uns aktive Fonds überhaupt noch?“ fragte die „Financial Times“ daher im vergangenen Jahr.
Nur einige ganz wenige Ausnahmen bestätigen die Regel. Ein kleiner Prozentsatz der Vermögensverwalter schafft es tatsächlich, den Markt zu schlagen. Die Kunst besteht darin, rechtzeitig auf das richtige Pferd zu setzen. Michael Burry von Scion Asset Management etwa, der als einer der wenigen Geldmanager den großen Crash von 2008 korrekt vorhersagte und mit Wetten gegen faule US-Hypothekenpapiere ein Vermögen machte. In “The Big Short“ hat ihm Christian Bale ein filmisches Denkmal gesetzt. Oder der „Aasgeier“ Paul Singer, der mit seinem Hedgefonds Elliot Management argentinische Ramschanleihen kaufte und das Land in einem jahrelangen Gerichtspoker zwang, seine Schulden zu begleichen - und so mehr als tausend Prozent Rendite einstrich.
Am Ende besiegt die Maschine den Menschen
Ihre Performance wird allerdings durch einen Sondereffekt verzerrt. Singer, Einhorn und Co. haben durch den Nimbus, der sie umweht, einen Vorteil gegenüber Ottonormalinvestoren: Ihre hohen Renditen sind ein Stück weit selbst erfüllende Prophezeiungen. Denn allein die Nachricht, dass sie in eine bestimmte Aktie investieren, lässt oft die Kurse steigen.
Doch selbst die größten Hedgefonds-Legenden schaffen es damit nicht, auf Dauer immer den Markt zu schlagen. Vielleicht sind es ihre legendären Heldengeschichten, die Anleger gegen das Gesetz der großen Zahlen verleitet, immer wieder neues Geld in die Finanztipps der Investmentgurus zu pumpen. Die Verheißung, dass man vielleicht doch zu den wenigen Auserwählten gehört, die gegen den Strom in die richtige Richtung wetten, ist offenbar zu verlockend.
Die Redakteure des „Wall Street Journal“ haben ihr Dart-Experiment übrigens anlässlich des fünften Jubiläums gerade wiederholt. In einem Jahr wird sich zeigen, ob sie wieder einen Treffer gelandet haben. Und Malkiels Affen tatsächlich die besseren Aktienmanager sind.
Dieser Text ist zuerst bei ntv.de erschienen.