Daniel Saurenz betreibt das Investment- und Anlageportal Feingold Research. Der Journalist hat unter anderem für Börse Online und die Financial Times Deutschland geschrieben
Entsprechend der Preise für seine Autos setzte der Sportwagenhersteller Ferrari beim Börsendebüt in New York für seine Aktien eine Bewertung wie ein Hersteller von Luxusgütern durch. Nichts desto trotz könnte das Papier zumindest kurzfristig deutlich Rückenwind haben. Wir erläutern, womit die Mutter Fiat Chrysler im nächsten Jahr für Furore sorgen könnte und welche Möglichkeiten Anleger haben.
Wichtiger Etappensieg für Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne: Zum Börsendebüt von Ferrari ist die Euphorie riesengroß. Durch die Platzierung eines Zehn-Prozent-Anteils sammelt Fiat Chrysler rund eine Milliarde Dollar ein und verringert den Anteil an Ferrari auf 80 Prozent. Der Börsenwert liegt damit bei rund zehn Mrd. Dollar. Zehn Prozent der Anteile gehören weiterhin Piero Ferrari, dem Sohn des legendären Firmengründers Enzo. Der Börsengang ist ein enormer Erfolg für Marchionne. Als der Firmenlenker Ende Oktober 2014 erstmals ein IPO von Ferrari in Aussicht gestellt hatte, sahen Analysten den Börsenwert zwischen fünf und sieben Mrd. Dollar. Trotz des zuletzt schwierigen Umfelds für Börsengänge in den USA ist es Marchionne aber gelungen, für Ferrari die Bewertung eines Herstellers von Luxusgütern, wie den Modekonzernen Prada und Hermès, durchzusetzen. „Ferrari ist eine Aktie für Liebhaber aber auch für aktive Trader. Deshalb sah man schon am ersten Tag einige Umsätze“, bestätigt Gregor Kuhn vom Aktienbroker IG, die Ferrari ebenso wie der Social-Trading-Anbieter Ayondo zum Börsenstart im Angebot hatten.
Viel teurer als BMW
Der Hersteller von Luxuskarossen hatte sich von der 2008er-Finanzkrise schnell erholt und in den vergangenen Jahren den Umsatz deutlich gesteigert. Im zweiten Quartal 2015 war der Erlös um fünf Prozent auf 766 Mio. Euro geklettert. Das liegt vor allem daran, dass der Konzern das Absatzwachstum absichtlich begrenzt, um seine Exklusivität zu behalten. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) legte um 18 Prozent auf 124 Mio. Euro zu. Die bereinigte operative Marge verbesserte sich damit auf beachtliche 16,2 Prozent. „Ferrari ist eine Legende“ wegen seiner Marke und der hervorragenden Gewinnentwicklung sagte Lapo Elkann, der mit seinem Bruder und Fiat-Aufsichtsratschef John Elkann zur Agnelli-Familie gehört, die den Autohersteller kontrolliert. Bei Ferrari „verkauft man kein Auto, sondern einen Traum“, so Elkann.
Für den Traum greifen Investoren tief in die Tasche. Beim Börsengang übernimmt Ferrari rund 2,8 Mrd. Dollar Schulden von der Mutter. Inklusive der Nettoschulden wird sich der Enterprise Value (EV) – eine für Analysten und Investoren sehr wichtige Kennzahl – von Ferrari auf rund 12,3 Mrd. Dollar belaufen. Angenommen der Konzern schafft es, im nächsten Jahr den operativen Gewinn auf eine Mrd. Euro (aktuell 1,13 Mrd. Dollar) zu steigern – was angesichts der schwachen Weltwirtschaft ziemlich schwierig sein wird. Dann würde sich der EV, also der Wert des Unternehmens, auf das 10,9fache des operativen Gewinns belaufen.
Etliche Analysten bezweifeln aber, dass ein so kapitalintensives Geschäft wie das von Ferrari eine so hohe Bewertung wie Prada oder Hermès verdient. Wie hoch die Bewertung von Ferrari ist, zeigt ein Vergleich mit BMW: Der Premiumhersteller peilt für 2015 für das Auto-Geschäft eine Ebit-Marge von acht bis zehn Prozent an. Analysten prognostizieren, dass der Konzern – also inklusive der Bereiche Finanzdienstleistungen und Motorräder - im nächsten Jahr das Ebit um drei Prozent auf 9,5 Mrd. Euro steigern wird, was einer Marge von 10,2 Prozent entspräche. Gemessen daran beläuft sich der Enterprise Value auf nur das 5,2fache des operativen Gewinns.
GM im Visier
Anfang nächsten Jahres steht für Fiat Chrysler eine weitere wichtige Etappe auf dem Programm. Dann soll der 80-Prozent-Anteil an Ferrari an die Fiat-Chrysler-Aktionäre verteilt werden. Etliche Experten gehen davon aus, dass Marchionne anschließend das nächste große Ziel in Angriff nehmen wird: einen Zusammenschluss mit General Motors. „Als richtiger Pokerspieler wird sich Marchionne nicht damit zufrieden geben, Chrysler bekommen zu haben.
Er wird nach dem Jackpot – einem Zusammenschluss mit GM – streben“, sagte Vincenzo Longo, Stratege bei der IG Group in Mailand zuletzt. „Er ködert die Investoren von GM mit dem Versprechen von milliardenschweren Einsparungen bevor er zum endgültigen Schlag ausholt.“ Ende August hatte Marchionne gesagt, dass ein kombiniertes Unternehmen 30 Mrd. Dollar Cash pro Jahr generieren könne. Mit GM würde Fiat Chrysler allerdings einen ganz schönen Brocken ins Visier nehmen: Denn während sich der Börsenwert von Fiat Chrysler auf 21,2 Mrd. Dollar beläuft, bringt GM mit 52,5 Mrd. Dollar viel mehr Gewicht auf die Waage.
Kurzfristig könnte die Ferrari-Aktie deutlich klettern. Denn bei einem geringen Angebot an Papieren bei gleichzeitig starker Nachfrage gibt es Rückenwind nach dem Motto „man kann sich vielleicht nicht das Auto leisten, aber die Aktie schon.“ Am Anfang nächsten Jahres kommen aber die restlichen 80 Prozent der Ferrari-Aktien auf den Markt. Dann wird sich zeigen, wie viel sie wirklich wert sind. Wer mit Knock-out-Papieren bei Ferrari aktiv werden möchte, hat auf der Long-Seite die SE1PWB mit Hebel 3 zur Verfügung, auf der Short-Seite für Ferrari-Pessimisten bietet sich die SE1PWN mit Hebel 3,5 an.
Übrigens – ein Hinweis in eigener Sache: Feingold Research nimmt am Finanzblog-Award 2015 teil. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns unter http://finanzblog-award.de/community/ Ihre Stimme geben würden.