Deutsche Unternehmen sind stark im Export. Das ist soweit nichts Neues. Die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts überraschen trotzdem: Ökonomen hatten damit gerechnet, dass die deutschen Exporte sinken. Stattdessen legten sie im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,6 Prozent zu. Im Vergleich zum April des laufenden Jahres stiegen die Ausfuhren um 1,7 Prozent. Das ist bisher der stärkste Zuwachs im Jahr 2015. Insgesamt verkauften deutsche Exportunternehmen im Mai Waren im Wert von rund 96 Mrd. Euro ins Ausland. Demgegenüber standen Einfuhren im Wert von rund 76 Mrd. Euro.
Hauptgrund für die starken Zahlen war die gestiegene Nachfrage in Europa. Die Exporte in die gesamte Europäische Union (EU) zogen im Mai um 6,2 Prozent an, die Ausfuhren in die Eurozone stiegen um 5,1 Prozent. Die Exporte in Länder außerhalb der EU legten nur um 2,3 Prozent zu, obwohl den deutschen Unternehmen der schwache Euro entgegenkam.
Deutschlands Exportstärke ist nicht nur ein Grund zur Freude. Nach Ansicht der EU-Kommission stellt sie ein Risiko für die europäische Wirtschaft dar. Auch Anleger, die in deutsche Unternehmen investieren, sollten den dauerhaften Exportüberschuss kritisch sehen: „Eine starke Exportorientierung macht die Wirtschaft abhängig vom globalen Wirtschaftszyklus“, sagt Patrick Ryff, Ökonom der Schweizer Bank UBS.
Schwächelt die Weltwirtschaft, schwächeln auch die Dax-Werte
Die 30 Unternehmen im deutschen Leitindex Dax erzielen rund 70 Prozent ihres Umsatzes außerhalb Deutschlands. Bekommen Deutschlands Handelspartner wirtschaftliche Probleme, belastet das auch den Umsatz deutscher Unternehmen – sogar, wenn es der deutschen Wirtschaft gut geht. Beispiel China: In der Volksrepublik schwächelt nach mehreren Boom-Jahren allmählich das Wachstum. Deutsche Automobilhersteller bekommen das bereits zu spüren. China ist für deutsche Unternehmen der drittwichtigste Handelspartner. Sollte sich die Wirtschaftslage im Land weiter verschlechtern, würde Deutschland deutlich härter getroffen als andere europäische Länder, warnt die Bundesbank in einem aktuellen Bericht.
Die BMW-Aktie litt zuletzt unter den Problemen in China
In den kommenden Monaten dürften die Aktien deutscher Unternehmen allerdings vom Wachstum in der Eurozone profitieren. Im laufenden Jahr wird die Wirtschaft in den Ländern der Währungsunion um 1,5 Prozent wachsen, im kommenden Jahr um 1,7 Prozent, schätzen die Experten des Internationalen Währungsfonds. Im vergangenen Jahr wuchs die Eurozone nur um 0,8 Prozent.
Auf lange Sicht sollten deutsche Unternehmen dennoch weniger stark auf Exporte setzen und sich stärker auf die Verbraucher im Inland konzentrieren, fordern Fondsmanager. „Mit Blick auf den rückläufigen Welthandel dürfte dieser Punkt an Bedeutung gewinnen“, sagt Marino Valensise, Multi-Asset-Spezialist beim Fondsanbieter Barings. Der globale Handel schrumpfte im Mai um 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, vor allem wegen der Probleme in China, Griechenland und der Ukraine.
Kleinaktionäre können die Firmenpolitik der großen Unternehmen kaum beeinflussen. Anleger sollten sich allerdings darüber im Klaren sein, dass sie mit einem Investment in Dax-Aktien stark zyklisch investieren. Schwächelt die Weltwirtschaft, schwächeln auch die Dax-Werte. In ein ausgewogenes Portfolio gehören deshalb auch Aktien von Unternehmen, die vom Binnenkonsum in Deutschland und anderen Ländern profitieren.