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Dani Parthum ETFs shoppen, weil Influencer sie empfehlen? Da können wir gleich Lotto spielen

Dani Parthum
Dani Parthum
© Tom Salt
Mit Empfehlungen ist das so eine Sache. Wird Geld rein auf Empfehlung investiert, drohen teils hohe Verluste. Das gilt freilich auch für ETFs, mit denen sich – richtig eingesetzt – Verlustrisiken sehr gut (zer)streuen lassen

Als im Januar dieses Jahres die wichtigsten Welt-Technologie-Werte den Weg nach unten antraten, löste das bei Neu-Anleger:innen Überraschung bis Panik aus. Bis auf den drastischen Einbruch der Aktienmärkte im März 2020 durch den Beginn der Coronapandemien war es seit mehr als zehn Jahren mit den Kurswerten stetig aufwärts gegangen, teils zweistellig pro Jahr. Dann griff im Februar Russland die Ukraine an; seither ist das Aufwärtsstreben der Technologiefirmen gebrochen – und es geht abwärts, viel weiter als im Januar. Das führt zu Schweißausbrüchen. Gerade dann, wenn nur wenig Geld da ist und auf Kursgewinne gehofft wurde. Und: Wenn keine anderen Geldanlagen den Abwärtstrend wie Fallschirme abbremsen.

So ist es einer meiner Followerinnen meines Instagram-Kanals ergangen. Sie wandte sich Anfang des Jahres an mich: ‚Meinst du, das wird wieder? Ich habe mein Erspartes in eine Technologie-Aktie und einen Technologie-ETF investiert, die so heftig gerade verlieren. Soll ich abwarten oder lieber verkaufen?‘ Sie hatte Angst um ihr Geld, das sie zwar im Moment nicht brauchte; sie hatte aber gehofft, ihr Einkommen damit zu erhöhen.

Natürlich habe auch ich keine Glaskugel, dafür Wissen, Erfahrung und ein offenes Ohr. Deshalb schrieb ich zurück, welche anderen Wertpapiere sie hätte und warum sie so viel Technologie im Depot habe. Sie habe keine weiteren Geldanlagen, war ihre Antwort. Und die Aktie und den ETF habe sie auf Empfehlung ihrer Söhne gekauft.

Die Empfehlungen von anderen - Finfluencern, Partnern, Söhnen, Kollegen

Eine Freundin erzählte mir etwas später von der ETF-Empfehlung eines Nachbarn. Auf Youtube sei dieser Fonds – ETF sind an der Börse gehandelte Indexfonds – von einem Finfluencer besprochen worden, das fand er gut und habe investiert. Das könne sie ja auch tun. Auch dieser ETF war ein enger Sektor-Fonds und damit als Grund- oder Erstinvestment für meine Freundin völlig ungeeignet.

Einzelaktien und Aktien-ETFs ohne eigenes Wissen und Recherche zu kaufen – ist das eine pragmatische Idee oder eine ziemlich riskante? Eine ziemlich riskante! Sie würden doch auch nicht in ein Auto einsteigen, ohne den Gurt anzulegen. Oder doch? Und ist das dann umsichtig und klug? Nein.

Sich auf andere zu verlassen, grenzt an Zockerei

Gerade junge Erstanleger:innen lassen sich von der Begeisterung von Influencern auf den Sozialen Medienkanälen Instagram, Youtube und Co mitreißen und investieren ihr Geld munter in Einzelaktien und Aktien-ETFs mit schicken Namen und Versprechen – Technologie, Trend, Krypto. Wer so handelt, zockt. Gegen dieses Spiel ist nichts einzuwenden, solange es nicht unsere Altersvorsorge betrifft oder Geld, mit dem wir planen. Zockergeld müssen wir komplett verlieren dürfen, wie am Spieltisch im Casino.

Aktien-ETFs sind grundsätzlich die beste Anlageklasse, um zeitsparend, transparent, risikokontrolliert und automatisiert Rentenlücken durch Vermögensaufbau zu schließen. Aber: Das Basisinvestment sind breit gestreute Aktien-ETFs. Wir holen uns also die Welt ins Depot, nicht nur wenige Unternehmen. Und: Wir mischen risikoreiche mit risikoarmen Geldanlagen.

Verlustrisiken streuen wir mit Klotzen, nicht Kleckern

Das ist ein seit Jahrzehnten erprobter Investmentansatz zum Verringern von Verlusten – wissenschaftlich ausgearbeitet vom US-amerikanischen Ökonomen Harry Markowitz und verbreitet beispielsweise in diesem Zitat: „Lege nicht alle Eier in einen Korb.“ Sondern verteile die Eier (also dein Geld) auf viele Körbe. Ein Welt-ETF beispielsweise beinhaltet rund 1600 Unternehmen aus Industrie und Schwellenländern. Das ist ein Basisinvestment, ein Technologie-ETF ist es nicht.

Die Mehrheit der Finfluencer:innen ist männlich, gern laut und sehr selbstbewusst auftretend, teils prahlen sie mit den Insignien des Reichtums wie luxuriöser Lebensstil, freier Job, große Autos. Sie machen Eindruck – besonders auf Männer, gerade junge Männer. Was nicht verwundert. Viele Männer definieren sich selbst heute noch über Geld. Das führt dazu, dass teils sehr riskant angelegt wird. In jungen Jahren ist das kein Problem. Wenn aber dieses beeinflusste Halbwissen als Empfehlung an Mütter, Frauen, Bekannte und Kolleginnen ohne eigenes, profundes Wissen weitergetragen wird, wird es riskant – für das Geld der Frauen. Sie vertrauen und gehen im Zweifel mit ihrer Geldanlage baden, weil sie ihre Investment-Hausaufgaben nicht gemacht haben.

Geldanlage ohne eigenes Wissen führt zu Stress und Verlusten

„Ich habe einen ETF, wahlweise auch eine Aktie, ohne genaues Wissen darüber.” Wir Frauen leisten uns besser so ein Anlageverhalten nicht, sondern setzen unser Geld strategisch ein. Wer billig kauft, kauft zweimal. Dieser Spruch lässt sich auch auf die Geldanlage übertragen. Billig im Sinne von: nicht hingesehen, ohne eigene Anstrengung, einfach zugegriffen. Vertrauen Sie nicht anderen, bauen Sie Vertrauen in sich auf und tauschen sich dann mit anderen darüber aus. Ohne eigene Recherche und Wissen über Geld, Anlageklassen, ihre spezifischen Risiken und wie ETFs aufgebaut sind, ist jede Geldanlage Zockerei und kein Investment.

Keine Ausreden mehr: Geldanlage lässt sich gut lernen

Eine einfache Faustformel: Je spezialisierter ein Aktien-ETF ist, je weniger Firmen er abbildet und je enger die Region ist, aus der die Firmen im Fonds stammen, desto mehr Informationen brauchen wir, um abschätzen zu können, ob der Fonds zu uns passt. Es ist zentral, die Auswahlkriterien von Aktien und ETFs zu kennen.

Nehmen Sie sich besser ein Heft von Finanztest über ETFs zu Hand, anstatt auf Empfehlungen zu hören. Dort werden die Auswahlkriterien verglichen, werden Risiken benannt, Anlagestrategien besprochen und wie sich ein Start-Depot aufbauen lässt – auch mit wenig Geld. Solide, einfach, verlässlich. Und lesen Sie Bücher. Der Markt ist voll mit einfachen, unterhaltsamen, niedrigschwelligen Büchern. Wer es wissenschaftlicher mag, findet volle Bibliotheksregale.

Es gibt also keine Ausreden: Ich habe den ETF auf Anraten gekauft oder weil dieser eine coole Finfluencer den auch hat. Selbst wissen, recherchieren, vergleichen, aussuchen passend zu den eigenen Zielen und der persönlichen Risikotragfähigkeit – so geht investieren.

Dani Parthum ist Diplom-Ökonomin, Geldcoach, Finanzbloggerin und Buchautorin. Unter der Marke Geldfrau unterstützt sie Frauen dabei, ihre Angst vor Finanzen abzulegen und für sich selbst Strategien zu entwickeln, selbstbestimmt mit Geld umzugehen und Vermögen aufzubauen. Ihre gesammelten Kolumnen für Capital finden sich hier.

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