Wer verliebt ist, will alles miteinander teilen, will aufbauen, Werte schaffen, vertrauen, eins sein mit dem Lieblingsmenschen. Realitäten wie Trennung, Scheidung, Untreue, Persönlichkeitsveränderungen oder Krankheiten werden meist weggeschoben mit dem Gedanken: Das passiert uns doch nicht! Was liegt da näher als die Entscheidung für ein Gemeinschaftsdepot, wenn in Aktien über Fonds wie ETF für das Alter mit vorgesorgt werden soll.
Oder auch: Es wird gar nichts entschieden und der Partner mit eigenem Depot, meistens ist das der Mann, investiert einfach weiter, jetzt auch für die Ehefrau mit. Dass die gesetzliche Rente nicht reichen wird, sollte mittlerweile allen klar sein. Auch denen mit sehr gut bezahlten Jobs. Wir brauchen also zusätzliches Vermögen. Selbstständige müssen ohnehin in Eigenregie für die Zeit ohne Erwerbstätigkeit vorsorgen.
Gemeinschaftsdepots als Und-Depot und Oder-Depot
Ein Gemeinschaftsdepot bedeutet, dass zwei Menschen, egal ob verheiratet oder nicht, gleichberechtigte Inhaber eines Depots sind und in Wertpapiere investieren können. Ein Depot ist wie eine Art Schrank bei der Bank oder einem Broker mit Schubladen, in dem Wertpapiere wie Aktien, Fondsanteile, Anleihen, Zertifikate oder Optionen gelagert werden. Es gibt zwei Arten bei Gemeinschaftsdepots – wie bei Girokonten: das Oder-Depot und das Und-Depot.
Beim Oder-Depot handelt jeder allein und braucht keine Zustimmung des anderen. Beim Und-Depot muss jeder Wertpapierkauf und -verkauf von beiden freigegeben werden.
Trennung und Scheidung kann jedes Paar treffen
Wir alle wünschen uns in einer Beziehung, dass wir einander immer respektieren und wohlwollend miteinander umgehen. Die Realität sieht leider oft anders aus. Nach Jahren der Gemeinsamkeit lässt sich etwa jedes dritte Ehepaar scheiden. Wie hoch die Trennungsrate bei Unverheirateten ist, wird nicht erfasst. Natürlich gelingt es Paaren, sich ohne Verletzungen und Gehässigkeiten emotional reif zu trennen oder scheiden zu lassen.
Viele schaffen es nicht, besonders wenn Geld ins Spiel kommt. Und das ist in langjährigen Beziehungen immer der Fall, vor allem wenn Kinder da sind. Das Wort „Rosenkrieg“ kommt nicht von ungefähr. Scheidungsanwältinnen und -Anwälte können ganze Bibliotheken über die Gemeinheiten füllen, die Menschen sich antun, die sich einmal geliebt haben.
Altersvorsorge gehört in die eigene Verfügungsmacht
Trennung ist ein emotionaler Kraftakt, bei dem eine Partei aus verletzen Gefühlen die Altersvorsorge auf einem gemeinsamen Oder-Depot verkaufen könnte. Dieser Teil der Vorsorge ist dann weg. Da hilft bei Verheirateten auch kein Scheidungstitel über einen Zugewinnausgleich. Weg ist im Zweifel weg. Hat sich zudem nur einer gekümmert im Sinne einer Arbeitsteilung in der Partnerschaft, ist der andere womöglich gar nicht über den Bestand im Oder-Depot informiert und bekommt den Rachefeldzug nicht mit.
Bei einem Und-Depot wiederum kann ein Partner den Verkauf der Wertpapiere oder deren Übertrag in ein anderes Depot verhindern, denn er oder sie müsste dem zustimmen. Dann ist zwar dieser Teil der Altersvorsorge noch da, der Zugriff aber auf unbestimmte Zeit blockiert.
Für mich ist deshalb ganz klar: Die eigene finanzielle Absicherung im Alter dem emotionalen Feuer einer Trennung auszusetzen, ist fahrlässig. Das hat auch nichts mit Unterstellungen zu tun. Die Verfügungsgewalt über die eigene Altersvorsorge gehört immer in die eigenen Hände im Sinne der Selbstfürsorge. Niemand kann in die Zukunft sehen. Paare können sich aber gegenseitig absichern.
Eigene Depots bedeuten Absicherung im Trennungsfall
Das heißt: Jeder führt für eine Altersvorsorge mit Fonds oder Einzeltiteln sein eigenes Depot, auf eigenen Namen und investiert selbst. Gerade auch in der Ehe; wir geben mit dem Trauschein nicht die Eigenverantwortlichkeit ab. Setzen Sie nicht aus Bequemlichkeit darauf, dass der Mann mit einem Depot auf seinen Namen für beide investiert. Denn: Sein Depot, sein Vermögen, aufgebaut mit seinem Geld, in seiner Verfügungsgewalt, trotz Ehe, trotz Zugewinnausgleich. Hier gibt es einige rechtliche Fallstricke. Soll später mal ein Depot mit hohem Vermögen auf die Ehefrau oder den Ehemann übertragen werden, kann sogar Schenkungssteuer anfallen. Deshalb besser gleich jeder selbst machen.
Ein bisschen viel Misstrauen, meinen Sie? Das Gegenteil ist der Fall. Bei getrennten Depots mit eigenen Vorsorgeinvestitionen wissen beide Partner, dass der jeweils andere abgesichert ist. Mit einem Ehe- oder Partnerschaftsvertrag lässt sich zusätzlich vereinbaren, wie bei einer Scheidung oder Trennung mit den Altersvermögen umgegangen wird – das ist aber kein Muss. Bei Partnerschaftsverträgen ist eine Durchsetzung allerdings eher schwierig.
Werden Sie ein Investment-Team!
Ganz praktisch würde ich es so angehen:
- Ist ein Depot für die Altersvorsorge bestimmt, führt jeder ein Depot auf eigenen Namen.
- Lernen Sie zusammen und tauschen sich darüber aus, womit und wie Sie vorsorgen möchten. Jeder hat ja seine eigenen Werte und eine eigene Risikotoleranz.
- Ist einer mehr am Thema interessiert, wird das Investment dennoch gemeinsam besprochen, ausgesucht und dann setzt jeder um.
- Motivieren Sie sich gegenseitig und schaffen Sie finanzielle Freiräume, damit beide investieren können. Bei familiären Auszeiten sind die Sparpläne aus der Familienkasse zu bestreiten.
- Legen Sie eine Excel-Tabelle an und tragen Sie am Jahresanfang die erzielten Vermögenswerte ein. Dann können Sie über Erfolge und Fehlinvestments sprechen und weitere, gemeinsame Finanzpläne schmieden.
- Und für den Fall der Fälle hinterlegen Sie bei der Depotbank eine Vollmacht für Ihren Partner oder Partnerin, damit er oder sie in Ihrem Sinne tätig werden kann, sollten Sie dazu nicht mehr in der Lage sein. Diese Vollmacht können Sie jederzeit ohne Zustimmung des anderen bei der Bank widerrufen, sollte sich die Beziehung verschlechtern.
Sie interessiert das mit der Altersvorsorge und der Geldanlage so gar nicht und haben die Vermögensbildung vollständig Ihrem Mann oder Ihrer Frau überlassen? Dann muss Ihnen eines bewusst sein: Wie wollen Sie sich im Alter selbst versorgen? Es hat immer Konsequenzen, sich finanziell selbst zu entmündigen. Diese sind zwar nicht zwangsläufig existenzgefährdend, bedeuten aber stets Abhängigkeit vom Wohlwollen und der charakterlichen Reife des anderen — oder Kosten für eine gute Rechtsanwältin.