Marcus Poppe ist Mitglied des Dividendenteams der Deutschen Asset Management
Capital: Anleger greifen wegen der niedrigen Zinsen seit einiger Zeit vermehrt zu Dividendenaktien. Wie stark macht sich das mittlerweile in den Bewertungen bemerkbar?
Marcus Poppe: Bis vor circa drei Monaten sind die Kurse von Aktien mit einer gesunden Dividendenrendite deutlich gestiegen. Als gesund definieren wir eine Dividendenrendite zwischen drei und fünf Prozent. In manchen Sektoren ging es dabei naturgemäß stärker aufwärts als in anderen. Bei Konsumgüteraktien zum Beispiel sind die Kurse in den vergangenen drei Jahren besonders stark gestiegen. Vor drei Monaten hatten sie beinahe ein Allzeithoch erreicht.
Was ist dann passiert?
Die Zinswende in den USA. In den USA ist der Zehnjahreszins zuletzt von unter 1,5 Prozent auf 2,3 Prozent gestiegen. Das ist absolut gesehen nicht viel, aber relativ betrachtet ein deutlicher Anstieg. Der Zehnjahreszins ist eine wichtige Referenzgröße für Dividendenaktien. Steigt er, schichten Anleger in konjunktursensitivere Aktien um. In den vergangenen drei Monaten sind die Kurse von Dividendenaktien deshalb im Schnitt rund zehn Prozent gefallen, obwohl der Aktienmarkt insgesamt gestiegen ist. Besonders die Schnelligkeit des Zinsanstiegs war negativ für Dividendentitel, weniger das absolute Niveau, das ja nach wie vor niedrig ist.
Anleger brauchen langen Atem
Sind Dividendenaktien also nicht mehr teuer?
Welcher Preis zu hoch ist, lässt sich schwer sagen. Das hängt vor allem vom Zinsniveau ab. Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis US-amerikanischer Aktien liegt aktuell ungefähr bei 20. Historisch gesehen ist der Gesamtmarkt so teuer wie selten zuvor. Manche Dividendentitel lagen bis vor kurzem sogar über diesem Bewertungsniveau. In Relation zu den niedrigen Zinsen waren die Bewertungen aber vertretbar. Jetzt hat die Lage gedreht. Ob man Dividendentitel aktuell zu teuer findet, ist eine Glaubensfrage. Ihre Kurse könnten eventuell weiter unter Druck kommen, falls die Zinsen weiter steigen.
Wem raten Sie in diesem Umfeld zu einem Investment in Dividendenaktien?
Wenn man jetzt Dividendenaktien kauft, bekommt man viele Titel rund zehn Prozent günstiger als vor drei Monaten. Wie es weitergeht, hängt davon ab, wie weit die Zinsen noch steigen und ob der Optimismus mit stärkeren Fundamentaldaten untermauert wird. Wer einsteigen will, sollte jedenfalls einen längerfristigen Investmenthorizont haben, mindestens zwei oder drei Jahre, am besten fünf Jahre. Auf kurze Sicht könnten Dividendenstrategien schlechter abschneiden als der Gesamtmarkt. Mittelfristig werden Dividenden allerdings weiterhin einen großen Anteil an der Gesamtrendite von Aktieninvestments ausmachen.
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