Wolfgang Engshuber war 25 Jahre lang für die Munich Re tätig. Er ist Gründungsmitglied und war zuletzt Vorsitzender der PRI.
Jeder Investor trägt selbst die Verantwortung für seine Anlageentscheidungen. Wir müssen uns aber klar darüber sein, dass unser Finanzsystem heute tiefgreifende Vertrauensverluste provoziert.
Mit der Unterstützung der Vereinten Nationen hat sich deshalb eine Gruppe von Investoren zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, das sich dem nachhaltigen Investment verpflichtet hat. Diese Initiative PRI (Principles for Responsible Investment), deren Vorsitz ich drei Jahre lang geführt habe, ist enorm gewachsen. Allein in Deutschland haben mehr als fünfzig Mitglieder die Prinzipien der PRI unterzeichnet. 300 Asset Owner, 600 Asset Management Unternehmen und weitere 400 Service Provider weltweit unterstützen die PRI als Unterzeichner und Mitglieder.
In einer globalisierten Welt der Vielfalt der Kulturen und Weltanschauungen gibt es allerdings oft kein klares „Gut oder Böse“: Als die PRI im Jahr 2005 in der New York Stock Exchange gegründet wurde, geschah dies ganz im Sinne der Agenda 21-Bewegung – und deren Übertragung auf den Finanzsektor. Allen war bewusst dass dies eine „Journey“ werden würde – ein globaler Sustainable and Responsible Investment (SRI) - Prozess, in dem wir lediglich Ziele vorgeben können, keinen festen Rahmen und schon gar keine Negativliste.
Keine Verbote, sondern nur eine Positivliste
In Zeiten weltweit eng verflochtener Konzernstrukturen wäre es naiv zu sagen: „Du darfst nicht in Rüstungsunternehmen, du darfst nicht in Tabakunternehmen, du darfst nicht in was auch immer investieren“. Die PRI hat sich stattdessen zum Ziel gesetzt, ihre Mitglieder mit positiven Zielen unterstützen.
Besonders wichtig waren uns zum Beispiel in den vergangenen Jahren die Themen „Langzeit statt Kurzzeit-Investment“ und „Active Ownership“. Jeder Investor muss sich fragen, welchen Anteil er durch short term trading erwirtschaftet und wie viel er wirklich langfristig investiert. Und nur wer wirklich am Ball bleibt und an Hauptversammlungen teilnimmt, um kritische Fragen zu stellen, der kann die Unternehmen, in die er investiert, zu mehr Nachhaltigkeit anhalten.
Jeder Investor muss sich also fragen lassen: Wie sieht das Vergütungssystem seiner Trader aus? Belohnt es nicht doch nur den kurzfristigen Kick? Welche Kontrollmechanismen will er sich leisten?
Die PRI ist eine Organisation für Investoren, die willens sind, sich zu hohen Standards zu verpflichten. Ihr wichtiger Beitrag besteht darin, Vergleichbarkeit herzustellen. Dazu ist der Wille zur Transparenz eine unabdingbare Voraussetzung.
Wird das Handeln von institutionellen Investoren vergleichbar, dann gibt es für den vielbeschworenen mündigen Endkunden keine Entschuldigung mehr. Er hat dann wirklich die Wahl: Möchte er verantwortungsvoll investieren oder das herrschende marode System unterstützen.
PRI macht das Handeln von institutionellen Investoren vergleichbar
Alle Investmentunternehmen, die noch keine Unterzeichner der PRI sind, sollten so schnell wie möglich beitreten und sich aktiv engagieren. Es gibt keine Ausreden: Die aktive Mitgliedschaft in der PRI als Social-Responsible-Investment-Alternative zum gleichgültigen Wegsehen existiert.
Über die Grenzen der PRI wird auch intern immer wieder diskutiert. Klar ist aus meiner Sicht: Sie kann keine Lobbygruppe sein, die sich mit ganz konkreten einzelnen Anliegen an bestimmte politische Gruppierungen wendet. Sie kann auch keine Organisation sein, die vorgibt, in welche Produkte investiert werden darf.
Sie aggregiert statt dessen Daten, stellt diese zu Studien zusammen und klärt in individuellen Workshops, Webinaren und vielem mehr institutionelle Investoren auf, wie sie ihre Portfolios nachhaltiger gestalten können – und welche Fragen sie den Unternehmen, in die sie investieren möchten, unbedingt stellen müssen.