Einen solchen Nackenschlag gab es am Aktienmarkt lange nicht und man sieht ihn auch selten. Die Kerninflationsdaten in den USA fielen zuletzt derart heftig aus, dass S&P 500, Dax und Nasdaq innerhalb von Minuten mehrere Prozente nach unten durchgereicht wurden. Ging es Anfang August noch um Peak Inflation, so fürchtet mancher Börsianer einen historischen Zinsschritt der US-Notenbank von einem Prozent. Früher ging die Fed in der Regel in 0,25-Etappen und damit sehr behutsam vor. Jetzt muss die Keule her.
Entsprechend ist die Stimmung komplett im Keller. Ob Morgan Stanley, Société Générale oder JP Morgan – die Ausblicke vieler großer Investmentbanken klangen zuletzt wie ein einziger Horrorreport und in Frankfurt musste man bei Morgan Stanley zuletzt auch die Hoffnung genau suchen. Europa sei billig – eigentlich, so die Aussage, doch die Analysten warnten schon vor einer sogenannten Value-Trap. Eine Falle, bei der man gegenwärtig günstige Aktienbewertungen sieht, die aber von schnell sinkenden Gewinnen der Firmen wieder eingeholt werden. Als Stichwort genügt da das Wort Energiekrise.
Alles ist auf Angst
„Fast alle haben Angst“, findet daher Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei Robomarkets. Und die Daten der Börse München zeigen, dass die Aktien in Dax, MDax, SDax und TecDax schon wieder in großer Mehrheit von über 80 Prozent weit oder sehr weit von ihren 200-Tage-Linien entfernt sind. Überverkauft nennen dies Börsianer. Und genau an diesem Punkt setzt die Hoffnung an. Denn auch die Cash-Quoten der Fondsmanager in den USA sind auf einem Höchststand, ebenso der Pessimismus - und auch die Absicherungsquoten halten da mit. Soll heißen – Risiken sind reichlich vorhanden, sie werden aber auch abgebildet.
Niemand darf erwarten, dass man Aktien in den kommenden Monaten am Tief erwischen wird. Strukturiertes Einkaufen ist angesagt und ein paar Fakten sind wichtig. Die Rezession steht bevor, doch die Nasdaq und der Dax notieren 5000 respektive 3500 Zähler unter ihren Jahreshochs. SDax und MDax haben mehr als 30 Prozent eingebüßt von ihren Höchstständen. So sehen fortgeschrittene Bärenmärkte aus. Aus Chance-Risiko-Sicht ist der Markt attraktiver als zum Jahresbeginn, das sei klar betont.
„Nur wenige Unternehmen sind gänzlich immun gegen eine hohe Inflation und können steigende Preise weiterreichen“, meint Ricardo Evangelista, Senior Analyst bei Activtrades. „Starke Marken, solide Bilanzen, eine weltweit breite Kundenbasis, hohe Produktqualität, Flexibilität im Einkauf und Produktion sowie Größenvorteile sind Schlüsselfaktoren, die zu einer starken Preissetzungsmacht gegenüber Kunden und Lieferanten führen“, ergänzt Evangelista. Im Vorteil sind auch Unternehmen, die hohe liquide Mittel generieren und somit wenige Probleme mit steigenden Refinanzierungskosten haben.
Was bedeuten nun aber Schmerzen und Geld?
„Mit Aktien sichern sich Anleger vor allem kurzfristig nicht gegen Inflationsrisiken ab, das ist aufgrund der Mechanismen um Bondrenditen schwer möglich“, so Jürgen Molnar. So gab es zuletzt auch eine Flucht in kurz laufende Anleihen. Wer aber Aktiengewinne sehen will, muss womöglich erst einmal durch schmerzhafte und volatile Zeiten gehen. Für mutige Anleger sind auch die Kurse von Aktien wie Deutsche Post, Mercedes, Nvidia, Microsoft, Allianz und Lufthansa merklich gestutzt und notieren mitunter schon auf rezessiven Levels. Erste Positionen kann man aufbauen und dies geht auch in Etappen. Denn bei modernen Neobrokern wie zum Beispiel dem Smartbroker oder Trade Republic fallen die Gebühren vergleichsweise gering aus. Man kann also in der Krise schon eine gute Basis legen.