Acht Prozent nach oben an einem Tag, acht Prozent nach unten am nächsten. Der chinesische Aktienmarkt fällt seit Ende September vor allem durch seine Volatilität auf. Und spaltet damit die Analystenschar im Westen: Die einen sehen Signale für einen Einstieg, nachdem es drei Jahre lang hauptsächlich negative Nachrichten aus China gab. Die anderen warnen vor den Fallen einer politischen Börse, die hauptsächlich von den Ankündigungen der Regierung getrieben wird. Erst reagieren die Anleger positiv auf ein erweitertes Konjunkturpaket, dann extrem negativ auf eine Pressekonferenz der Regierung, die eben dieses Konjunkturpaket nicht weiter konkretisiert.
Wer sich die chinesische Realwirtschaft anschaut, sollte sich eher auf die Seite der Skeptiker schlagen. Die großen Probleme warten weiterhin auf eine Lösung: Der Immobilienmarkt, früher der wichtigste Treiber des Wachstums, kommt nicht aus dem Teufelskreis von Überschuldung, riesigen Leerständen und gescheiterten Großprojekten heraus. Auf den Städten und Provinzen lasten ebenfalls wachsende Schulden, die sie nicht mehr bedienen können. Die Staatsbanken gleichen einer Büchse der Pandora, die jederzeit die nächste Dosis Gift in die Volkswirtschaft ausstoßen kann.
Chinesen kaufen weniger
Die Konsumbereitschaft der Chinesen bleibt äußerst schwach. Die Industrie sucht deshalb ihr Heil im Export, verdient dabei aber kein Geld. Und am allerschlimmsten: Viele Chinesen haben jegliches Vertrauen in die Fähigkeit ihres Regimes verloren, die richtigen Weichen für eine ökonomische Besserung zu stellen.
Natürlich laufen die Aktienmärkte oft der Realwirtschaft weit voran. Signalisieren also die Börsen in Schanghai und Shenzhen möglicherweise eine Erholung auf Jahresfrist? Unwahrscheinlich. Die großen Probleme der Volkswirtschaft lassen sich nicht durch kurzfristige Maßnahmen lösen. Experten erwarten eine Durststrecke von drei bis fünf Jahren, selbst wenn die Regierung ernst machen sollte mit der Bekämpfung der Stagnation. Doch von dieser Bereitschaft kann keine Rede sein.
Deutsche Investoren weniger skeptisch
Aus Sicht des Alleinherrschers Xi Jinping gilt es vor allem, die gefährdete politische Stabilität in der Volksrepublik zu sichern. Alle seine Überlegungen kreisen um das Machtmonopol der KP Chinas. Xi setzt auf mehr Repression nach innen und eine erneute Abschottung nach außen, um es zu verteidigen. Die Wirtschaft genießt unter dem Diktator nicht mehr Priorität Nummer Eins, wie einst unter dem großen Reformer Deng Xiaoping.
Die ausländischen Investoren stimmen mittlerweile mit den Füßen ab. Immer mehr von ihnen fragen sich, ob man auf mittlere Sicht noch gute Geschäfte machen kann in China. Die Direktinvestitionen sinken – mit einer Ausnahme: Einige große Konzerne aus Deutschland glauben immer noch an ihren mittlerweile wichtigsten Absatzmarkt und werfen ihren Milliarden Euro weitere Milliarden Euro hinterher. Deshalb ist die Stimmung in Deutschland immer noch positiver als in vielen anderen westlichen Ländern, wenn es um China geht. Das gilt auch für den chinesischen Aktienmarkt.