Die Kryptoszene ist Turbulenzen gewohnt, eigentlich gehören Hacks, Skandale und wilde Kursausschläge schon immer dazu. Doch selbst für diese Maßstäbe war das letzte Jahr ein besonders ereignisreiches. Der Bitcoin-Kurs fiel um über 60 Prozent, zahlreiche Börsen gingen pleite und große Projekte, wie das von FTX-Gründer Sam Bankman-Fried, entpuppten sich als bloßer Betrug. Viele Anlegerinnen und Anleger sind seitdem vorsichtiger geworden, wem sie ihre Kryptowerte anvertrauen, und fragen sich zurecht, welcher Anbieter noch seriös ist.
Dieser Frage ist auch das Münchener Institut für Vermögensaufbau (IVA) nachgegangen und hat für Capital erneut exklusiv die „Besten Kryptoanbieter“ ermittelt. Schon im vergangenen Jahr war das IVA bei der Auswahl extrem streng und nahm beispielsweise FTX aufgrund seiner mangelhaften Regulierung nicht mit auf. Anbieter mit unklarem Unternehmenssitz und schlechter Transparenz werden im Ranking abgestraft. „Uns ist ein Mindestmaß an Sicherheit wichtig“, sagt Studienautor Klaus Oberrauch. „Alle von uns untersuchten Anbieter erfüllen das.“
21 Anbieter im Test
Untersucht wurden dabei 17 Anbieter direkter und vier Anbieter indirekter Krypto-Investments. Bei direkten Investments werden die Kryptowerte tatsächlich gekauft und in einer Wallet verwahrt, bei indirekten Investments investieren Anlegerinnen und Anleger lediglich in Krypto-Wertpapiere – vorwiegend über ETPs (Exchange Traded Products), die wiederum in die entsprechende Kryptowährung investieren. Der Vorteil: Da die Bitcoins nicht direkt gekauft werden, ist auch keine Verwahrung, ergo keine eigene Wallet, notwendig. Wenn Banken die Verwahrung übernehmen, ist der Bestand meist deutlich besser besichert und die Coins können weniger leicht verloren gehen, bzw. gestohlen werden – ein Problem, das häufiger vorkommt als viele denken. „Not your keys, not your coins“, ist einer der Sätze, den Kryptojünger seit Jahren predigen. Aus diesem Grund bieten auch immer mehr direkte Anbieter Private Wallets an, die in Branchenkreisen im Vergleich zur Sammelverwahrung als sicherere Variante gelten.
Untersucht wurden die insgesamt 21 Anbieter in den vier Kategorien Angebot, Sicherheit, Service und Kosten. Insgesamt gab es dabei 100 Punkte zu holen. „Für manche Anlegerinnen und Anleger ist das Angebot möglicherweise nebensächlich, da sie nur Bitcoin und Ethereum handeln möchten, um an den Kursentwicklungen der wichtigsten Kryptowährungen teilzuhaben“, sagt Oberrauch. „Dafür ist ihnen der Aspekt der Sicherheit extrem wichtig. Diese Präferenzen sollte man vorher abwägen und dann den individuell besten Anbieter aus der Tabelle für sich ermitteln.“
Gesamtsieger wurde die britische Plattform Bitstamp mit einem Wert von 83,9 Punkten. Kurz dahinter folgt Kraken mit 82,9 Punkten. Beides sind sogenannte „Exchanges“, also Handelsplattformen, auf denen Anlegerinnen und Anleger untereinander handeln. Beste Börse und gleichzeitig bester Anbieter im DACH-Raum ist das österreichische Milliarden-Start-up Bitpanda mit insgesamt 81,8 Punkten – was global für Rang drei reicht. Bei den indirekten Anbietern setzte sich Flatex durch, das im vergangenen Jahr noch auf Platz fünf landete. Allerdings sind die Unterschiede zwischen allen untersuchten Anbietern dieser Gruppe marginal – gerade einmal 0,2 Punkte zwischen Platz eins und vier. Innerhalb der einzelnen Kategorien sind die Unterschiede jedoch deutlicher. Somit können Anlegerinnen und Anleger auch bei indirekten Anbietern jenen aussuchen, der am besten zu den eigenen Präferenzen passt.
Mehr Angebot ist nicht automatisch besser
Am meisten Veränderungen gab es in den Punkten Angebot und Sicherheit. Das Angebot ist bei nahezu allen Anbietern deutlich größer geworden. Erstmals wurde hierbei auch untersucht, ob die Händler Stablecoins anbieten – also Kryptowährungen, die häufig an den Wert einer Fiatwährung gekoppelt sind und somit stabil bleiben sollen. Sie dienen innerhalb der Kryptoszene als eine Art „Schmiermittel“, um verschiedene Kryptowerte zu handeln. „Beim Angebot hat sich eine ganze Menge getan“, so Oberrauch. „Da sieht man, dass es sich um einen sehr dynamischen Markt handelt.“
Mehr Angebot ist dabei nicht automatisch besser. Historisch sind über 90 Prozent aller Kryptowährungen wertlos geworden – sei es aus mangelndem Anlegerinteresse oder weil die Gründer betrügerisch handelten. Manche Anbieter wie Bison fokussieren ihr Angebot daher auf wenige große Projekte wie Bitcoin, Ethereum oder Solana. Andere, wie Coinbase oder Bitpanda, streben das genaue Gegenteil an. „Wir meinen, dass man das beste Angebot haben muss“, sagt Bitpanda-Mitgründer Eric Demuth zu Capital. „Was nützt es, wenn ich eine Börse gründe, aber nur den Dax anbiete?“ Bison-Chef Ulli Spankowski, der mit seinem Unternehmen auf Platz fünf landet, hält dagegen: „Wir wollen bis zum Ende des Jahres zwar auf über 30 Währungen kommen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die allermeisten Kundinnen und Kunden nur bekannte Werte wie Bitcoin handeln.“ Mit jeder zusätzlichen Währung kämen zudem administrative Kosten hinzu, die durch die anstehende Regulierung für Kryptowerte in der EU (MiCA) weiter steigen dürften.
Vergleich der Krypto-Anbieter
Das Münchener Institut für Vermögensaufbau (IVA) untersuchte für Capital 18 Krypto-Börsen, die im März und April 2023 in Deutschland auf dem Markt waren. Es wurden nur solche Anbieter aufgenommen, die ein Mindestmaß an Sicherheit bieten. Diese sind in zwei Bereiche unterteilt: Anbieter direkter und Anbieter indirekter Krypto-Investments. Bei direkten Investments werden die Währungen tatsächlich erworben und der Käufer verwahrt sie selbst. Bei indirekten Investments kaufen Anleger Finanzprodukte wie ETPs oder ETCs – also Krypto-Wertpapiere. Die Bank übernimmt dann die Verwahrung. Maximal konnten 100 Punkten in vier Kategorien erreicht werden.
Vier Testbereiche
Die 18 Anbieter wurden in insgesamt vier Kategorien getestet: Kosten (30 Punkte), Angebot (20 Punkte), Sicherheit (30 Punkte) und Service (20 Punkte). Drei Sterne gab es ab 55 Punkte, vier Sterne ab 65 Punkten und fünf Sterne ab 75 Punkten.
Kosten
In dieser Kategorie wurden Fragen gestellt wie: Entstehen Kosten bei der Depoteröffnung? Wie hoch sind die Depotgebühren? Wie hoch sind die Transaktionskosten? Kompliziert war vor allem die Frage der Spreads – also wie hoch die Unterschiede zwischen Kauf und Verkaufspreis sind, an denen die Anbieter in der Regel verdienen. Bei vielen Anbietern änderten sich die Spreads im Beobachtungszeitraum mehrfach und lagen zwischen < 0,1 Prozent und 2,0 Prozent.
Angebot
Hier kam es insbesondere darauf an, wie umfangreich das Angebot verschiedener Kryptowährungen oder ETPs ist. Außerdem wurde geprüft, ob es einen Mindestbetrag für die Einmalanlage gibt und ob die Möglichkeit besteht, Krypto-Sparpläne einzurichten.
Sicherheit
In dieser Rubrik wurden zum einen gesetzliche Sicherheitsaspekte untersucht, aber auch nutzerrelevante. Wie steht es um die Regulierung? Wie werden die Krypto-Bestände gespeichert? Wie hoch ist der Schutz des Accounts? Insgesamt neun Aspekte wurden vom IVA beleuchtet. Auch, wie leicht die Währungen übertragen werden können, oder ob Anleger Preis-Alarme einstellen und so ihr Verlustrisiko minimieren können.
Service
Abschließend prüfte das IVA, wie einfach die Anleger Kontakt mit den Kryptobörsen aufnehmen können und wie gut die Anbieter ihre Kunden mit Informationen rund um das Thema Krypto versorgen. Sind Kryptobörsen nur per Chat erreichbar oder auch per Telefon? Liefern sie Marktinformationen? Manche Kryptobörsen bieten ihren Anlegern sogar Demoversionen an, was zusätzliche Punkte im Ranking gab. Zusatzpunkte gab es auch, wenn sich Nutzer beispielsweise Watchlists einrichten können.
Die Regulierung spielt auch für die Sicherheitskategorie eine große Rolle. Zwar wurde die Studie vor Bekanntgabe der europäischen „Markets in Crypto Assets“-Richtlinie, wie MiCA ausgeschrieben heißt, durchgeführt. „Die meisten Ausschlusskriterien hatten wir aber ohnehin schon in unserem Ranking“, erklärt Studienautor Oberrauch.
Wenig Veränderungen gab es bei den Punkten Kosten und Service, wobei der Service tendenziell besser, die Kostenstruktur tendenziell eher schlechter wurde. Noch immer gilt, dass die großen international bekannten Anbieter wie Binance hier besonders gut abschließen – allerdings zulasten der Sicherheit. „Auch das müssen Anlegerinnen und Anleger für sich persönlich abwägen“, sagt Oberrauch.
Hier können Sie sich eine detaillierte Tabelle der Untersuchung herunterladen: