Der Tag des Teilrückzugs von Angela Merkel war eigentlich ein sehr guter für den Dax. Hoffnungen auf einen wirtschaftsliberalen Kurs trieben Investoren in deutsche Aktien. Doch wohin man schaut dieser Tage – irgendwas ist immer. So erwischte es an jenem Montag einmal mehr die US-Märkte, die kräftig ins Minus rutschten. Heftiger Herbststurm statt goldener Oktober also an den Börsen. Das Barometer Fear and Greed von CNN zeigt ebenso wie das Volatilitätsbarometer VDax-New beinahe panikartige Züge an.
Während viele Investoren gehofft hatten, dass der lange Zeit haussierende US-Aktienmarkt bald für eine Trendwende beim Dax nach oben sorgen würde, hat sich stattdessen die Korrektur beim S&P 500 zuletzt deutlich ausgeweitet und damit den deutschen Leitindex mit nach unten gezogen. Eine solche Entwicklung ist recht selten wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. Nach den Daten des Schwab Centers for Financial Research gab es seit 1974 genau 22 Korrekturen in Höhe von maximal 10 Prozent, aber nur vier von ihnen haben sich zu einem Bärenmarkt mit deutlich stärkeren Verlusten von mehr als 20 Prozent ausgeweitet. Das war 1980, 1987, 2000 und 2007, wie Daten des Brokers Etoro zeigen. Am kürzesten war der Bärenmarkt 1987, der 90 Tage dauerte und einen Verlust in Höhe von 34 Prozent von der Spitze bis zum Tief einbrachte.
Anleger in Panikstimmung
Obwohl die Statistik beruhigend auf Anlegernerven wirkt, ist die Stimmung so mies und die Angst vor einem Konjunktureinbruch groß, weil die aktuelle Situation im Bullenmarkt seit 2009 selten vorgekommen ist. Natürlich gibt es gute Gründe für die Korrektur wie etwa die zunehmenden schwachen Ausblicke der US-Unternehmen, die wieder aufgeflammte Italienkrise oder der immer noch schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China.
Doch die Ängste der Anleger dürften auch aus einem anderen Grund übertrieben sein. Sollten die US-Strafzölle auf chinesische Produkte die US-Unternehmen noch stärker belasten, als es während der laufenden Quartalssaison ohnehin sichtbar ist (und damit zu einer deutlichen Ausweitung der Korrektur beim S&P 500 führen), könnte US-Präsident Donald Trump noch vor den Halbzeitwahlen am 6. November umschwenken und den Handelskonflikt mit China auf Eis legen. „Das Letzte, was Trump vor dem Wahltag gebrauchen kann, ist ein Einbruch am Aktienmarkt. Bei einem Einlenken von Trump würde sich nicht nur der amerikanische Aktienmarkt, sondern auch der Dax deutlich erholen“, sagt Carlo Alberto De Casa, Chef-Analyst beim britischen Broker Activ Trades.
Hohe Volatilität lässt Seitwärtspapiere gut aussehen
Bei kräftigen Kursrückschlägen am Aktienmarkt schauen Investoren häufig auf das „Angstbarometer“ VDax-New, der die Volatilität des Dax abbildet und sich üblicherweise in entgegengesetzter Richtung zum Index bewegt. „Mit etwas mehr als 20 Punkten liegt der Indikator deutlich oberhalb des Durchschnitts der letzten zwei Jahre“, erklärt Stefano Angioni, Derivatespezialist der Société Générale. Der kräftige Sprung gegenüber dem Septembertief von 13,5 zeigt die stark gestiegene Nervosität der Investoren klar an. Die hohe Schwankungsintensität war in der Vergangenheit aber oft ein Wendepunkt am Aktienmarkt, etwa im Oktober 2016. Außerdem notieren rund 90 Prozent der Dax-Aktien unter ihrem 100-Tage-Schnitt und signalisieren wie weit die Korrektur schon fortgeschritten ist.
Aus Sicht von Feingold Research kann es sich also lohnen nun Aktien zu kaufen, allerdings müssen Anleger in einer solchen Situation oft gegen ihr eigene Psychologie handeln, denn das Börsenumfeld ist im Korrekturmodus negativ gestimmt. Oft zahlt sich der Mut aber aus, und wer langfristig orientiert ist, erhält ohnehin eine wunderbare Gelegenheit. Wichtig ist für kurz- bis mittelfristig eingestellte Investoren ein weiteres Geschenk – hohe Volatilität. Eine Alternative zu einem direkten Aktienkauf sind Seitwärtspapiere, wie Heiko Geiger, Zertifikatespezialist bei der Bank Vontobel, ausführt: „Die zuletzt merklich gestiegene Volatilität erlaubt Investoren interessante Einstiegschancen bei Discountzertifikaten oder Aktienanleihen.“ Mit anderen Worten: Die genannten Papiere bieten aktuell höhere Renditechancen als in einem Umfeld niedrigerer Volatilitäten. Sie sind aber auch aus einem anderen Grund attraktiv.
Um einen Gewinn zu erzielen, müssen die Kurse lediglich stabil bleiben, dafür verdienen Anleger nicht unbegrenzt an steigenden Kursen wie etwa mit Aktien - jetzt muss sich nur noch der Markt wieder beruhigen. Das Discountzertifikat mit Kennnummer GM10PN bietet Investoren 12 Prozent Seitwärtsrendite p.a in den kommenden sechs Monaten, wenn der Dax bloß sein gegenwärtiges Level hält. Ebenso hoch fällt sie beim Discountzertifikat DGY8KY auf den EuroStoxx aus. Beide Papiere sind defensiver als ein direktes Investment in Dax oder EuroStoxx. Dafür sind sie bei 12 Prozent Rendite p.a limitiert, doch damit sollte sich allemal leben lassen.
Sollte Angela Merkel ihren Abgang weiter gut managen und die CDU ihren wirtschaftsfreundlichen Kurs ausbauen, so könnte dies den einen oder anderen Gegenwind aus Asien, Italien oder den USA auch einmal abmildern und ausgleichen. Für Politiker wie für Investoren ist der Herbst 2018 sehr rau, doch frische Chancen bietet er allemal.