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Konkurrenz für Banken Ist Apple der Retter des Bankwesens?

Logo von Apple mit Menschen im Vordergrund
Bankgeschäfte übers iPhone gibt es längst und jetzt auch das Apple-Sparkonto
© picture alliance / ZUMAPRESS.com | Kabir Jhangiani
Apple will mit seinem Sparkonto der angeschlagenen Bankenbranche Konkurrenz machen. Die Chancen stehen nicht schlecht, aber Achtung vor den Kartellbehörden ist geboten

Apple hat eine wesentlich größere globale Reichweite und Kundenvertrauen als die meisten Banken. Wen wundert es da, dass sich der Technologiekonzern langsam aber sicher in ein Finanzinstitut verwandelt? Apple hat gemeinsam mit Goldman Sachs ein marktführendes Sparkonto auf den Markt gebracht, das 415-mal so hohe Zinsen bietet wie die niedrigsten Zinssätze bei herkömmlichen amerikanischen Instituten wie JP Morgan oder der Bank of America. Der iPhone-Hersteller bietet bereits eine eigene Kreditkarte an, vergibt Peer-to-Peer-Kredite, hat eine Wallet-App und verfügt über einen „Buy now, Pay later“-Service (BNPL). Damit können Kundinnen und Kunden ihre Einkäufe in Raten abbezahlen – und zwar zinsfrei.

Nun kündigte Apple sein neues Sparkonto an, während die Banken letzte Woche einen Verlust von 60 Mrd. Dollar an Einlagenabflüssen im ersten Quartal bekannt gaben.

Viel Eigenkapital macht Apple weniger anfällig als Banken

Es lässt sich darüber streiten, ob eine Hochzeit zwischen „Big Tech“ und großen Banken gut für den Wettbewerb ist. Aber Apple scheint gut aufgestellt zu sein, um einige der Probleme zu lösen, die das traditionelle Bankwesen seit Jahren plagen. Beispiel: das BNPL-Programm. Das Unternehmen finanziert die Kredite größtenteils aus seiner eigenen Bilanz. Im ersten Quartal 2023 verfügte es über Barmittel und marktfähige Wertpapiere im Wert von 165 Mrd. US-Dollar, bei einer Gesamtverschuldung von 111 Mrd. US-Dollar.

Dieses Verhältnis sieht bei den meisten Banken anders aus: Sie wickeln ihr Tagesgeschäft zu 90 Prozent oder mehr mit geliehenem Geld ab. Ein großer Teil dieser Schulden besteht aus Einlagen und kurzfristigen Krediten, die schnell abgezogen werden können. Genau das haben wir während des Zusammenbruchs der Silicon Valley Bank erlebt, als die Anleger versuchten, an einem einzigen Tag 42 Mrd. Dollar aus dem angeschlagenen Kreditinstitut abzuziehen.

Mit so viel Bargeld könnte Apple theoretisch ein in der Finanzbranche weit verbreitetes Problem umgehen: Weil der Konzern so viel mehr Eigenkapital einsetzt, ist es viel weniger anfällig.

Stanford-Professor Anat Admati, der seit langem eine höhere Eigenkapitalfinanzierung der Banken fordert, sagt: „Die Bankchefs vergessen manchmal, dass die Einleger auch Gläubiger sind, weil sie sich nicht wie normale Gläubiger verhalten. Sie vertrauen darauf, dass die Einlagensicherung und vielleicht die Aufsichtsbehörden dafür sorgen, dass sie ihr Geld bekommen. Nicht-Banken würden nicht im Traum daran denken und wären auch gar nicht in der Lage, ihr Geschäft mit so vielen Schulden und so wenig Eigenkapital zu finanzieren.“

Unsere enge Beziehung zu Apple

Ein weiterer Vorteil von Apple gegenüber vielen traditionellen Banken ist die Marke. Das Unternehmen steht häufig an der Spitze von Unternehmenslisten mit den meisten Bewunderern. Es ist schwierig eine Bank zu finden, die das Gleiche schafft (möglicherweise mit Ausnahme von JP Morgan).

Apples Beliebtheit bei Konsumentinnen und Konsumenten ist teils auf die enge Beziehung zurückzuführen, die sie zu dem Unternehmen haben. Studien zeigen, dass Menschen ihr Smartphone wahrscheinlich mehr als 2.600-mal am Tag in die Hand nehmen. So eine Beziehung erlebt man nicht, wenn man in eine Bankfiliale geht (falls man überhaupt eine findet). Vertrauen, oder zumindest die Wahrnehmung dessen, hat Apple aktiv vermarktet, um sich von Unternehmen wie Google oder Meta zu unterscheiden. Letztere erwirtschaften ihr Vermögen größtenteils durch gezielte Werbung oder den sogenannten Überwachungskapitalismus.

Apple verdient den größten Teil seines Geldes immer noch mit dem Verkauf von Geräten. Doch je tiefer das Unternehmen in das Geschäft mit digitalen Diensten einsteigt, desto mehr muss es den schmalen Grat gehen – zwischen der gewinnbringenden Ausnutzung seines Ökosystems und der Ausbeutung seiner Kunden auf eine Weise, die bei Behörden Bedenken auslöst.

Kaum ein Entkommen aus dem Apple-Ökosystem

Wer ein Apple-Sparkonto haben will, braucht eine Apple-Kreditkarte, also auch ein iPhone. Das System ist zweifellos benutzerfreundlich – für das Sparkonto fallen weder Gebühren noch Mindesteinlagen oder ein Mindestguthaben an. Alle Angebote stärken sich gegenseitig, ein klassisches Beispiel für den Netzwerkeffekt. Das bedeutet aber auch, dass es Nutzerinnen und Nutzern schwer fallen dürfte, dieses Ökosystem wieder zu verlassen, wenn sie erst mal drin sind.

Würden Sie zu einem Android-Telefon wechseln, wenn Sie beispielsweise eine Bankverbindung mit Apple hätten? Wären Sie weniger geneigt, woanders nach einem Kredit zu suchen? Diese Fragen bewegen sich auf einem Terrain, für das sich die Kartellbehörden der amerikanischen Federal Trade Commission interessieren. Ab welchem Punkt wird ein unglaublich verführerisches Angebot für Verbraucherinnen und Verbraucher zu einem Monopolproblem?

Apple versucht nicht, eine Bank im offiziellen Sinne zu werden, mit einer Satzung und allen damit verbundenen Vergünstigungen. Das ist wahrscheinlich klug, wenn man bedenkt, wie es anderen Technologieunternehmen ergangen ist, die versucht haben, in das traditionelle Finanzgeschäft einzusteigen. (Meta zum Beispiel hat mit dem „Diem“ jahrelang versucht, einen durch den Dollar gedeckten Stablecoin zu entwickeln, bevor das Projekt schließlich eingestampft wurde.)

Apple ist keine Bank, sieht aber wie eine aus

Aber die Tatsache, dass Apple wie eine Bank aussieht, riecht und handelt, wirft generelle Fragen auf über die disruptive Wirkung von Fintech und von Big Tech. Das Silicon Valley liebt regulatorische Arbitrage – sich beeilen und etwas verändern in jedem Sektor, den man umwälzen will (Einzelhandel, Gesundheitswesen, Banken, Transportwesen, um nur einige zu nennen) – und das bevor die politischen Entscheider merken, dass man nicht nach den gleichen Regeln spielt wie andere in der Branche. So umgehen Start-ups im Gesundheitswesen die HIPAA-Vorschriften und Kryptounternehmen tricksen weiterhin Investoren aus.

Apple könnte den Exodus der Einlagen aus dem traditionellen Bankensektor in einer Weise beschleunigen, die die bereits angeschlagenen Finanzinstitute zu untergraben beginnt. Sollte das passieren, vermute ich, dass die Regulierungsbehörden das Geschäftsmodell genauer unter die Lupe nehmen werden. Das Unternehmen wird aufpassen müssen, dass es die Verbraucherdaten nicht in einer Weise kompromittiert, die kartellrechtliche Probleme auslöst.

Aber bis dahin werden wir wohl noch mehr Bankgeschäfte über das iPhone erledigen.

© 2023 The Financial Times Ltd.

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