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5 Minuten Geldanlage „Anleihen-Kursrutsch vom Terminmarkt ausgelöst“

Fondsmanager Oliver Eichmann über den Anstieg der Zinsen - und warum er nicht an eine Wende glaubt.
Kursrutsch am Anleihenmarkt: War das schon die Zinswende?
Kursrutsch am Anleihenmarkt: War das schon die Zinswende?
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Oliver Eichmann ist Fondsmanager bei Deutsche Asset & Wealth Management


Capital: Herr Eichmann, die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen ist heute wieder über ein Prozent geklettert. Ist das die Zinswende?

Eichmann: Wir glauben, dass die Zinsen noch ein klein wenig klettern können von hier aus, aber eine grundlegende Zinswende sehen wir nicht. Unsere Erwartungen an Inflation und Wirtschaftswachstum laufen auf nur leicht höhere Renditen als jetzt hinaus. Wir bleiben noch eine Weile auf historisch sehr niedrigem Niveau.

Was steckt hinter dem rasanten Tempo des Anstiegs um fast einen vollen Prozentpunkt binnen weniger Wochen, zumal doch die Europäische Zentralbank massenhaft Papiere aufkauft?

Hier sehe ich drei Gründe: Erstens herrschte langfristig noch Ende des Jahres große Angst vor einer Deflation, vor einem Japan-Syndrom. Das hat viele Anleger dazu veranlasst, besonders lang laufende und noch höher verzinste Anleihen zu kaufen. Diese Deflationssorgen, die auch die EZB umtreibt, sind nun aber deutlich gesunken, auch weil die Inflationserwartungen langsam wieder steigen. Zweitens hat ein solcher Kursrutsch oft auch einen selbstverstärkenden Effekt: Die Kurse fallen – und Investoren begrenzen Verluste, zumal kaum jemand ernsthaft mit einem so kurzfristigen und raschen Zinsanstieg gerechnet hat...

... und das aus guten Gründen, denn die Kaufkriterien der EZB deuten darauf hin, dass sie in den kommenden eineinhalb Jahren weit mehr Bundesanleihen aufkaufen will, als überhaupt netto neu ausgegeben werden.

...was wiederum zu Grund drei führt: Bei diesem Renditeanstieg ist sehr viel über den Terminmarkt und Derivate gelaufen, also über eher spekulative Positionen. Größere Verkäufe am physischen Anleihenmarkt konnten wir etwa aus Japan beobachten, wo Großanleger Anleihen der Kern-Eurozone abgestoßen haben. Der Auslöser waren also nicht Verkäufe von Anleihen, sondern eher die Terminmarkttransaktionen, denen die Cashrenditen nach oben gefolgt sind.

Draghis Worte wirken nach

Im Klartext: Haben sich einige verzockt?

Formulieren wir es so: Renditen von zeitweise 0,05 Prozent für zehnjährige Anleihen waren fundamental nicht gerechtfertigt, da herrschte zeitweise schon der Glaube, die Zinsen seien eine Einbahnstraße. Aber klar hat diese Entwicklung auch manche auf dem völlig falschen Fuß erwischt, was natürlich die Magnitude nochmals verstärkt. Nicht zuletzt hat ja auch EZB-Chef Draghi vergangene Woche ganz offiziell ein Signal gesetzt und gesagt: Bei diesen niedrigen Renditen ist eine solche Volatilität normal, und Investoren sollten sich besser daran gewöhnen und damit abfinden. Wir sehen in diesen Tagen die Nachwirkungen dieser Ansage.

Was ist mit den für Sparer oft relevanteren kurzfristigen Zinsen am Geldmarkt? Die sind weiter unter Null Prozent, ebenso die Verleihraten für Anleihen.


Die beobachten auch wir genau, allerdings hat die EZB die Geldmarktzinsen selbst über den Leitzins und die noch immer negative Einlagenverzinsung bei der EZB von minus 0,2 Prozent gewissermaßen gut im Griff. Hier ist auch in diesem Jahr kaum mit Entlastung zu rechnen.

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