Es war ein fulminanter Börsenstart, den der vietnamesische Elektroautohersteller Vinfast am Dienstag aufs Parkett legte. Der Eröffnungspreis von 22 US-Dollar war schnell übertroffen, zwischenzeitlich kletterte der Titel sogar auf 37 Dollar. Damit erreichte Vinfast eine Marktkapitalisierung von rund 85 Mrd. Dollar – fast doppelt so hoch wie die aktuellen Börsenwerte von Ford (47 Mrd. Dollar) und General Motors (45 Mrd. Dollar). Mittlerweile steht der Titel im Vergleich zum Startkurs immer noch rund 37 Prozent im Plus bei 30,11 Dollar.
Der Börsengang kommt zur rechten Zeit: Im Jahr 2022 wurden weltweit so viele Elektroautos zugelassen wie noch nie (10,8 Millionen Autos) und damit rund 62 Prozent mehr als noch im Vorjahr (6,7 Millionen), zeigt eine Auswertung von Statista. „Der Markt für Elektroautos ist weltweit im Aufschwung und zeigte in den vergangenen Jahren ein kontinuierliches Wachstum“, bestätigt auch Kai Heinrich, Vorstand der Vermögensverwaltung Plutos. Zunehmendes Interesse an umweltfreundlichen Transportlösungen würden Elektroautos attraktiv machen, viele Länder würden zudem einen Kauf mit Subventionen und Steuervergünstigungen unterstützen.
Allerdings gebe es noch immer Hindernisse zu überwinden: die begrenzte Reichweite der Autos, unzureichende Ladeinfrastruktur, Kosten und Klimabilanz von Batterien. Und dann ist da noch der monetäre Aspekt: „Der höhere Kaufpreis im Vergleich zu herkömmlichen Verbrennungsfahrzeugen stellt für viele potenzielle Käufer eine Hürde dar“, sagt Heinrich.
Die meisten E-Autos verkaufte BYD
Angeführt wird die Elektroauto-Branche vor allem von zwei Unternehmen: Dem chinesischen Konzern BYD und dem US-Hersteller Tesla. In Bezug auf die verkauften Autos macht BYD das Rennen: Im Jahr 2022 verkaufte der Konzern weltweit 1,8 Millionen Autos, wie eine Statista-Auswertung zeigt. Tesla kam derweil nur auf 1,3 Millionen verkaufte Autos. Mit Blick auf den Umsatz schneidet Tesla etwas besser ab: Das US-Unternehmen von Elon Musk erwirtschaftete 2022 rund 81,46 Mrd. Dollar, während BYD auf 424 Mrd. chinesische Yuan (58,43 Mrd. Dollar) kam.
Der Wettbewerb- und damit Preisdruck unter den Herstellern nimmt zu. „Die amerikanischen, chinesischen und europäischen Hersteller kämpfen derzeit so hart wie noch nie zuvor um Marktanteile“, sagt Plutos-Vorstand Heinrich. Zum Wochenstart verkündete Branchen-Pionier Tesla etwa, die Preise der Modellreihe „Y“ in China zu senken. Dort sind BYD-Autos derzeit deutlich günstiger zu haben. Nur einen Tag später wurde bekannt, dass Tesla neue Editionen der Oberklasse-Reihe „S“ und „X“ auf den kanadischen und US-amerikanischen Markt bringt – mit deutlich weniger Reichweite und dafür einem um 10.000 US-Dollar günstigeren Einstiegspreis. Auf Wochensicht fiel der Kurs der Aktie um knapp 7 Prozent.
Plutos-Vorstand Heinrich ist dennoch überzeugt, dass Tesla gut positioniert ist. „Tesla gehört zu den wohl bekanntesten Unternehmen bei der Entwicklung und Produktion von Elektroautos und ist einer der Pioniere auf dem Markt“, sagt er. „Die Chancen der Aktie sehen weitestgehend positiv aus.“
588 Mio. US-Dollar Nettoverlust
Bei Branchenneuling Vinfast sieht es trotz des geglückten Börsendebüts nicht nur rosig aus. Der Bau eines Werks in den USA verzögerte sich, wie im März bekannt wurde. Die Produktion wird wohl frühestens 2025 beginnen, statt wie geplant bereits 2024. Außerdem erzielt Vinfast noch keine Gewinne: Aufgrund der internationalen Expansion belief sich der Nettoverlust im ersten Quartal 2023 auf 588 Mio. Dollar, der Umsatz brach in der gleichen Zeit um 49 Prozent ein. Auch 2022 verbuchte das Unternehmen unterm Strich 2,1 Mrd. Dollar Minus.
„Vinfast dürfte es sehr schwer haben, im hart umkämpften Elektroautomarkt erfolgreich Fuß zu fassen“, sagt Heinrich. „Wie das Unternehmen im Wettbewerb mit BYD, Tesla und Co. Erfolg haben will, ist mir ein Rätsel.“ Hinzu kommt: Derzeit werden nur wenige Vinfast-Aktien gehandelt, sodass es zu starken Kursbewegungen kommen kann. Anleger sollten daher eher vorsichtig bleiben.