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„Horror-Show“ Robotaxi oder Model 2 – in welche Richtung steuert Tesla?

Ein Mann sitzt am Steuer eines Tesla
Tesla kämpft mit vielen Problemen
© Pond5 Images / IMAGO
Tesla hat keinen guten Lauf: Preiskrieg, schwache Nachfrage und eine veraltete Modellpalette belasten den E-Autobauer – und seinen Aktienkurs. Bei der Vorlage der Quartalszahlen erwarten die Investoren Aussagen darüber, wie Tesla aus der Krise kommen will

Es läuft nicht rund bei Tesla. Elon Musk – Chef und Großaktionär – dürfte am Dienstag das schlechteste Quartalsergebnis verantworten, das der E-Auto-Pionier seit vielen Jahren eingefahren hat. Die Hauptgründe: Die Nachfrage lässt kräftig nach, und in der Branche tobt ein heftiger Preiskrieg. Seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs rund 40 Prozent in die Tiefe gerauscht, von den im Herbst 2021 erreichten Rekordständen ist er meilenweit entfernt.

Anfang April hatte Tesla schwache Absatzzahlen veröffentlicht. In den ersten drei Monaten des Jahres sanken demnach die Auslieferungen im Vergleich zum Vorquartal um 8,5 Prozent auf knapp 387.000 Autos. Tesla muss sich wachsender Konkurrenz erwehren. Außerdem schwächt sich auch wegen der hohen Zinsen die Nachfrage nach E-Autos weltweit ab.

Nach Jahren rasanten Umsatzwachstums, das Tesla zum wertvollsten Autokonzern der Welt machte, kämpft auch der E-Auto-Pionier mit Gegenwind. Die Wirkung von Preissenkungen und Rabatten schwindet mittlerweile, da die Amerikaner ihre in die Jahre gekommene Modellpalette nur langsam auffrischen.

Trotz aller Probleme hat Tesla im ersten Quartal aber mehr E-Autos verkauft als jeder Konkurrent. Das Unternehmen ist an der Börse immer noch knapp 460 Mrd. Dollar schwer. Auf dem zweiten Platz folgt mit großem Abstand Toyota mit 308 Mrd. Dollar. Die deutschen Hersteller Volkswagen, BMW, Mercedes-Benz und Porsche sind weit abgeschlagen.

„Wall Street braucht Antworten“

Musk lässt die Aktionäre seit Monaten darüber im Unklaren, wie genau Tesla in Zukunft wieder kräftig wachsen will. Im Fokus stehen dabei zwei Themen: der inoffiziell „Model 2“ genannte Kleinwagen und autonom fahrende Robotaxis.

Das Model 2 soll zum Preis von 25.000 Dollar auf den Markt kommen und ist deshalb ein wichtiger Hoffnungsträger für einen neuen Wachstumsschub des E-Auto-Herstellers. Berichten zufolge verlangsamt Musk aber die Entwicklung des Model 2 und setzt verstärkt auf selbstfahrende Autos. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge ist das Kleinwagenprojekt sogar vollständig auf Eis gelegt worden.

„Reuters lügt“, schrieb Musk dazu nur bei „X“, und ließ damit nach Einschätzung vieler Börsianer Raum für Spekulationen. Er denke nicht, dass Musk den Bericht zurückgewiesen habe, sagte etwa Gene Munster, Partner beim Vermögensverwalter Deepwater Asset Management. „Er hat das Model 2 nicht erwähnt. Er hat nur gesagt, dass Reuters lügt. Aber er nennt jeden einen Lügner.“

„Die Wall Street will und braucht Antworten“, schrieben die Analysten des Finanzdienstleisters Wedbush Securities. Seit Monaten dauere die „Horror-Show“ schlechter Tesla-Nachrichten an, zu denen zuletzt der Abbau Tausender Stellen kam. Nun brauche es eine klare strategische Vision, „in der das Model 2 ein wichtiger Teil ist“. Ross Gerber, Chef des Vermögensverwalters Gerber Kawasaki Wealth & Investment und Tesla-Aktionär, sagte es noch deutlicher: „Es gibt keinen Grund, in Tesla zu investieren, wenn sie nicht mit dem Auto kommen.“ Und Emmanuel Rosner, Analyst bei der Deutschen Bank, sagte, die Verzögerung beim Model 2 bedeute, dass Tesla auf absehbare Zeit kein günstiges Auto im Programm habe, was jahrelang auf Absatz und Gewinn lasten dürfte.

Kommt das Robotaxi im August? 

Andere Investoren halten es dagegen für eine gute Idee, auf das Model 2 vorerst zu verzichten und stattdessen Robotaxis zu entwickeln. Das könnte für Tesla zum großen Sprung werden, so Vermögensverwalter Munster. Autonome Fahrzeuge versprächen eine deutlich höhere Rendite. Auch Tesla-Investor Jake Bleicher, Portfoliomanager bei Carson Wealth Management, hält es für möglich, dass sich Tesla von chinesischen Rivalen mit einem vollautonomen Fahrzeug absetzen könnte.

Musk hatte angekündigt, das seit Langem in Aussicht gestellte Robotaxi am 8. August vorzustellen. Das autonome Fahrzeug soll auf einer neuen technischen Plattform basieren, die die Produktion effizienter und kostengünstiger machen soll. Musk verspricht schon seit Jahren, dass Teslas autonom fahren werden – und dies den Wert der Wagen und das Geschäftsmodell radikal verändern werde.

Bisher ist die „Autopilot“-Technik in Teslas Elektroautos lediglich ein Fahrassistenz-System, das Kontrolle und Eingreifen durch einen Menschen am Steuer erfordert. Anders als bereits aktive Robotaxi-Anbieter wie die Google-Schwesterfirma Waymo beteuerte Musk stets, er wolle nur Kameras einsetzen und auf die teureren Laser-Radare verzichten, die die Umgebung von Fahrzeugen abtasten. Dieser Ansatz ist bei Fachleuten umstritten. In der Vergangenheit kam es zu Unfällen, nachdem „Autopilot“-Kameras von der Sonne geblendet wurden - während die Fahrer sich zu sehr auf die Technik verließen. In den USA können Tesla-Fahrer derzeit eine fortgeschrittene „Autopilot“-Version mit der Bezeichnung „Full Self-Driving“ („komplett selbstfahrend“) testen. Bisher werden die Wagen trotz des Namens auch damit nicht zu autonom fahrenden Autos.

„Wenn der 8. August kommt und Tesla sagt, wir werden in fünf oder sechs Städten Robotaxis auf die Straße bringen, wird das reichen, den Kurs nach oben zu treiben“, so Investor Bleicher. Musk redet jedoch seit Jahren davon, dass autonome Autos bald kommen. Sollte der Fortschritt ausbleiben, werde dies Investoren verschrecken. „Vor allem, wenn man sich ansieht, dass die Gewinnmargen bei den Tesla-Fahrzeugen seit zwei Jahren dramatisch fallen. Es wird weniger um Autos und mehr um die Versprechen gehen, die Musk macht.“

Das Interview ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland 

ntv.de, mit rts/dpa

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