Bei Apple sieht man wieder einmal, welch einen Unterschied zwei Monate machen können. Am 1. November verkündete Konzernchef Tim Cook noch eine lange Liste von neuen Rekorden – vom Umsatz über den Gewinn bis zur einmalig hohen Zahl neuer Produkte. Am 3. Januar aber gab Cook die erste Gewinnwarnung seit 16 Jahren heraus. Die Amerikaner korrigieren ihre Erwartungen für das laufende Jahr um fünf Milliarden nach unten. Die Aktie brach in wenigen Minuten um zehn Prozent ein. Jetzt reden alle vom „Apple-Schock“.
Auch in der Analyse der Ursachen herrscht seltene Einmütigkeit: Schuld an den Apple-Problemen sei der iPhone-Absatz in China, der zuletzt deutlich schwächelte, weil sich die teuren Geräte immer schlechter gegen die heimischen Handys von Huawei und Xiaomi schlagen. Entscheidet sich also, so könnte man vermuten, das Schicksal von Apple in China? Die Antwort darauf lautet: eher Nein.
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Natürlich müssen die Amerikaner ihre Strategie auf dem wichtigen Absatzmarkt China überdenken. Apple läuft dort Gefahr, sich durch immer teurere iPhones selbst in einen kleinen Nischenanbieter zu verwandeln. Wahr ist aber auch: die ganz große Schlacht schlägt der Konzern in den nächsten Jahren nicht auf dem Hardware-Markt, sondern auf dem Service-Sektor. Bisher macht Apple nur 14 Prozent seines weltweiten Gesamtumsatzes mit seinen Dienstleistungen – von Apple Music über iCloud bis hin zu Apple Pay. Man kann es aber auch umgekehrt sagen: Dort kann der Konzern das größte Wachstum erzielen, während sich der Smartphone-Markt eher seinem Sättigungspunkt nähert.
Netflix kontra Apple
Bisher liegt Apple mit seinen ehrgeizigen Plänen für digitale Dienstleistungen im Plan – sogar in China. Bis 2020 sollen sich die Einnahmen aus diesem Bereich gegenüber 2016 verdoppeln. Und das könnte tatsächlich erst der Anfang sein. Viele digitale Lösungen stehen noch am Anfang ihres Entwicklungspotenzials, wie das Beispiel von Apple Pay zeigt. Bei uns kommt die Möglichkeit, überall mit dem iPhone mobil zu bezahlen, gerade erst auf den Markt. In vielen anderen Ländern steht der Rollout noch aus. Allerdings setzt Apple natürlich nicht allein auf das wachsende globale Geschäft mit digitalen Dienstleistungen. Andere Riesen wie beispielsweise Amazon erhoffen sich auf den gleichen Geschäftsfeldern wie Apple ebenfalls große Chancen. Die Konkurrenz wächst und schläft nicht.
Entscheidend wird sein, ob Apple fremde Anbieter weiter dazu zwingen kann, einen großen Teil ihrer Umsätze und Gewinne abzuliefern. App-Anbieter müssen bis zu 30 Prozent ihrer Einnahmen an Apple überweisen, wenn sie ihre Anwendungen auf das iPhone bringen wollen. Deshalb versuchen immer mehr Unternehmen, wenigstens das Folgegeschäft ohne Apple zu machen. Für Aufsehen sorgte in den letzten Wochen Netflix: Der erfolgreiche Anbieter von Filmen und Serien bietet Abo-Verlängerungen für Apple-Geräte künftig nicht mehr über den iTunes-Shop des Smartphone-Herstellers an, sondern nur noch über seine eigene Website. Apple gehen dadurch eine Viertelmilliarde Dollar an Einnahmen verloren, wie der „Business Insider“ meldete. Natürlich könnte Apple im Gegenzug Netflix auf allen iOS-Geräten blocken – würde sich damit aber den Unmut von Millionen wichtiger Endkunden zuziehen.
Setzt sich Netflix durch, dürften viele andere Anbieter folgen und Apple auf seinem wichtigsten Wachstumsfeld um viele Chancen bringen. Die Aktionäre des amerikanischen Konzerns sollten die Entwicklung genau verfolgen. Hier droht sonst die nächste böse Überraschung. Vielleicht wird man sie den „Netflix-Schock“ nennen.
Die iPhone-Evolution
Fertig: Erste Generation bis iPhone XR: Die iPhone-Evolution
„Apple wird heute das Telefon neu erfinden“, kündigte Jobs an. Dann erschien auf der Leinwand hinter dem Apple-Chef ein iPod mit Wählscheibe. Der Witz verdeutlichte die wahre Revolution des iPhone: Apple eliminierte bei der Benutzung fast vollständig die bis dato gebräuchlichen Eingabehilfen wie Knöpfe, Tastaturen oder Stifte. Das schlicht per Finger bedienbare Multi-Touch-Display demokratisierte wie zuvor schon die Computermaus die Benutzung von Hightech und öffnete sie für Laien. Außerdem wurden Programmierer unabhängig von der starren Infrastruktur. „Knöpfe lassen sich nicht verändern“, sagte Jobs. Um zu erahnen, wie einflussreich die erste Generation des iPhones war, braucht man sich das Telefon bloß anzuschauen. Es sieht selbst zehn Jahre später noch modern aus. Das iPhone ist der Prototyp des modernen Smartphones.
Apple hatte ab dem Sommer 2007 weltweit über sechs Millionen iPhones der ersten Generation verkauft. Schon ein Jahr später legte Jobs nach. Das iPhone 3G wurde am 11. Juli 2008 veröffentlicht. Kunden rissen es den Händlern geradezu aus den Händen. Allein am ersten Wochenende wurden eine Million iPhones 3G verkauft. Es kostete nur rund die Hälfte des ersten Modells, bot dafür aber neue Technik wie GPS und 3G. Im Sommer 2019 folgte das iPhone 3GS. Das „S“ stand für „Speed“.
Der mittlerweile gebräuchliche Jahresrhythmus wurde mit dem iPhone 4 im Juni 2010 fortgesetzt. Jobs würdigte das neue Modell als das dünnste Smartphone aller Zeiten. Mit dem iPhone 4 kam das Selfie-Zeitalter in Fahrt: Es war das erste iPhone mit Frontkamera. Der Nachfolger 4S ist für Apple-Fans auf immer mit einem einschneidenden Ereignis verbunden. Einen Tag nach der Vorstellung am 4. Oktober 2011 starb Steve Jobs.
Das iPhone 5 markierte das Ende einer Ära und den Beginn eines neuen Zeitalters. Es war das letzte Apple-Smartphone, das noch unter der Ägide von Firmengründer Jobs entstanden war. Vollständig für die Entwicklung zuständig war aber sein Nachfolger Tim Cook. Der begann mit dem iPhone 5 eine Tradition. Es wurde im September 2012 vorgestellt. Seitdem hält Apple seine Keynotes meist in diesem Monat ab. Mit dem iPhone 5 führte Apple die Lightning-Schnittstelle ein. Im September 2013 folgten das iPhone 5C und das iPhone 5S.
Apple veröffentlichte im September 2014 gleich zwei neue Smartphones. Die Strategie zahlte sich aus. Das iPhone 6 und das größere iPhone 6 Plus verzeichneten binnen der ersten 24 Stunden über vier Millionen Vorbestellungen. Das war ein neuer Rekord für Apple. Von der achten iPhone-Generation wurden insgesamt rund 220 Millionen Exemplare verkauft. Das macht das iPhone 6 und 6 Plus zum meistverkauften iPhone aller Zeiten. Im September 2015 erschienen die Nachfolger 6S und 6S Plus – erstmals mit der Farboption Roségold.
In der Smartphone-Branche ging der Trend zu immer größeren Geräten. Viele Kunden aber mochten ihre Handys vor allem handlich und vergleichsweise günstiger. Aus diesem Grund war das iPhone 5 nach dem iPhone 6 der größte Bestseller für Apple. Der wurde aber bis 2016 aus dem Handel genommen. Der Nachfolger sollte im März 2016 das iPhone SE (Special Edition) werden. Es wies dieselben Maße wie der Vorgänger auf, verfügte aber über modernere Technik.
Bereits wenige Monate nach dem iPhone SE brachte Apple zwei neue Modelle auf den Markt. Das iPhone 7 und iPhone 7 Plus kamen im September 2016 in den Handel. Die zehnte iPhone-Generation mit iOS 10 stieß auf gemischte Reaktionen. Für Kritik sorgte unter anderem der Verzicht auf den Klinkenstecker für Kopfhörer und Headsets.
Das iPhone 8 und iPhone 8 Plus sorgten im September 2017 für keine Begeisterungsstürme. Größte Neuerung war die Einführung drahtlosen Aufladens. Dazu wurde die Rückseite aus Glas gestaltet. Ansonsten aber empfanden viele Beobachter und Kunden das neue iPhone als ziemlich altbacken. Das hatte seinen Grund.
Der wahre Star der Keynote am 12. September 2017 war nicht das iPhone 8, sondern das iPhone X. Dieses Handy markierte den zehnten Geburtstag des iPhones. Apple wollte mit ihm ein zukunftsweisendes Smartphone auf den Markt bringen und damit im Konkurrenzkampf mit Android-Geräten seine technologische Vormachtstellung unterstreichen. Der neue OLED-Bildschirm war nahezu randlos. Apple eliminierte hierfür den Home Button und führte außerdem Face ID ein. Das hatte seinen Preis: In Deutschland kam das iPhone X ab 1149 Euro auf den Markt.
Am 12. September 2018 stellte Apple-CEO Tim Cook die zwölfte iPhone-Generation vor. Mit dem Start der Modelle XS, XS Max und des günstigeren XR verschwand das Jubiläums-iPhone X nach nicht einmal einem Jahr vom Markt. Das iPhone XS Max ist mit einem Preis ab 1249 Euro das teuerste iPhone aller Zeiten. Den Klinkenadapter müssen Käufer ab jetzt trotzdem separat bezahlen.