Die Zuwanderung nach Deutschland hat sich 2020 deutlich verlangsamt. Rund 109.900 Ausländer wurden laut dem Statistischen Bundesamt eingebürgert . Das waren 19.000 oder 15 Prozent weniger als im Vorjahr. Ein Hauptgrund für den Rückgang war laut den Experten der Brexit. Zwar hätten Briten noch bis Ende 2020 Zeit gehabt, um bei ihrer Einbürgerung in Deutschland die britische Staatsbürgerschaft zu behalten. Angesichts der vielen Unsicherheiten nach dem Brexit-Referendum 2016 hätten sich aber viele Betroffene lieber früher einbürgern lassen.
Rangliste der Einbürgerungen
Die nachlassende Nachfrage aus dem Vereinigten Königreich war den Angaben zufolge für acht Prozent des Einbruchs bei den Einbürgerungen verantwortlich. Die andere Hälfte entfiel demnach auf Auswirkungen der Corona-Pandemie. Sie habe bei den zuständigen Behörden teilweise zu einem Antragsstau geführt, teilte das Statistische Bundesamt mit.
Es verzeichnete im Länder-Ranking nicht nur eine neue Nummer eins, sondern generell viel Bewegung. So gab es auch unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einen neuen Spitzenreiter bei den Einbürgerungen. Jeder vierte neue deutsche Staatsbürger (26 Prozent) stammte aus der EU. Der Rest verteilte sich auf die gesamte Welt. „Im Jahr 2020 ließen sich Menschen mit 173 unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten in Deutschland einbürgern“, teilte die Behörde mit.
Aus diesen Ländern kamen die meisten neuen Deutschen
Aus diesen Ländern kamen die meisten neuen Deutschen
2880 Afghanen sind 2020 zu deutschen Staatsbürgern geworden. Ihr Herkunftsland lag damit auf Platz zehn der Länder, aus denen die meisten neuen Deutschen stammten. Das Statistische Bundesamt zählte 1695 Männer und 1180 Frauen. Sie hatten vor der Einbürgerung im Durchschnitt seit knapp elf Jahren in Deutschland gelebt und waren im Schnitt 28,4 Jahre alt. Afghanistan lag in der Rangliste vor Serbien (2765 Einbürgerungen) und Griechenland (2650).
Aus dem Kosovo stammten 2020 genau 3440 neue deutsche Staatsbürger. Die 1840 Männer und 1600 Frauen lebten durchschnittlich seit 16,4 Jahre in der Bundesrepublik und waren 27,3 Jahre alt. Sie lagen damit deutlich unter dem Altersdurchschnitt bei den Einbürgerungen. Er belief sich 2020 auf 33,5 Jahre.
Der Iran belegte im Ranking mit 3965 Einbürgerungen den achten Platz. Er war das erste Land, aus dem mehr Frauen (2000) als Männer (1965) zu Deutschen wurden. Die neuen Bürger waren im Schnitt 35,5 Jahre alt und seit vergleichsweise kurzen 9,5 Jahre im Land.
Italiener in Deutschland lassen sich mit der neuen Staatsbürgerschaft Zeit. Das Statistische Bundesamt registrierte 4075 Neubürger (2065 Männer, 2015 Frauen), die durchschnittlich bereits seit knapp 28 Jahren in Deutschland gelebt hatten. Das spiegelte sich auch im überdurchschnittlichen Alter wider: 37,8 Jahre alt.
Ganz anders sah der typische im Irak geborene Deutsche aus. Er war durchschnittlich 24,9 Jahre alt und hatte seit 10,6 Jahren in der Bundesrepublik gelebt. Der Irak lag mit 4770 Einbürgerungen (2650 Männer, 2120 Frauen) auf Platz sechs der Herkunftsländer.
Der Brexit-Run nach Deutschland ist vorbei. Das hinterlässt in der Statistik deutliche Spuren. Gut die Hälfte des Einbruchs bei den Einbürgerungen insgesamt ist laut den Statistikern auf die gesunkene Nachfrage aus dem ehemaligen EU-Spitzenreiter 2017 bis 2019, dem Vereinigten Königreich, zurückzuführen. „2020 wurden nur noch 4900 britische Staatsangehörige eingebürgert, das waren 9700 oder knapp zwei Drittel (minus 66 Prozent) weniger als 2019“, teilte die Behörde nach dem Rekordjahr 2019. Die Statistiker zählten 2020 deutlich mehr britische Männer (2990) als Frauen (1940), die sich einbürgern ließen. Sie lebten im Schnitt seit knapp 23 Jahren in Deutschland und gehörten mit 47,5 Jahren zu den ältesten neuen Staatsbürgern. Getoppt wurde das Durchschnittsalter von der Schweiz und Luxemburg (je 48,6 Jahre), Österreich (50,9 Jahre), Schweden (54,1 Jahre) und Finnland (55,0 Jahre).
Seit dem EU-Beitritt Polens im Jahr 2004 hat unser Nachbar innerhalb der Gemeinschaft viele Jahre lang die meisten neuen deutschen Staatsbürger gestellt. Er wurde 2017 im Vorfeld des Brexits durch das Vereinigte Königreich abgelöst. Aber auch nach dem britischen EU-Austritt ist Polen innerhalb der Europäischen Union nicht mehr die Nummer eins bei den Einbürgerungen. 5000 neue Staatsbürger (3435 Frauen und 1565 Männer) reichten nur für Platz zwei in der EU und für Rang vier in der Gesamtliste. Die gebürtigen Polen waren im Schnitt 14 Jahre in Deutschland und 37,5 Jahre alt.
Rumänien war 2020 erstmals das EU-Mitgliedsland, aus dem die meisten neuen deutschen Staatsbürger stammten. Die Statistiker zählten 5930 Einbürgerungen. Hier waren wie bei den Polen die Frauen deutlich in der Überzahl (3620 verglichen mit 2310 Männern). Rumänen wurden vergleichsweise schnell zu Deutschen. Sie lebten im Schnitt etwas weniger als zehn Jahre in der Bundesrepublik und waren 31,8 Jahre alt.
Die Zahl der eingebürgerten Syrer ist 2020 gegen den Trend stark gestiegen. Sie erhöhte sich um 74 Prozent von 3900 auf 6700 Einbürgerungen (4125 Männer, 2575 Frauen). „Vor fünf Jahren waren es noch 2000 Einbürgerungen gewesen“, blickte das Statistische Bundesamt zurück. Das kriegsgepeinigte Land lag damit 2020 zum ersten Mal auf Platz zwei der Rangliste. Die Experten erwarteten für die nächsten Jahre weiter steigende Zahlen. Immer mehr der zwischen 2014 und 2016 eingereisten syrischen Schutzsuchenden würden dann die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen. Die neuen Deutschen waren im Schnitt nur 7,5 Jahre im Land und mit durchschnittlich 24,6 die Jüngsten in dieser Rangliste. „Bei rund 22 Prozent der im Jahr 2020 eingebürgerten Syrerinnen und Syrer war die Mindestaufenthaltsdauer wegen besonderer Integrationsleistungen verkürzt worden“, erklärten die Statistiker.
„Wie bereits in den Vorjahren wurden auch 2020 insgesamt am häufigsten Türkinnen und Türken eingebürgert“, teilte das Statistische Bundesamt mit. „Allerdings war bei Einbürgerungen türkischer Staatsangehöriger ein deutlicher Rückgang gegenüber 2019 zu verzeichnen und zwar um mehr als ein Viertel (minus 28 Prozent).“ Trotzdem wurden fast noch doppelt so viele Türkinnen (5530) und Türken (6100) eingebürgert als Syrer. Sie waren durchschnittlich 28,5 Jahre alt und lebten im Schnitt seit 22,4 Jahren in Deutschland. Am anderen Ende der Rangliste fanden sich lediglich 95 eingebürgerte Dänen oder 30 Luxemburger (gemessen an der geringen Einwohnerzahl aber doch ein vergleichsweise hoher Wert). Schlusslicht der Nationenwertung waren 2020 Malta mit zehn und die Britischen Überseegebiete mit fünf neuen Deutschen.