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Leserfrage Wirkt sich der Brexit auf meine britische Lebensversicherung aus?

Die Spaltung zwischen Remain und Leave wird die britische Politik jahrelang prägen
Die Spaltung zwischen Remain und Leave wird die britische Politik jahrelang prägen
© Getty Images
Mehr als 500.000 Deutsche besitzen eine britische Lebensversicherung. Auf was müssen sich diese Kunden einstellen, wenn Großbritannien Ende März 2019 die EU verlässt?

Ja, sehr wahrscheinlich. So ganz genau weiß zwar noch niemand, wie der Austritt der Briten aus der Europäischen Union laufen wird. Klar ist aber: Wenn die Briten am 29. März den Binnenmarkt ohne eine Vereinbarung verlassen, verlieren Versicherer mit Sitz im Vereinigten Königreich (England, Schottland, Wales und Nordirland) das Recht, in der EU Geschäfte zu machen.

Im schlimmsten Fall eines ungeregelten Brexits kann das für Kunden mit britischen Policen bedeuten, dass der Anbieter keine Beiträge mehr annehmen darf und – was noch unangenehmer ist – auch keine Leistungen auszahlen. Das träfe viele Deutsche: Mehr als eine halbe Million besitzen derzeit Lebensversicherungen von Standard Life (Sitz: Edinburgh), Clerical Medical (heute Scottish Widows Limited, Sitz: London) oder Friends Provident (Sitz: Salisbury). Denn Ende der 90er-Jahre verkauften britische Anbieter gut auf dem deutschen Markt.

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Was ist also mit bestehenden Policen deutscher Kunden? Um die Brexit-Folgen zu umgehen, behelfen sich die Briten mit einem Kniff: Standard Life etwa überträgt deutsche Verträge vor dem Austrittstermin einer Tochter in Dublin, planmäßig Anfang 2019. Das Verfahren ist eingeleitet. Ähnliche Pläne hat Scottish Widows im Juli für deutsche Clerical-Medical-Policen veröffentlicht, heute heißt es indes eher vage, man werde die „Kunden auf dem Laufenden halten“.

Mit dem Policen-Transfer wollen die Unternehmen sicherstellen, dass nach dem Brexit die Regeln des Binnenmarktes weiter gelten: Für die Verträge gilt deutsches Recht, die Finanzaufsicht übernimmt das Sitzland des Anbieters. Die Krux: Der Transfer muss nach britischem Recht von einem unabhängigen Sachverständigen begutachtet und gerichtlich abgesegnet werden – so verlangt es das sogenannte Part-VII-Verfahren. Und das zieht sich hin.

Wer eine britische Police besitzt und bisher noch keine Informationen zum Brexit hat, sollte sich jetzt unbedingt beim Versicherer erkundigen. Die Zeit drängt. Einzig Kunden der Canada Life müssen sich nicht sorgen: Das Unternehmen hat seinen Sitz in Dublin.

Auch wenn die Übertragungen der Portfolios glücken, hat das Nachteile für die Versicherten: Sie verlieren ihren bisherigen Insolvenzschutz, denn bei Pleiten in Großbritannien springt der Entschädigungsfonds FSCS für Kundenansprüche ein. In Irland gibt es keine vergleichbare Regelung. Im Fall der Standard Life beurteilt der Sachverständige die Pleitegefahr immerhin als gering.

Tatsächlich ergibt es keinen Sinn, eine rentable Lebensversicherung zu kündigen, bloß weil sich der Insolvenzschutz verschlechtert. Die Brexit-Wirren können aber sehr wohl ein Anlass sein, den Ertrag der Brit-Police noch einmal gründlich zu prüfen – sicher ist sicher.

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