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Aktien Wer vom Ölpreisverfall profitiert

Während die Aktien der Ölkonzerne in die Tiefe rutschen, profitieren Fluglinien und Konsumgüterhersteller vom Preisrutsch beim Öl.

Der Ölpreis befindet sich seit Monaten im freien Fall. Im Juni kostete ein Barrel der Nordseesorte Brent noch 115 Dollar je Barrel, seitdem ist der Preis unter die Marke von 60 Dollar abgesackt. Bei der US-Sorte WTI sieht es nicht viel besser aus. Seit Juni ist der Preis je Barrel von rund 107 auf knapp 55 Dollar gestürzt und hat sich damit fast halbiert. Grund für den Preisverfall ist ein Überangebot am Markt: Die schwache Konjunktur drückt auf die Nachfrage, gleichzeitig bleibt die Fördermenge weltweit hoch.


Ein Ende des Preissturzes ist nicht in Sicht. Die Vereinigten Staaten wollen zwar im kommenden Jahr weniger Öl fördern als geplant. Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) entschied sich aber bei ihrer letzten Sitzung Ende November dagegen, die Fördermenge zu reduzieren. „Die OPEC stemmt sich massiv dagegen, Marktanteile zu verlieren. Diese Strategie könnte den Fall des Ölpreises sogar noch beschleunigen“, sagt Michael Winkler, Anlagestratege der St. Galler Kantonalbank.


Der Preisverfall bringt viele Verlierer hervor. Russland etwa, das nicht Mitglied der Opec ist, hatte seinen aktuellen Staatshaushalt auf Grundlage eines deutlich höheren Ölpreises kalkuliert. Der aktuelle Dumpingpreis reißt ein Milliardenloch in den russischen Haushalt. Opec-Mitgliedsländer wie Algerien oder Iran haben ebenfalls mit schrumpfenden Einnahmen zu kämpfen. Bei der letzten Sitzung des Kartells hatten sich die wohlhabenden Golfstaaten durchgesetzt, deren Entscheidung keineswegs allen Opec-Ländern zugutekommt. Auch Ölförder-Unternehmen leiden. Der Aktienkurs des russischen Gas- und Ölriesen Gazprom ist seit Ende Juni um fast 40 Prozent gefallen.

Airlines rechnen mit höheren Gewinnen

Sogar Unternehmen, die auf den ersten Blick vom billigen Öl profitieren dürften, haben jetzt wenig Grund zum Feiern. Zum Beispiel Chemiekonzerne wie BASF: Einerseits beschert ihnen der gesunkene Ölpreis niedrigere Rohstoffkosten. Andererseits müssen sie die Kostenersparnis wegen des harten Wettbewerbs in der Branche an ihre Kunden weitergeben, sie haben also letztlich nicht viel davon.


In einigen Branchen herrscht allerdings ungetrübte Freude über das billige Öl. Fluggesellschaften rechnen dank des gesunkenen Ölpreises mit höheren Gewinnen. Der internationale Luftfahrtverband IATA hat seine Gewinnprognose für die gesamte Branche Anfang Dezember nach oben korrigiert. Im kommenden Jahr dürfte der Gewinn demnach bei 19,9 Mrd. Dollar liegen, statt wie im Juni prognostiziert bei rund 18 Mrd. Dollar. Für das kommende Jahr erwarten die IATA-Experten einen Branchengewinn von 25 Mrd. Dollar.


Die Prognose macht Aktien von Fluggesellschaften für Anleger interessant. Investoren sollten aber die Probleme nicht aus den Augen verlieren, die den Aktienkursen von Luftfahrtunternehmen doch noch einen Dämpfer verpassen könnten: Etablierte Fluggesellschaften leiden unter der Konkurrenz durch Billigflieger, und der Branchenriese Lufthansa hatte im laufenden Jahr mit teuren Pilotenstreiks zu kämpfen.

Wie eine Steuersenkung für Verbraucher

Der größte Profiteur des niedrigen Ölpreises könnte die Konsumgüterbranche sein. Der niedrige Ölpreis wirke wie eine Steuersenkung für Verbraucher, erklären die Experten der Privatbank M.M. Warburg. Diese haben in der Folge mehr Geld im Portemonnaie, das sie ausgeben können. US-Konsumenten etwa würden, wenn der Ölpreis dauerhaft nicht über 70 Dollar je Barrel steigt, um 180 Mrd. Dollar entlastet, was rund einem Prozent der US-Wirtschaftsleistung entspreche. „Von daher sollte der private Konsum im nächsten Jahr um etwa drei Prozent zulegen können und damit der Wachstumsmotor der US-Wirtschaft sein“, heißt es im Konjunkturausblick der Bank.


Noch ist allerdings nicht ausgemacht, dass der Ölpreis in den kommenden Monaten tatsächlich als Katalysator für den Konsum fungieren wird. Das billige Öl werde die ohnehin niedrige Inflation in vielen Ländern weiter drücken, befürchtet Robert Spector, Portfoliomanager beim Fondsanbieter MFS. Die Eurozone könnte dadurch sogar noch näher an eine leichte Deflation rücken. Zusammen mit einem niedrigen Wirtschaftswachstum und hohen Staatsschulden steige dadurch das Risiko für eine weitere Schuldenkrise.


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