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Ungewöhnlicher Aktienindikator Wenn Xi Jinping eine Firma besucht, treibt das den Aktienkurs

Chinas Präsident Xi Jinping beim Besuch einer Chemiefabrik
Chinas Präsident Xi Jinping beim Besuch einer Chemiefabrik
© IMAGO / Xinhua
Präsident Xi Jingping ist in China ein allmächtiger Mann. Stattet er einem Unternehmen einen Besuch ab, hilft das dem Aktienkurs, haben Forscher herausgefunden

Chinas Präsident besucht gerne Schulen, Infrastrukturprojekte und Fabriken. Xi Jingping wird dabei von den Staatsmedien von bewundernden Blicken umgeben gezeigt – und ausgebuffte Anleger können sich künftig fragen, ob sie nicht die Aktien der Unternehmen kaufen sollten, die Xi besucht.

Denn Forscher von der Universität Tokio haben herausgefunden, dass diese Auftritte den Aktienkurs der Firmen tendenziell nach oben treiben. Die Wissenschaftler haben für ihre Studie, auf die der „Economist“ hinweist, Besuche von hochrangigen Funktionären der Kommunistischen Partei Chinas von 2002 bis zum vergangenen Jahr in Firmen, die an den Börsen in Schanghai und Shenzen gelistet sind, herangezogen.

Um den Effekt auf die Aktienkurse herauszufinden, wählten die Forscher einen komplexen Ansatz. Sie ermittelten die sogenannten „abnormalen Renditen“ dieser Aktien. Hinter dem Begriff steht ein Effekt in der Finanzwirtschaft – er tritt ein, wenn eine tatsächlich erzielte Rendite anders ist als die erwartete, die etwa aufgrund einer Modellrechnung vorhergesagt wurde. Gründe für die Abweichungen sind überraschende Ereignisse. Das können beispielsweise die Ankündigung einer Fusion, die Bekanntmachung einer Dividende oder auch Zinserhöhungen sein.

Die Forscher maßen also die tatsächlichen Gewinne aus Investitionen in Aktien der besuchten Unternehmen und verglichen sie mit den Renditen, die zu erwarten gewesen wären, wenn der Besuch nicht stattgefunden hätte. Sie schauten sich dafür den Zeitraum von einer Woche vor bis einer Woche nach dem Besuch an.

Staatsbetriebe profitieren nicht

Bei Xi waren die Ausschläge mit Abstand am deutlichsten. Der Wert kletterte bei ihm auf nahezu 6 Prozent. Bei Li Keqiang, langjähriger Ministerpräsident unter Xi, erreichte die „abnormale Rendite“ immerhin 3,5 Prozent. Xis Vorgänger Hu Jintao und dessen Premier Wen Jiabao kommen auf 2,2 und 1,3 Prozent.

Die große Wirkung eines Besuchs von Xi könnte dem „Economist“ zufolge durch seine Politik erklärt werden. Unter seiner Führung bemühe sich die chinesische Regierung sehr viel stärker, Investitionen in bestimmte Bereiche zu lenken. Ein Besuch Xis kann also zeigen, dass es sich um ein Unternehmen handelt, das zu den Gewinnern gehört.

Den Forschern zufolge profitieren staatlich kontrollierte Unternehmen nicht von diesem Effekt – möglicherweise, weil sie ohnehin von der Regierung gefördert werden. Zu sehen sei er bei privaten Unternehmen, die in der Wertschätzung der Kommunistischen Partei einen geringeren Stellenwert einnehmen. Sie dürften nach einem Besuch des Präsidenten etwa leichter Bankkredite erhalten.

Dass die Aufmerksamkeit von Staatschefs den Börsenwert von Unternehmen steigert, ist auch außerhalb Chinas festzustellen. Wissenschaftler der Universität von Illinois entdeckten das Phänomen nach Firmenbesuchen von US-Präsidenten. Diese „abnormalen Renditen“ fallen im Vergleich zu China aber mager aus – im Schnitt lagen sie bei nur 0,4 Prozent.

Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen

ntv.de/Jan Gänger

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