Leserfrage Was tun, wenn mein ETF die Gewinnverwendung ändert?

ETFs erfreuen sich bei Anlegern wachsender Beliebtheit
ETFs erfreuen sich bei Anlegern wachsender Beliebtheit
© Getty Images
Mein ETF-Anbieter hat die Ertragsverwendung meines Fonds umgestellt – von „thesaurierend“ auf „ausschüttend“. Soll ich verkaufen oder umschichten?

Zehntausend Anleger, die Geld in ETFs des Anbieters Comstage gesteckt haben, erhielten in den vergangenen Wochen Post: Die Commerzbank-Tochter stellt die Ertragsverwendung von 110 ETFs von „thesaurierend“ auf „ausschüttend“ um. Das heißt: Der Anbieter legt die Zinsen und Dividenden der in den ETFs enthaltenen Wertpapiere nicht automatisch wieder an, sondern schüttet sie regelmäßig in bar aus.

Die neue Capital erscheint am 19. April
Die aktuelle Capital

Bei vielen Capital-Lesern warf dies die Frage auf: Was tun? Ob diese Umstellung für Anleger von Bedeutung ist, hängt vor allem von der Bequemlichkeit und dem Anlageziel ab. Wer sein Geld etwa langfristig anlegen will, für den hatte die nun bei den 110 ETFs gekippte Ertragsverwendung „Thesaurierung“ Vorteile: Durch die regelmäßige Wiederanlage der Zinsen und Dividenden greift der Zinseszinseffekt, der den Wert eines Fondsanteils immer weiter klettern lässt. Dieser Effekt ist wünschenswert für Anleger, die viele Jahre Zeit haben, indem sie etwa für die Rente vorsorgen oder für ihre Kinder Gelder über einen Sparplan zurücklegen. Für sie sind die Barausschüttungen der Erträge meist lästig, da sie kaum verzinst auf dem Verrechnungskonto herumliegen oder gebührenpflichtig neu angelegt werden müssen.

Ein Blick auf den Dax illustriert die Bedeutung: Lässt man Steuern und Gebühren in einem Rechenbeispiel außen vor, hätte ein vor 30 Jahren erworbener thesaurierender ETF zur Gründung des Dax bei 1000 Punkten 100 Euro gekostet und wäre heute rund 1200 Euro wert. Ein ausschüttender Dax-ETF stünde bei nur 560 Euro. Anleger hätten aber seitdem alle aufgelaufenen Dividenden ausgeschüttet bekommen.

Auch dieses Profil eines ausschüttenden ETFs kann wünschenswert sein. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Anleger eine regelmäßige Ausschüttung wünscht, etwa für den Konsum, ohne dafür gesondert Gebühren für Teilverkäufe bezahlen zu müssen. Umgekehrt sollte ein Anleger vor allem dann darüber nachdenken, lieber zu einer thesaurierenden Variante zu greifen oder in eine solche umzuschichten, wenn er langfristig und bequem Vermögen aufbauen will.

1546 ETFs gibt es aktuell in Deutschland. Rund 60 Prozent von ihnen thesaurieren Erträge, die übrigen 40 Prozent schütten sie aus. Umstellungen der Ertragsverwendung werfen immer wieder Fragen auf
Capital

Für die thesaurierende Variante gibt es zudem noch eine Chance auf einen kleinen Steuerstundungseffekt, wenn der ETF sich sehr gut entwickelt. Grundsätzlich ist die Ertragsverwendung für die Gesamtrendite durch das seit 1. Januar 2018 geltende Investmentsteuergesetz aber weit weniger wichtig als früher. Thesaurierende wie ausschüttende Fonds werden steuerlich weitgehend gleichgestellt – entweder indem die Ausschüttung besteuert wird oder aber eine Vorabpauschale greift, wenn die Erträge thesauriert werden. In keinem Fall aber ist die Umstellung der 110 ETFs Anlass für hektische Betriebsamkeit, zumal auch Umschichtungen Gebühren kosten.

Schicken Sie den Experten der Capital-Redaktion Ihre Frage zu Geld, Recht, Steuern, Versicherung oder Vorsorge: geldwert@capital.de

Mehr zum Thema

Neueste Artikel