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Weltwirtschaft Warum der Handelskrieg das größte Marktrisiko bleibt

Beim G20-Gipfel in Buenos Aires Anfang Dezember 2018 vereinbarten Chinas Präsident Xi Jinping (l.) und US-Präsident Donald Trump (r.) eine Art Waffenstillstand im Handelskrieg
Beim G20-Gipfel in Buenos Aires Anfang Dezember 2018 vereinbarten Chinas Präsident Xi Jinping (l.) und US-Präsident Donald Trump (r.) eine Art Waffenstillstand im Handelskrieg
© dpa
China und die USA sitzen am Verhandlungstisch, aber die Gespräche laufen zäh. Die Frage ist, ob sich Donald Trump mit einem pragmatischen Deal zufrieden gibt – oder ob er die grundlegenden Machtverhältnisse klären will

Im Handelskrieg zwischen den USA und China herrscht momentan Waffenruhe. US-Präsident Donald Trump stieß in den vergangenen Wochen keine Drohungen mehr gegen die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt aus, China konterte denn auch nicht mit ebenso scharfen Repliken. Die beiden Konfliktparteien haben sich zusammen an einen Tisch gesetzt. Bis zum 1. März haben die Verhandlungsführer Zeit, den Handelsstreit beizulegen.

Findet sich keine einvernehmliche Lösung, wollen die Vereinigten Staaten die Strafzölle auf diverse chinesische Waren von zehn auf 25 Prozent anheben. Trump zeigt sich zuversichtlich, diese erneute Eskalation vermeiden zu können. Er werde „den größten Handelsdeal aller Zeiten“ einfädeln, erklärte er. Doch der Optimismus des US-Präsidenten täuscht: Die Verhandlungen laufen zäh, eine Lösung des Konflikts ist nach wie vor in weiter Ferne.

Letztlich geht es im Handelskrieg nicht nur um Handelsbeziehungen. Es geht vielmehr um die Frage, welches der beiden Länder künftig auf der internationalen Bühne den Ton angibt. China und die USA haben völlig unterschiedliche Wirtschaftssysteme und arbeiten beide daran, die Spitzenposition in der globalen Wirtschaft einzunehmen beziehungsweise zu verteidigen. So investiert China in großem Stil in Zukunftstechnologien wie Robotik. Washington will das Land dazu bringen, seine Forschungen auf diesem Feld mit gebremstem Schwung fortzusetzen – ein Ansinnen, das die chinesische Regierung ablehnt. „Aus Pekings Sicht versucht die Trump-Regierung, chinesische Prestigeprojekte und den Aufstieg des Landes zur führenden Industriemacht zu torpedieren“, erklärt Robert Mann, Portfoliomanager beim Investmenthaus Nikko Asset Management.

Trump unter Druck

In Grundsatzfragen zeigt sich Chinas Führung entsprechend unnachgiebig. Bei einzelnen Punkten, die konkret den Handel betreffen, gibt sie sich dagegen zunehmend kompromissbereit. Das dürfte vor allem daran liegen, dass die US-Strafzölle der chinesischen Wirtschaft zu schaffen machen. „China hatte zuletzt versucht, die heimische Wirtschaft von ihrem überwiegend kreditgetriebenen Wachstum zu lösen. Der Handelsstreit kam daher zur Unzeit“, sagt Mann. Das chinesische Wirtschaftsmodell komplett umzukrempeln sei auch ohne Störfeuer aus den USA schwierig genug.

Die Frage ist, ob Trump ein teilweises Entgegenkommen genügt, etwa eine Zusicherung aus Peking, künftig mehr US-Güter zu kaufen. Axel Angermann, Chefvolkswirt der Feri-Gruppe, hält das nicht für ausgeschlossen. Auch die US-Wirtschaft leidet nämlich unter dem Handelskrieg. Erstens kann China Importgüter aus den USA besser durch Produkte aus anderen Ländern ersetzen als umgekehrt: Das Land bezieht von den Vereinigten Staaten vor allem Agrarprodukte, die USA kaufen in China dagegen unter anderem Handy-Bauteile. Zweitens leiden US-Farmer unter Umsatzeinbußen. „Das könnte Trump dazu bewegen, den Konflikt nicht um jeden Preis weiter zu verschärfen“, sagt Angermann.

Vorsicht vor plötzlichen Kurskorrekturen

Eine pragmatische Einigung würde den Grundkonflikt nicht aus der Welt schaffen – das Aufeinanderprallen zweier gegensätzlicher Wirtschaftsmächte mit Führungsambitionen. Bis zur nächsten Konfrontation wäre es wohl nur eine Frage der Zeit, sagen Ökonomen. Der Handelskrieg bleibt also bis auf weiteres eines der größten Marktrisiken. Tritt er in eine neue Eskalationsphase ein, könnte das die Aktienmärkte erneut zum Einbrechen bringen. Entspannt sich die Lage dagegen, dürften Investoren rund um den Globus aufatmen – und die Aktienkurse steigen.

Eine Einigung käme nicht nur chinesischen Aktien zugute. Auch europäische Werte und US-Aktien würden davon profitieren, ist Sébastien Galy, Stratege bei Nordea Asset Management, überzeugt. „Das liegt daran, dass beide Regionen starke wirtschaftliche Interessen in China verfolgen“, sagt er. Schwellenländer-Aktien dürften ebenfalls Rückenwind bekommen, wenn der Handelskrieg endet. Bis dahin gilt für Anleger allerdings: Vorsicht vor erhöhten Marktschwankungen und plötzlichen Kurskorrekturen.

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