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Anleihen Unternehmensanleihen liegen im Trend

Wegen der Zinsschwäche investieren immer mehr Privatanleger in Unternehmensanleihen. Vor allem Anleihe-ETFs erfreuen sich wachsender Beliebtheit

Die US-amerikanische Ratingagentur Moody’s erwartet für dieses Jahr einen neuen Rekord bei den Anleiheemissionen. Deutsche Unternehmen könnten bis Jahresende Anleihen mit einem Gesamtvolumen von mehr als 100 Mrd. Euro begeben. Ein großer Teil dieser frischen Anleihen wird voraussichtlich auf die Chemie- und Automobilindustrie entfallen. Der Dieselskandal bei Volkswagen sowie Bayers Übernahme von Monsanto dürften den Kapitalbedarf beider Branchen weiter erhöhen, sagen die Moody’s-Analysten.

Matthias Hellstern, Deutschland-Geschäftsführer der Ratingagentur, nennt zwei Hauptgründe für die rege Emissionstätigkeit. Der erste sind die anhaltend niedrigen Zinsen in der Eurozone: Notenbank-Präsident Mario Draghi erklärte im Juli, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins bis auf weiteres auf dem aktuellen Rekordtief von null Prozent belässt. Ihr Ziel einer Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent konnte die EZB nicht erreichen.

Der zweite Grund ist das EZB-Programm der quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE). Dabei handelt es sich um eine geldpolitische Maßnahme, die über Anleihekäufe das Bankensystem mit billigem Geld versorgen soll. Notenbanken greifen zu diesem Instrument, wenn das Zinsniveau bereits nahe null Prozent ist und sie das Wirtschaftswachstum zusätzlich ankurbeln wollen. Seit einem Jahr kauft die EZB im Rahmen von QE neben Staatsanleihen auch Schuldtitel von Unternehmen mit Investment-Grade-Rating auf. Bisher hat sie Anleihen bonitätsstarker Unternehmen im Wert von rund 61 Mrd. Euro gekauft.

Schulden treiben Emissionstätigkeit

Die Rekord-Emissionstätigkeit am Anleihenmarkt entspringt zudem einem beträchtlichen Refinanzierungsbedarf bei den Unternehmen. Moody’s hat 367 Industrieunternehmen mit Schulden von insgesamt 3000 Mrd. US-Dollar analysiert. Zwischen 2018 und 2021 werden davon 1000 Mrd. Dollar fällig – ebenfalls ein neuer Rekord. Mehr als die Hälfte dieser Schulden entfällt auf Unternehmen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien.

Versorger und Energiekonzerne tragen die größte Schuldenlast, gefolgt von Telekommunikations- und Transportunternehmen. Marktanalysten erwarten jedoch, dass die Schuldner die meisten ihrer Bonds problemlos durch neue Anleihen refinanzieren können. Günstige Rahmenbedingungen am Anleihemarkt machen das möglich.

Staatsanleihen der Eurozone bringen zurzeit keine oder sogar negative Renditen und sind damit ein schlechtes Geschäft. Als Alternative bieten sich Unternehmensanleihen an, die im Vergleich noch akzeptable Renditen abwerfen.

Sehr beliebt: Unternehmensanleihe-ETFs

Das sehen offenbar viele Anleger so. Im vergangenen Jahr floss erstmals mehr Geld in börsengehandelte Indexfonds (ETFs), die Anleihe-Indizes nachbauen, als in solche, die auf Aktienindizes setzen. Vor allem Unternehmensanleihe-ETFs waren beliebt: Die Produkte sammelten im Jahr 2016 europaweit 16 Mrd. Euro ein, zeigen Zahlen der französischen Investmentgesellschaft Amundi. Staatsanleihe-ETFs verzeichneten im selben Zeitraum Zuflüsse von gerade einmal 1 Mrd. Euro. Mit Indexfonds können Anleger günstig und breit gestreut in Anleihen investieren. Niedrige Kosten sind bei Renten-Investments im Niedrigzinsumfeld besonders wichtig, sie machen sich in der Performance direkt bemerkbar.

Langfristig könnten für Anleger sogenannte Floating Rate Notes interessant werden. Das sind variabel verzinste Anleihen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Anleihen wird der Kupon bei Floatern periodisch an einen Referenzzinssatz angepasst. So bieten die Papiere einen gewissen Schutz vor steigenden Zinsen. Ökonomen gehen davon aus, dass die EZB den ersten Zinsschritt im Jahr 2019 wagen wird. Auf der anderen Seite des Atlantiks hat die US-Notenbank den Leitzins zuletzt im Juni um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Weitere Zinserhöhungen in den USA dürften den Druck auf die EZB erhöhen, es der Fed gleichzutun.

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