Am nahenden Heiligabend dürfte unter vielen Weihnachtsbäumen in Deutschland das Lerntablet Storio liegen. Kinder sollen damit lesen und schreiben üben, können Filme schauen und sich von dem Gerät Geschichten vorlesen lassen. Das Kinder-Tablet des Hongkonger Telekommunikations- und Lernspielzeugkonzerns VTech ist einer der Verkaufsschlager im diesjährigen Weihnachtsgeschäft. Auch die Tiptoi-Lernsysteme von Ravensburger kommen gut an. Dabei tippen Kinder mit einem elektronischen Stift auf spezielle Bilder oder Texte in einem Buch, einem Spiel oder auf einem Puzzle und können Geräusche, Musik oder gesprochene Texte ertönen lassen.
Das Weihnachtsgeschäft 2014 lässt sich für die Spielzeughersteller gut an. Wie die Bilanz nach den Festtagen aussehen wird, lässt sich zwar noch nicht abschätzen. Spielwarenunternehmen erzielen im Schnitt rund 40 Prozent ihrer Jahresumsätze im November und Dezember. „Wenige Tage können also das Bild komplett ändern“, sagt Joachim Stempfle, Spezialist für Spielwaren beim Marktforschungsunternehmen Npdgroup. Läuft alles glatt, dürfte die Branche das Jahr mit einem Umsatzplus von vier Prozent gegenüber 2013 abschließen, trotz der immer noch schwachen Konjunktur. „Selbst in den schwierigen vergangenen Jahren hat sich der Spielwarenmarkt gut entwickelt“, sagt Stempfle: „Bei Kindern wird zuletzt gespart.“
Viele Firmen sind nicht börsennotiert
Es wäre schön, wenn die Aktien von Spielzeugherstellern Anlegern genauso viel Freude bereiten würden wie die Spielzeuge den Kindern. Das ist allerdings nicht so. Für Investoren ist die Spielwarenindustrie vielmehr ein unsicheres Terrain. Aktien von Spielzeugunternehmen sorgen weit häufiger für Enttäuschung als für glänzende Augen – sogar in der Weihnachtszeit.
Ein Grund: Während Kinder im Spielzeuggeschäft die Qual der Wahl haben, können Investoren nur aus einer Handvoll Titeln wählen. In Deutschland dominieren mittelgroße Unternehmen den Spielzeugmarkt, die entweder nicht in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft organisiert oder deren Aktien nicht an der Börse notiert sind. Die Simba Dickie Group etwa, die im vergangenen Jahr den Modelleisenbahnbauer Märklin übernommen hat, ist eine GmbH. Zu den wenigen börsennotierten Ausnahmen gehört der oberfränkische Puppenhersteller Zapf Creation, der für seine „Baby Born“-Puppen bekannt ist. Dessen Aktie ist allerdings nicht gerade ein lohnendes Investment: Um die Jahrtausendwende herum hatte der Kurs des Papiers mal bei über 200 Euro gelegen. Nach anhaltenden Verlusten bei Zapf und einem Kapitalschnitt im Sommer 2013 verkam die Aktie zum Pennystock. Mittlerweile steht sie bei rund 2,50 Euro.
Auch auf dem internationalen Börsenparkett gibt es wenig Auswahl für Spielzeug-Anleger. Der dänische Bauklötzchenriese Lego, der im ersten Halbjahr 2014 einen Rekordumsatz von 1,5 Mrd. Euro erzielen konnte, hat keine Börsennotierung. Von der Marktkapitalisierung her eignen sich am ehesten die Aktien der US-Spielzeugriesen Mattel (Barbie, Fisher-Price) und Hasbro (Furby, Play-Doh) für ein Investment. Deren Kurse haben sich im laufenden Jahr beinahe entgegengesetzt entwickelt: Die Hasbro-Aktie ist seit Januar um rund 14 Prozent gestiegen und notiert nah an ihrem Allzeithoch. Das Mattel-Papier dagegen ist im selben Zeitraum um 27 Prozent gefallen und im laufenden Jahr einer der schwächsten Werte im US-Aktienindex S&P 500.
Eiskönigin statt Barbie
Mattel leidet darunter, dass Barbie-Puppen, einst der Verkaufsschlager des Unternehmens, mittlerweile in den Regalen liegenbleiben. In den USA haben im laufenden Weihnachtsgeschäft Puppen, die auf den Charakteren aus dem letztjährigen Disney-Weihnachtsfilm „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ basieren, Barbie vom Thron gestoßen. Die produziert Mattel zwar ebenfalls. Allerdings nicht mehr lange: Im laufenden Jahr hat der Konzern seine Lizenz für die Disney-Püppchen verloren – ausgerechnet an seinen schärfsten Konkurrenten. Im Jahr 2016 gehen die Rechte an den Figuren auf Hasbro über. Im September überholte dann auch noch Lego Mattel als umsatzstärksten Spielzeughersteller der Welt.
Während Mattel kämpft, könnte es für Hasbro – und damit auch für den Aktienkurs des Unternehmens – weiter bergauf gehen. Der Konzern hat offenbar große Pläne: Vor wenigen Wochen ging das Gerücht um, Hasbro wolle das Trickfilmstudio Dreamworks kaufen. Das wird nun zwar doch nicht passieren. Bleibt die Konzernleitung in Einkaufsstimmung, könnten aber andere Übernahmespekulationen den Kurs im kommenden Jahr treiben.
Grundsätzlich dürfte es in der Spielwarenbranche für Anleger unsicher bleiben. Die großen Hersteller jagen sich immer wieder gegenseitig Marktanteile ab. Es kommt nur selten vor, dass ein Unternehmen ein Spielzeug entwickelt, das rund um die Welt als Must-Have fürs Kinderzimmer gilt und auf Jahre hinaus für stabilen Umsatz sorgt. Hätte Mattel nur auf Robert Zemeckis gehört: Der Regisseur verkündete zum Start des Films „Zurück in die Zukunft II“ im Jahr 1989, der Spielzeughersteller habe ein Hoverboard entwickelt, jenes schwebende Skateboard, das in dem Film zu sehen ist. Zemeckis hatte nur einen Scherz gemacht. Mit der Produktion von Hoverboards hätte sich Mattel aber wohl auf Jahrzehnte hinaus die Begeisterung junger und alter Kunden gesichert – unterm Weihnachtsbaum wie auf dem Parkett.