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Steuererklärung Wie Künstliche Intelligenz Selbstständigen bei Steuerfragen hilft

Freiberuflerin arbeitet am Laptop
Selbstständige müssen sich um viele Sachen kümmern. Dank KI sollen Steuerangelegenheiten künftig nicht mehr dazu gehören
© Westend61 / IMAGO
Eine KI, die bei Steuerpflichten hilft – davon träumte Finanzminister Lindner im Januar in Davos. Beim Fintech Accountable wird die KI-unterstützte Steuererklärung Realität

Wie schön es wäre, wenn sich die Steuererklärung von selbst erledigt. Bisher blieben alle Versprechungen in diese Richtung unerfüllt. Doch Künstliche Intelligenz (KI) macht auch vor dem deutschen Steuerrecht nicht Halt und könnte den lang erwarteten Fortschritt ermöglichen. Im Januar träumte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) beim Weltwirtschaftsforums in Davos davon, wie die KI mit einem Knopfdruck aus allen Belegen des Jahres die persönliche Steuererklärung bastelt. Das Bayerische Landesamt für Steuern, von dem das Elster-Portal der Finanzverwaltung betreut wird, zeigte sich offen für die Vision: Man prüfe stetig, „wie Bürgerinnen und Bürger bei der Erstellung der elektronischen Steuererklärung optimal unterstützt werden können“, sagte eine Sprecherin damals zu Capital. Dabei sei auch der Einsatz von KI im Gespräch. 

Der Staat als Innovationstreiber? Unwahrscheinlich. Dass kommerzielle Anbieter schneller KI-Lösungen für die Steuererklärung entwickeln können, zeigt etwa das Start-up Accountable. Die Steuer-App des 2019 gestarteten Unternehmens richtet sich speziell an Selbstständige, die sich häufig mit der Buchhaltung und diversen Steuererklärungen herumschlagen oder hunderte Euro an Profis zahlen, die ihnen die Steuerpflichten abnehmen. Beides unnötig, findet Accountable-Gründer Tino Keller: „Wir bieten Selbstständigen die Möglichkeit, ihre Finanzen und Steuern regelkonform zu erledigen, damit sie sich schnell wieder ihrem eigentlichen Geschäft widmen können.“

Nutzer wollen Steuerregeln verstehen

Die Software hilft beim Schreiben von Rechnungen und ermöglicht es, Belege direkt zu scannen und aufzubewahren. Einmal mit dem Konto verknüpft, liest die App alle eingehenden und ausgehenden Zahlungen aus und zeigt, wie viel von den Einnahmen nach Steuern übrigbleibt. Aus allen verfügbaren Informationen setzt die Software automatisch die Steuerunterlagen zusammen, etwa monatlich oder quartalsweise die Umsatzsteuer-Voranmeldung. Nach Ablauf des Jahres erstellt sie die Einkommensteuererklärung sowie die Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung.

Obwohl das alles per Knopfdruck geht, haben viele Nutzerinnen und Nutzer den Anspruch, die geltenden Steuerregeln zu verstehen, weiß Keller. „Für Laien ist es wirklich schwierig, unsere komplexen Steuerregeln zu durchdringen. Der KI fällt das viel leichter“, sagt er im Gespräch mit Capital. „Deshalb haben wir einen KI-Steuerassistenten in die App eingebaut, der speziell für die Bedürfnisse von Selbstständigen konzipiert ist.“

KI-Chatbots neigen zum Halluzinieren

Wer ChatGPT und anderen KI-Chatbots schon mal eine Steuerfrage gestellt hat, weiß, dass diese beim deutschen Steuersystem eigentlich an ihre Grenzen stoßen: Die Antworten sind häufig veraltet und manchmal bleibt unklar, ob sie überhaupt korrekt sind. Damit sich die Accountable-KI nicht einfach etwas ausdenkt, wurde sie speziell für die deutschen Steuerregeln trainiert: „Wir haben unseren KI-Assistenten mit den aktuellsten Infos aus dem Steuerrecht, praktischen Tipps unserer Steuerberater und unserer eigenen riesigen Datenbank an Steuerwissen trainiert“, sagt Keller. „Die KI darf nur auf bestehenden Kontext zugreifen und nicht sich selbst was zusammenreimen.“ 

Da die KI außerdem auf die Buchhaltung der Selbstständigen zugreifen darf, kann sie proaktiv konkrete individuelle Tipps geben, die auf die Situation der Nutzerin oder des Nutzers zugeschnitten sind. Der KI-Assistent meldet also, welche vom Konto getätigten Ausgaben womöglich Geschäftsausgaben sein könnten und welche Kosten andere Selbstständige in vergleichbaren Branchen haben. Keller verdeutlicht das mit einem Beispiel: „Wenn die KI keine Kosten für Internet und Telefon findet, macht sie darauf aufmerksam, dass sich die Kosten für geschäftliche Telekommunikation absetzen lassen.“ Außerdem prüft der Assistent automatisch die von den Nutzerinnen und Nutzern eingegebenen Daten darauf, ob alles korrekt und plausibel ist und den Anforderungen des Finanzamts entspricht. 

Erreicht die KI doch mal ihr Limit, gibt sie diese Wissenslücke auch klar zu: „Unsere KI phantasiert sich nichts nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip hinzu“, erklärt Keller. „Wenn der Assistent nicht weiterweiß, wird er das sagen.“ Selbstständigen steht dann ein Team aus Steuer-Coaches bereit, das individuelle Fragen beantworten kann. Bei komplizierteren Sachverhalten vermittelt das Accountable-Team die Kunden an Steuerberater weiter, die persönlich unterstützen und beraten. Und für den Fall, dass die KI doch mal Mist erzählt, gibt das Fintech eine Garantie ab: Bei Fehlern, die Accountable zu verantworten hat, erstattet das Unternehmen daraus resultierende Steuernachforderungen bis zu 5000 Euro.

App soll Steuerberater entlasten

Mit ihrer KI-gestützten Software adressiert Accountable noch ein weiteres Problem: Selbstständige finden aufgrund des herrschenden und zunehmenden Steuerberatermangels kaum noch Beratungsangebote. Gleichzeitig wächst aufgrund der komplexen Steuerregeln die Nachfrage nach steuerlicher Hilfe. „Steuerberater werden täglich von Anfragen überflutet. Dabei könnte KI einen Großteil davon beantworten“, sagt Fintech-Gründer Keller.

Damit sich Steuerberaterinnen und Steuerberater wieder auf die harten Fälle und Fragen konzentrieren können, soll sich die Accountable-KI um die Standardfragen von Selbstständigen kümmern. Sie könne Steuerberatern bis zu 90 Prozent der Anfragen von Selbstständigen abnehmen und diese entlasten, schätzt Keller. Das sei im Sinne beider Seiten. „Trotzdem wird es immer Themen geben, wo eine Steuerberatung angebracht ist und es für Selbstständige Sinn macht, da zu investieren“, so Keller.

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