Capital: Frau Balestier, wie haben sich die Preise von Silber und Gold entwickelt?
MARION BALESTIER: Gold und Silber sind seit Sommer 2022 stark unter Druck geraten, nachdem die US-Notenbank brutal schnell die Zinsen angehoben hatte. Dazu kam der starke Dollarkurs. Steigende Zinsen bieten für Anleger mehr Investitionsmöglichkeiten, weil Anleihen und andere Anlageklassen dann mehr Renditen abwerfen, was bei Rohstoffen nicht der Fall ist. Der Goldpreis hat sich inzwischen erholt, auch weil Anleger und Zentralbanken das Edelmetall als sicheren Hafen ansehen und vermehrt gekauft haben. Der Silberkurs ist seit Jahresbeginn hingegen um rund zehn Prozent gefallen.
Inzwischen verkleinern die Notenbanken ihre Zinsschritte. Hilft das den Kursen?
Ja, auf jeden Fall. Das ist positiv für Metalle. Bei Silber kommt aber noch hinzu, dass die Nachfrage nach dem Industriemetall in China und Europa geringer war als angenommen. Chinas Wirtschaft hat sich nur holprig erholt, und in Europa stecken Teile der Wirtschaft in einer Rezession.
Was könnte denn beim Silberpreis die Wende bringen?
Früher hat man Silber eher im Schmuckgeschäft verortet. Inzwischen ist es ein wichtiger Stoff für die Energiewende. Es ist das am besten elektrisch leitende Metall und wird zum Beispiel für die Herstellung von Photovoltaik-Paneelen und Batterien für Elektroautos genutzt. Vor allem die chinesische Photovoltaik-Branche hat die Silbernachfrage stark angetrieben. Auch in neuen Solarzellentechnologien wird immer mehr Silber verbaut. Die Nachfrage war 2022 fast dreimal so hoch wie 2010 und wird weiter anhalten.
Gibt es etwas, das Anleger beim Investieren in Rohstoffe wie Silber beachten sollten?
Silber diversifiziert ein Depot, aber es ist sehr volatil, das müssen Anleger wissen. Sie sollten keinesfalls ihr ganzes Geld darauf setzen. Am besten investieren sie Stück für Stück. Die Entwicklung der Kurse wird von Faktoren wie der wirtschaftlichen Erholung Chinas abhängen und der weiteren Zinsschritte der US-Notenbank. Die Energiewende wird in jedem Fall dazu führen, dass mehr Silber gebraucht wird, wohingegen die Vorkommen in den nächsten Jahren begrenzt sein werden. Es dauert sehr lange, bis neue Silberminen eröffnet werden können, im Schnitt braucht das 17 Jahre. Wir rechnen aber langfristig wieder mit einem Silberpreis von 29 Dollar je Feinunze wie zu seinem Höchststand 2021. Auf langfristige Sicht ist jetzt der perfekte Zeitpunkt für den Einstieg.