Nadine Oberhuber ist Wirtschafts- und Finanzjournalistin. Sie schreibt auf Capital.de über Geldanlagethemen
Das vergangene Jahr war nichts für schwache Nerven. Wirklich nicht. Denn globalwirtschaftlich gesehen jagte eine Krise die nächste. Zuerst hielt Europa ziemlich lang den Atem an und wartete, ob Griechenland nun kollabieren würde oder nicht. Dann blickten alle auf Amerika, das zwischenzeitlich ebenfalls verdammt knapp an der Pleite entlang schrammte. Zuletzt stand China im Fokus und viele fragten sich: Gerät die Wirtschaft dort ins Stocken und würgt das am Ende die gesamte Weltwirtschaft ab? Die gute Nachricht vorab: Es ist alles noch mal gut gegangen – 2015 jedenfalls. Doch was erwartet uns wohl im kommenden Jahr?
An der Stelle gleich die zweite gute Nachricht hintendrein. Denn erstens haben wir gute Nachrichten inzwischen ja mal dringend nötig. Und zweitens überwiegen momentan tatsächlich die Stimmen, die sagen: Die Aussichten für 2016 sind momentan ziemlich gut. Selbst diejenigen, die zurückhaltender und in einem schwierigen Marktumfeld unterwegs sind wie der Anleihenverwalter Pimco lassen sich dieser Tage zu „vorsichtigem Optimismus“ hinreißen, so nennt es zumindest deren Deutschlandchef Andrew Bosomworth.
Ein Rest Skepsis bleibt zwar. Denn auch 2015 haben die Wirtschaft und mit ihr die Aktienmärkte den Aufschwung fortgesetzt. Wenn auch nur leicht. Damit dauert die Boomphase nun bereits sehr lange an. Aktuell hält das Wachstum in den USA schon 77 Monate und damit gut 20 Monate mehr als im langjährigen Durchschnitt. Zudem ist das Wachstum zuletzt schwächer geworden, vor allem in den Schwellenländern, deshalb streben die Wachstumskurven inzwischen der Nulllinie entgegen. Das sind für Anlageexperten deutliche Warnungen. Nun muss das nicht heißen, dass die nächste Rezession bereits vor der Tür steht, es kann auch noch eine Weile so weitergehen. Es ist aber ein Signal zur Vorsicht und eine Mahnung, es nicht zu übertreiben im kommenden Jahr.
Dax schlug sich tapfer
Was hat nun 2015 für Anleger gebracht? Übers Jahr gesehen ein großes Auf und Ab. Und übrigens auch einen überraschenden Gleichklang zwischen Aktien und Anleihen. Zwischen Januar und April schwangen sich die Kurse beider Anlageklassen zu neuen Höhen und teils überraschenden Rekorden auf. Ab April aber traten sie den Sinkflug an bis zum Sommer beziehungsweise bis Herbst. Seitdem steigen die Kurse wieder. Wer in diesem Jahr auf deutsche Aktien setzte, machte den besten Schnitt. Denn der deutsche Aktienindex Dax stieg aufs Jahr gesehen um knapp 7,3 Prozent. Das ist eine akzeptable Rendite für so viele Turbulenzen und entspricht etwa dem, was auf lange Sicht eine normale Jahresrendite für Aktien ist.
Andere Indizes liefen allerdings bedeutend schlechter. So waren mit europäischen Aktien nur 2,3 Prozent zu holen und beim weltweiten MSCI World rutschte die Rendite sogar ins Negative auf Minus ein Prozent. Gerade für den MSCI World stehen die Aussichten für 2016 nun nicht unbedingt besser. Deshalb sollten Anleger auch im kommenden Jahr eher auf deutsche Papiere setzen, wenn sie einen Länderschwerpunkt wählen wollen.
Von amerikanischen Aktien dagegen raten Experten eher ab. Es ist nämlich wahrscheinlich, dass die jüngste Zinsanhebung der Notenbank Fed zur Aufwertung des Dollar führen wird. Das würde amerikanische Produkte verteuern und es den Unternehmen schwerer machen, ihre Produkte abzusetzen. Freilich sind US-Firmen viel weniger exportabhängig als zum Beispiel deutsche Unternehmen, denn ein Großteil der amerikanischen Produktion wird im eigenen Land konsumiert. Doch inwieweit die USA eine Insel sind, deren Binnennachfrage völlig unabhängig von der Außenwelt funktioniert, bleibt noch abzuwarten. Deswegen ist die Aussicht für US-Aktien eher pessimistisch.
Vorsicht bei Schwellenländer-Anleihen
Für Anleihen sah es unterm Strich 2015 ebenfalls nicht so schlecht aus. Zwar rentieren sie immer noch auf extrem niedrigem Niveau, zehnjährige Bundesanleihen stehen zurzeit bei rund 0,6 Prozent, das ist nun wahrlich keine Rendite, mit der sich reich werden ließe. Aber immerhin ist die Rendite von 0,45 im Januar auf nunmehr 0,6 leicht gestiegen. Anleihenfans raten die Investmentprofis aber eher dazu, sich jetzt im Ausland umzusehen. Hier zum Beispiel wäre Amerika eine gute Lösung, sagt Bosomworth, die zehnjährigen US-Staatsanleihen rentieren aktuell mit rund zwei Prozent. Und mit ihnen hätte der Anleger einen Extraeffekt, sagt er: „Wenn irgendetwas schief läuft auf der Welt, sind zehnjährige US-Treasuries die beste Versicherung, die Euroanleger haben können.“
Von Staatsanleihen aus Schwellenländern raten derzeit viele Profis ab. Sie scheinen zu riskant angesichts der Zinswende in Amerika. Sollte die Zinserhöhung tatsächlich zu einem steigenden Dollarkurs führen, wie erwartet, dann könnte das gerade in fragilen aufstrebenden Ländern das Wirtschaftswachstum drosseln. Insgesamt werden die Schwellenländer zwar 2016 weiter wachsen, aber etwas schwächer als noch im laufenden Jahr, so lautet die Prognose. Ein steigender Dollarkurs führt dazu, dass viele Schwellenländer ihre aufgenommenen Staatskredite in US-Dollar schwerer zurückzahlen können. Es ist also Vorsicht angebracht.
Deutlich optimistischer ist der Anleihenverwalter da für die Südländer Europas wie Italien und Spanien. Deren Anleihen könne man „leicht übergewichten“, wenn man sich das als Anleger zutraut und etwas mehr Risiko eingehen möchte. Außerdem bleiben Hochzinsanleihen interessant im Triple-B-Bereich, also Anleihen von weniger kreditwürdigen Unternehmen, die für das Vertrauen der Anleger hohe Zinsen zahlen. Ausgenommen von der Empfehlung sind der Energie- und Minensektor, um deren Firmen sollte man sicherheitshalber einen Bogen machen. Denn im Energiesektor spielt der unberechenbare Ölpreis eine noch nicht einzuschätzende Rolle. Und bei den Minen ist es der Goldpreis, von dem ebenfalls vielen noch nicht klar ist, wohin er tendieren wird. Zum Gold drängt´s sie ebenfalls nicht groß.
Warten auf den Aufschwung bei Rohstoffen
Womit wir bei den Rohstoffen wären. Sie waren das, womit Anleger 2015 wohl am meisten verlieren konnten. Insgesamt gaben die Kurse auf breiter Front nach, der Rogers Commodities Index sackte um 30 Prozent ab. Die Talfahrt der vergangenen Jahre ist also noch nicht gestoppt. Inzwischen ist sogar das 16-Jahrestief erreicht. Natürlich wird es irgendwann wieder aufwärts gehen. Ob das aber schon 2016 sein wird, ist fraglich. Bei Rohstoffen stellen sich Großinvestoren eher neutral auf und warten ab.

Wer jetzt ins Risiko gehen will, der kann eine Wette wagen auf: den Anstieg des US-Dollar; auf die Kreditwürdigkeit von Triple-B-Unternehmen sowie deren Anleihen; und auf Weltaktien mit Ausnahme der amerikanischen. Wer sich dagegen 2016 vor allem eines wünscht, nämlich Stabilität im Depot, der sollte auch 2016 die Strategie fahren, die bisher galt: Also das Geld über möglichst viele Anlageklassen und Regionen streuen. Bevorzugen sollte er dabei aber die Anlageklasse der Aktien und die Region Deutschland und Europa sowie die Branchen Technologie und Konsum. Eine Warnung gleich vorweg: Schwanken werden die Kurse auch 2016 wieder stark. Für den Gesamtausgang aber darf man optimistisch sein.