Netflix wächst mit dem Vorgehen gegen Passwort-Trittbrettfahrer ungebremst weiter – und ist zuversichtlich, in Zukunft weitere Preiserhöhungen durchsetzen zu können. Im vergangenen Quartal kamen 9,33 Millionen Abonnenten hinzu. Der Videostreaming-Marktführer übertraf damit haushoch die Erwartungen von Analysten, die im Schnitt mit einem Plus von rund 4,9 Millionen Kunden gerechnet hatten. Der ungebrochene Nutzer-Zufluss bringt Netflix in eine Position der Stärke, während Konkurrenz-Angebote wie Disney+ oder Paramount+ um die Profitabilität kämpfen.
Zugleich will Netflix weiter viele Filme produzieren – und zeigt sich auch offen für Sport-Deals zum angemessenen Preis. „Wir sind nicht gegen Sport, sondern für profitables Wachstum“, sagte Co-Chef Ted Sarandos nach der jüngsten Vorlage von Quartalszahlen. Man werde Chancen in immer mehr Bereichen ergreife – aber mit Kostendisziplin. Sarandos wies zugleich einen Medienbericht zurück, wonach Netflix bei den teuren Filmproduktionen auf die Bremse treten wolle. Man wolle nicht weniger Filme machen – aber bessere.
Netflix kostet jetzt in Deutschland mehr
Netflix habe noch viel Freiraum, den Dienst attraktiver zu machen – „und dann die Leute zu bitten, etwas mehr Geld zu bezahlen“, sagte der zweite Co-Chef Greg Peters. Netflix hatte vergangene Woche nach Preiserhöhungen in anderen Ländern die Tarife auch in Deutschland erhöht. Das teuerste „Premium“-Abo mit 4K-Bildqualität und 3D-Sound kostet nun 19,99 Euro statt zuvor 17,99 Euro. Dagegen bleibt der Preis des Abonnements mit Werbung unverändert bei 4,99 Euro im Monat. In den USA kostet das „Premium“-Abo 22,99 Dollar.
Netflix hat nun weltweit 269,6 Millionen zahlende Kunden. Vom kommenden Jahr an will der Dienst nicht mehr jedes Quartal über die aktuelle Abonnentenzahl informieren. Das war für Marktbeobachter bisher ein wichtiger Gradmesser für den Wettbewerb mit anderen Streaming-Anbietern. Die Netflix-Aktie fiel im nachbörslichen Handel am Donnerstag um 4,76 Prozent.
Netflix argumentiert, dass die reinen Kundenzahlen angesichts der verschiedenen Abo-Modelle nicht mehr so aussagekräftig seien wie früher. Man wolle stattdessen über die finanzielle Lage mit Umsatz und Gewinn sowie über die Popularität einzelner Serien und Filme informieren.
Weiter gute Aussichten dank „Bridgerton“ und „Beverly Hills Cop“
Zugleich signalisierte der Dienst, dass das Wachstum weitergehen werde. Für das laufende Quartal stellte der Dienst zwar etwas schwächere Kundenzuwächse, aber ein Umsatzplus von rund 16 Prozent im Jahresvergleich in Aussicht. Im vergangenen Vierteljahr stiegen die Erlöse um rund 15 Prozent auf 9,37 Mrd. Dollar (8,8 Mrd.Euro). Der Quartalsgewinn sprang von 1,3 Milliarden Dollar vor einem Jahr auf 2,33 Mrd. Dollar hoch.
Getragen wird das Wachstum von der Popularität der Serien und Filme von Netflix. In den kommenden Monaten will der Dienst unter anderem mit einer neuen Staffel der Serie „Bridgerton“ und einem neuen „Beverly-Hills-Cop“-Film mit der Rückkehr von Eddie Murphy zu seiner Paraderolle punkten.
Gewinner der Streaming Wars
Netflix ist damit der klare Gewinner der sogenannten Streaming Wars. Der kalifornische Newcomer hatte vor mehr als zwölf Jahren das Film-und-Serien-Abo als neue Vertriebsform für audiovisuelle Inhalte etabliert und damit Fernsehsender wie Filmstudios gleichermaßen unter Druck gesetzt.
Erst in der Corona-Pandemie hat die Medienindustrie massiv auf den Angriff reagiert: Global agierende US-Konzerne wie Warner Discovery, Universal und Paramount steckten immer mehr Milliarden in Serien und Filme, um ihre Video-on-Demand-Plattformen gegen Netflix in den Kampf zu schicken. Dazu kamen die Angreifer Apple und Amazon. Der Kampf war vor allem eine Auseinandersetzung der „alten“ gegen die „neue“ Medienwelt, die „alte“ vertreten von den Studios, die „neue“ von Netflix und – mit Abstrichen – Amazon. Aber dieser Kampf fand auf dem Spielfeld statt, das Netflix gebaut und gestaltet hatte.
Der mit enormen Mitteln geführte Kampf von Disney & Co. gegen Netflix hat sich nicht ausgezahlt: „Alle haben ein Problem“, rechnete Anfang des Jahres Branchenexperte Klaus Goldhammer vor – alle außer Netflix seien „nicht profitabel“. Jedenfalls auf lange Sicht nicht. So schnell wie die Investitionen ausgeweitet wurden, wurden sie jetzt wieder zusammengestrichen.
Streamingkunden merken bereits, dass die Plattformen in Sachen Filme und Serien gegenüber den Boomzeiten austrocknen und gleichzeitig mit Werbeschaltungen angereichert werden. Abogebühren steigen ohnedies, „weniger für mehr“ heißt nun das Prinzip.