Schwächelt die Wirtschaft, haben Crash-Propheten Konjunktur. Mit jedem Jahr, das ohne eine weitere Finanzkrise vergeht, werden ihre Warnungen und Mahnungen schriller. Nun scheint der vorläufige Höhepunkt erreicht: „Der größte Crash aller Zeiten“ lautet der Titel des Werks, das derzeit die „Spiegel“-Bestsellerliste im Bereich Sachbuch anführt. Eine noch düsterere Prognose ist dank Superlativ nicht mehr drin. Die Betriebswirtschaftler Marc Friedrich und Matthias Weik warnen in ihrem Buch vor einer „einmaligen Zeitenwende mit heftigsten Verwerfungen“ und geben Anlegern Tipps, wie sie ihr Geld schützen können, wenn alles zusammenbricht. Das wird nach Einschätzung von Friedrich und Weik schon ziemlich bald der Fall sein, nämlich spätestens im Jahr 2023.
Warnungen vor einer neuen Krise an den Finanzmärkten sind nicht unberechtigt. Grund zur Sorge gibt es genug: von politischen Entwicklungen wie dem Aufstieg der Rechtspopulisten über wirtschaftliche Damoklesschwerter wie den chinesisch-amerikanischen Handelskrieg bis hin zu Exzessen in einzelnen Märkten, etwa bei den Immobilienpreisen. Trotzdem sollten sich Anleger von Prophezeiungen wie dem „größten Crash aller Zeiten“ nicht verrückt machen lassen, sagen Finanzexperten.
Fonds der Crash-Propheten enttäuschen
Untergangsprognosen folgen auf den ersten Blick einer bestechenden Logik. Mit ihren scheinbar zwingenden Schlussfolgerungen greifen Crash-Propheten aber zu kurz, sagt Markus Richert, Berater beim Kölner Vermögensverwalter Portfolio Concept. „Börsencrashs und Finanzkrisen lassen sich nicht wissenschaftlich prognostizieren“, sagt er. Crash-Propheten bescheinigt er, „Volkswirtschaftslehre auf Volkshochschulniveau“ zu betreiben. Der Komplexität des Themas würden ihre Prophezeiungen in der Regel nicht gerecht.
Auch mit dem vermeintlichen Krisen-Schutz, den Schwarzmaler gern direkt mit anpreisen, ist es meist nicht weit her. So raten die Autoren von „Der größte Crash aller Zeiten“ zu Sachwerten – zählen dazu aber exotische und riskante Investments wie Diamanten, Whisky und sogar Bitcoins. „Im Zweifel bieten die meisten Autoren auch einen eigenen Investmentfonds an“, sagt Richert. So hält es etwa der mittlerweile umstrittene Ökonom Max Otte mit seinem „Max Otte Vermögensbildungsfonds“. Oder „Mr. Dax“ Dirk Müller, der zuletzt ebenfalls vor einem Crash warnte und nebenher einen Aktienfonds vermarktet. In den Wertentwicklungs-Ranglisten stehen die Produkte von Crash-Propheten oft nicht sonderlich weit vorn, sagt Richert.
Wie man fragwürdige Krisen-Propheten erkennt
Viele Untergangspropheten sind Handelsreisende in eigener Sache, warnt auch Morningstar-Experte Ali Masarwah. „Das stellt ihre Qualifikation als Retter der Anlegerschaft prinzipiell in Frage“, sagt er. Investoren sollten sich vom Alarmismus der Crash-Propheten nicht dazu verleiten lassen, ihr Portfolio gemäß deren Empfehlungen umzubauen, rät Masarwah. Sonst droht eine Schieflage.
Der Morningstar-Mann gibt fünf Tipps, wie man fragwürdige Krisen-Propheten erkennt: Erstens sind ihre Argumente oft simpel und ihre Schlussfolgerungen auf den ersten Blick logisch, bei genauem Hinschauen aber nicht viel mehr als heiße Luft. Zweitens unterstützen ihre Prognosen praktischerweise vor allem ihr eigenes Geschäftsmodell. Drittens stehen Crash-Demagogen in einer fachlich versierten Runde mit ihrer Meinung weitgehend allein da. Viertens sind viele von ihnen zwar dem Fachpublikum suspekt, bei den Massenmedien dafür aber umso beliebter und in jeder Talkshow dabei. Fünftens zielen ihre Prognosen oft so weit in die Zukunft, dass klar ist: Die Krisen-Warner bauen darauf, dass sich niemand mehr an ihre Vorhersage erinnert, wenn sich der große Crash nicht an den Zeitplan hält.