Eine negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen war in der Vergangenheit ein zentraler Grundsatz beim Portfolioaufbau. Ermöglicht diese doch Anlegerinnen und Anlegern, die Dynamiken des Konjunkturzyklus ruhiger zu überstehen.
Die klassische Entwicklung wäre dabei vereinfacht gesagt: Bei einem Rückgang des Wirtschaftswachstums, wenn Unternehmensgewinne und damit die Aktienkurse fallen, senken die Zentralbanken die Zinssätze, um künftiges Wachstum anzukurbeln. Von den niedrigeren Zinsen profitieren die Anleihepreise und steigen. Nachdem sich die Wirtschaft und die Aktienkurse erholt haben, werden die Zentralbanken die Zinsen wieder erhöhen, weshalb die Anleihepreise wiederum sinken. In diesem Szenario entwickeln sich also Anleihen gut, wenn die Aktien schlechter performen und umgekehrt.
In den letzten 18 Monaten scheiterte diese Theorie jedoch. Im vergangenen Jahr fielen die Kurse von Aktien und Anleihen gleichzeitig, dieses Jahr sind beide parallel gestiegen. Der Grund für das Scheitern dieser eigentlich perfekten Synergie ist die Inflation. Seit dem massiven Anstieg der Inflation liegt das Hauptaugenmerk der Zentralbanken nicht mehr auf Wachstum. Tatsächlich müssen sie einen Abschwung vorantreiben, anstatt ihn zu verhindern. Dies führt dazu, dass Aktien im Gleichschritt mit Anleihen fallen.
De facto war eine verlässliche negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen in der Vergangenheit nur dann dauerhaft vorhanden, wenn die Zentralbanken die Inflation unter Kontrolle hatten. Die Frage, ob die negative Korrelation zurückkehrt, hängt daher auch von der Frage ab, die ich in den vorherigen Kolumnen diskutiert habe – also ob die Inflation schnell zurückgehen wird und in Zukunft nicht wieder auftritt.
Korrelation von Aktien und Anleihen
Korrelation des S&P 500 und der 10-jährigen US-Staatsanleihen zur US-Gesamtinflation In % (links, blaue Linie) 2-Jahres Korrelation zwischen Anleihen und Aktien, (rechts, schwarze Linie) US-Gesamtinflation im Jahresvergleich
Ich bin in dieser Hinsicht skeptisch. Zwar sollte die Gesamtinflation in den kommenden Monaten weiter sinken, aber sie dürfte stagnieren, wenn sie sich der Region von drei bis vier Prozent nähert, so wie aktuell in den USA zu beobachten. Kurzfristig werden die Zentralbanken nicht in der Lage sein, die Zinsen zu senken und das Wachstum so schnell zu unterstützen, wie es der Markt derzeit erwartet.
Zudem sind in Zukunft häufiger Kostenschocks zu erwarten, die die Inflation hochtreiben können. Wie im vergangenen Jahr könnte dies beispielsweise als Reaktion auf größere Klimarisiken und häufigere Klimaereignisse passieren, während der Übergang zu erneuerbaren Energien als primäre Energiequelle steinig wird. Es ist also davon auszugehen, dass das Verhältnis zwischen Aktien und Anleihen weniger stabil sein wird als in der Vergangenheit, mit Phasen negativer Korrelation, aber auch einigen Phasen positiver Korrelation.
Für Multi-Asset-Portfolios besteht die wichtigste Schlussfolgerung darin, dass es bei der Diversifizierung um mehr als nur Aktien und Anleihen geht. Anleihen werden ein Portfolio im Hinblick auf eine tiefe Rezession sowie Deflationsschocks diversifizieren können, aber wir brauchen auch Anlageklassen, die bei Inflationsschocks wirksam sind. Dafür ist es wichtig nach Alternativen Ausschau zu halten. Wie wir letztes Jahr sehen konnten, bieten sich alternative Anlageklassen dafür an. Infrastruktur oder Immobilien stellten eine echte Diversifizierung gegen den Inflationsschock dar – zur Stärkung der Portfolios wäre eine Beimischung auch in Zukunft sinnvoll.