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Aktien Günstiges Umfeld für Europas Aktien

Die Angst vor einer Deflation ist übertrieben. Von der niedrigen Teuerungsrate profitieren aber europäische Aktien. Von Frank Naab

Frank Naab ist Leiter des Portfoliomanagements beim Bankhaus Metzler.

Eine breit angelegte, sich selbst verstärkende Preisabwärtsspirale spielte lange eine eher untergeordnete Rolle im Bewusstsein deutscher Anleger. Angesichts der aktuellen Inflationszahlen im Euroraum hat diese Furcht aber neue Nahrung erhalten. Ein Blick auf die Daten zeigt, dass die Preissteigerungsrate in der Eurozone bereits seit Ende 2011 immer weiter sinkt. Vor diesem Hintergrund mehren sich hierzulande die Stimmen, die vor den verheerenden Auswirkungen warnen, die ein stark sinkendes Preisniveau auf die Wirtschaft haben kann. Doch besteht tatsächlich eine Deflationsgefahr in der Eurozone?

In der sehr engen Definition spricht man schon von einer Deflation, sobald die Jahresteuerungsrate für ein Quartal negativ ausfällt. Diese Definition ist allerdings insofern irreführend, als dass grundsätzlich nicht zwischen den verschiedenen Arten von inflationsbeeinflussenden Schocks unterschieden wird. So ist eine geringfügig negative Inflationsrate per se unbedenklich, da die damit verbundenen Kosteneinsparungen die Kaufkraft der Verbraucher erhöhen und die Konjunktur sogar stützen können.

sinkende Rohstoffpreise sorgen für niedrige Inflation

Eine Deflation im eigentlichen Sinne droht erst dann, wenn die Preise „auf breiter Front“ sinken, der Rückgang sich in den Erwartungen der Marktteilnehmer verfestigt und damit letztlich selbst verstärkt. Eine solche Entwicklung ist derzeit allerdings nicht feststellbar.

Der Rückgang der Gesamtinflation im Euroraum ist vielmehr auf Faktoren zurückzuführen, die außerhalb des Einflussbereichs der Notenbank liegen. So gehen etwa drei Viertel des Inflationsrückgangs seit Ende 2011 auf sinkende Rohstoffpreise zurück, die wie eine Steuersenkung für die Verbraucher wirken.

Da die Europäische Zentralbank mittelfristig jedoch eine jährliche Inflationsrate von unter, aber nahe zwei Prozent anstrebt, wirkt sie dem aktuell geringen Teuerungsdruck mit allen – auch unkonventionellen – Mitteln entgegen. Diese geldpolitischen Schritte beeinflussen nicht nur das Preisgefüge in der Realwirtschaft, sondern haben auch weitreichende Folgen für die Kapitalmärkte.

Seit dem Höhepunkt der Krise im Sommer 2012 sind die Renditeaufschläge für zehnjährige Anleihen, die Länder wie Italien oder Spanien gegenüber Deutschland zahlen müssen, von fünf bis sechs Prozentpunkten auf weniger als 1,5 Prozentpunkte zurückgegangen. Für Kapitalanleger ist dies unter Ertragsgesichtspunkten natürlich wenig erfreulich.

Hochzinsanleihen verdienen häufig ihren Namen nicht

Auf der Suche nach Rendite weichen viele Anleger daher auf sogenannte Hochzinsanleihen aus. Unabhängig davon, dass die Papiere ihrem Namen mittlerweile auch nicht mehr gerecht werden, bezeichnet man mit Hochzinsanleihen Papiere von Unternehmen, deren Kreditwürdigkeit die Ratingagenturen als zweifelhaft ansehen. Da Zahlungsausfälle in diesem Segment recht wahrscheinlich sind, gelten solche Anlagen allgemein als spekulativ.

Für viele Investoren scheint die zweifelhafte Bonität der Schuldner in den vergangenen Jahren jedoch immer mehr an Relevanz verloren zu haben, denn das Volumen neu emittierter Hochzinsanleihen in Europa hat sich seit dem Vorkrisenjahr 2007 in etwa verdreifacht. Damit hat sich die Qualität der insgesamt am europäischen Kreditmarkt ausstehenden Verbindlichkeiten deutlich verschlechtert. Auf der Schuldnerseite stehen bonitätsschwache Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, über konventionelle Wege ihre Finanzierung sicherzustellen, auf der anderen Seite Anleger, die aufgrund des Niedrigzinsumfeldes händeringend nach höheren Renditen suchen. Gewissermaßen trifft also Not auf Gier – und dies ist bekanntlich nicht die allerbeste Mischung. Daher meiden wir als Vermögensverwalter dieses Marktsegment.

Dividende nicht vernachlässigen

Glücklicherweise gibt es aber noch andere Anlageklassen, bei denen die Dinge etwas anders gelagert sind. Dies gilt vor allem für europäische Aktien, deren Aussichten für das Jahr 2015 wir als günstig einstufen. Denn europäische Unternehmen profitieren doppelt von den aktuellen Entwicklungen: Auf der Absatzseite geben der gefallene Euro-Kurs und auf der Einkaufsseite die geringen Rohstoffpreise Rückenwind. Mit voraussichtlichen Gewinnzuwächsen von über zehn Prozent im laufenden Jahr könnten die Kurse europäischer Aktien sogar mitsteigen, ohne dass sich die Bewertung verteuert.

Zudem sollte nicht vergessen werden, dass sich Aktien durch einen satten Ausschüttungsvorteil gegenüber Anleihen auszeichnen. Derzeit übertrifft die durchschnittliche Dividendenrendite europäischer Aktien von etwa drei Prozent die Rendite von Unternehmensanleihen mit einem Rating von BBB um 1,4 Prozentpunkte. Damit liegt der Ausschüttungsvorteil auf historischen Höchst­ständen. Gerade heute – in Zeiten der finanziellen Repression – sollten Anleger die Dividende als Renditetreiber nicht vernachlässigen.

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