Der Vorschlag von Finanzminister Christian Lindner (FDP) für eine Reform der Grunderwerbsteuer stößt bei den Ländern auf breite Kritik. Sie lehnen eine Senkung oder gar Abschaffung der wichtigen Einnahmequelle mehrheitlich ab, wie eine Umfrage von Capital unter allen 16 Landesfinanzministerien zeigt. Damit haben Lindners Pläne, mit der Steuerreform den privaten Hauskauf zu fördern, kaum Chancen, umgesetzt zu werden.
Die Länder nehmen jährlich rund 17 Mrd. Euro über die Grunderwerbsteuer ein, die beim Kauf von Immobilien fällig wird und je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises beträgt.
Derzeit laufen Beratungen auf Fachebene zwischen Bund und Ländern, wie die Umgehung der Grunderwerbsteuer durch Immobiliengesellschaften mit Hilfe sogenannter Share Deals verhindert werden kann. Darauf hatten sich SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. Im Zuge dessen hatte Lindners Ministerium in einem Diskussionspapier vorgeschlagen, den Ländern zu erlauben, die Steuer zu senken oder gar ganz zu streichen.
Auf politischer Ebene verläuft die Diskussion weitaus hitziger als auf Fachebene, mehrere Finanzministerinnen und Finanzminister äußern gegenüber Capital Unverständnis und Kritik zu Lindners Vorstoß. Bei der Grunderwerbsteuer handelt es sich um eine Landessteuer. Die Länder ärgern sich über eine Kompetenzüberschreitung Lindners.
Lindners Vorschlag „befremdlich“
„Ich finde es befremdlich, dass der Bundesfinanzminister einseitig Vorschläge zu einer allein die Länder betreffenden Steuer macht“, so Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere (Grüne) auf Capital-Nachfrage. Er lehne „Überlegungen zu ihrer Abschaffung klar ab“. Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) kommentiert das Vorhaben mit den Worten, die der Bundesfinanzminister selbst zu einem anderen Gesetz gewählt habe: „Zurück in die Montagehalle!“
Viele Länder stoßen sich vor allem an der fehlenden Gegenfinanzierung. Denn wie die Einbußen der Länder im Falle einer Reform ausgeglichen werden sollen, ließ Lindner in dem Diskussionspapier seines Hauses offen. „Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer sind in Baden-Württemberg zuletzt schon eingebrochen“, teilt ein Landesvertreter mit. „Eine weitere Senkung würde das Land grob geschätzt einen dreistelligen Millionenbetrag kosten.“ Das Thüringer Finanzministerium sagt klipp und klar: „Der Vorschlag des Bundesfinanzministeriums ist in dieser Form im Bundesrat nicht zustimmungsfähig.“
Mehrere Länder halten Lindners Vorschlag zudem für verfassungswidrig. Allein in Bayern rennt Lindner mit seinem Vorschlag offene Türen ein, ist damit aber in der Minderheit.