Anzeige

Kolumne Geldanlage mit kühlem Kopf – auch im Sommer

Symbolbild Geldanlage
Symbolbild Geldanlage
© Getty Images
Wenn die Tage länger werden und die Nächte kürzer, steigt unsere Stimmung. Leider aber auch unsere Lust auf riskante Aktiendeals. Nadine Oberhuber erklärt, warum man im Sommer besonders vorsichtig bei der Geldanlage sein sollte

Gehören Sie auch zu denen, die jetzt so richtig aufblühen? Merken Sie, wie jede Stunde Tageslicht Ihre Stimmung erhellt und Ihnen mit jedem Grad ein bisschen wärmer wird ums Herz? Wir sind ja alle ein bisschen Kinder des Sommers. Doch der ist zwar gut fürs Gemüt, aber ziemlich schlecht fürs Depot – dort verglühen die Renditen regelrecht, wenn unsere Tage länger werden, fanden Forscher bereits früher heraus. Aus Anlegersicht ist die Mittsommernacht ein einziger Albtraum. Nun ist auch endlich klar, warum.

Die Statistik belegt schon länger, dass ab dem Frühling nicht nur unsere Laune steigt, sondern auch unsere Risikobereitschaft. Denn der Winterblues – eine leichte Form der Depression – lässt uns in der dunklen Jahreszeit vorsichtiger werden. Das Sommerhoch dagegen macht uns leichtsinniger, weshalb wir vermehrt riskantere Wertpapiere kaufen. Anfangs sprießen noch Überrenditen in unserem Depot, jedenfalls bis zum Frühling, wiesen Forscherteams der Universitäten Toronto, British Columbia sowie der niederländischen Universität Tilburg nach. Im Sommer dagegen schlagen die Verluste aus.

Die neue Capital

Die neue Capital

Capital-Cover

Bisher ließ sich die Korrelation zwischen Sommerzeit, Anlegerstimmung, Risikoneigung sowie Aktienrenditen in 36 von 37 Ländern belegen, sowohl in Industrie- als auch in Schwellenländern. Und auf der Nord- und Südhalbkugel jeweils rund um die Mittsommernacht. Je weiter weg die Länder übrigens vom Äquator liegen, desto stärker zeigt sich der Sommerzeiteffekt im Depot.

Und der ist enorm: Ein Anleger, der in den 80er-Jahren eine Hälfte seines Geldes auf den australischen und die andere Hälfte auf den schwedischen Aktienindex setzte, hätte damit in 20 Jahren 13 Prozent Jahresrendite eingestrichen. Hätte er seine Aktien ausschließlich auf das jeweilige Sommerland gesetzt, wären fünf Prozent Rendite geblieben. Aber hätte er die Papiere stets aus der Sommerregion abgezogen und in den Winter geschichtet, wären daraus sogar 21 Prozent Rendite geworden.

Je weniger Menschen schlafen, desto riskanter investieren sie

An den längsten Tagen des Jahres müssen Anleger also besonders aufpassen, nicht allzu gewagt anzulegen. Woran das liegt? Wissenschaftler der Universitäten Anchorage und Oklahoma State sind einer Antwort jetzt vielleicht auf die Spur gekommen: Je weniger Menschen schlafen, desto riskanter investieren sie. Lässt man Kurz- oder Schlechtschläfer wählen zwischen einem sehr sicheren Investment, das eine kleine Rendite abwirft – und einem Hochrenditepapier mit kleiner Gewinnwahrscheinlichkeit, so greifen sie häufiger zum riskanteren Papier. Und zwar tat es jeder Proband umso häufiger, je kürzer und schlechter er schlief. Zudem bemerkte er das Risiko dann nicht einmal, weil er meinte, völlig kalkuliert zu handeln. Acht-Stunden-Schläfer dagegen trafen ausgeruhtere Entscheidungen.

Guter Schlaf ist demnach bares Geld wert. Er verbessert nicht nur Gesundheit, Gedächtnis und Konzentration, sagen Schlafforscher, sondern offenbar auch das Gespür für Risiko und Rendite. Bleiben Sie also im Sommer wachsam – aber möglichst nicht zu lange auf. Und notfalls: Überschlafen Sie wichtige Finanzfragen so lange, bis die Nächte wieder länger werden.

Nadine Oberhuber ist neue Capital-Korrespondentin in München. In ihrer Kolumne schreibt sie jeden Monat über die Freude und die Last mit der Geldanlage und der Altersvorsorge.

Neueste Artikel