Die Deutsche Bank und die Commerzbank sprechen über eine mögliche Fusion . Das liegt wohl nicht zuletzt daran, dass ihr Börsenwert in den vergangenen Jahren deutlich gefallen ist. Gesunkene Margen, stockende Restrukturierungsbemühungen und – vor allem bei der Deutschen Bank – immer neue Skandale und Skandälchen hatten zur Folge, dass die Aktienkurse beider Großbanken heute deutlich tiefer liegen als vor zehn Jahren. Anteilseigner wie der US-Investor Cerberus, der an beiden Instituten beteiligt ist, erhoffen sich von einem Zusammenschluss offenbar Rückenwind für die Aktienbewertungen.
Ob eine Fusion die beiden Banken aus dem Sumpf ziehen kann, ist alles andere als gewiss. Man könnte das Ringen von Deutscher Bank und Commerzbank um einen Weg aus der Profitabilitätsmisere sogar als Beispiel dafür sehen, wie sehr traditionelle Geldhäuser inzwischen zu kämpfen haben. Die meisten Finanz-Start-ups kennen derartige Schwierigkeiten nämlich nicht. Während etablierte Kreditinstitute darum kämpfen, wettbewerbsfähig zu bleiben, prophezeien Marktbeobachter der Fintech-Branche ein ungebremstes Wachstum.
Die Expansion des Fintech-Sektors hat in der ersten Hälfte 2018 deutlich an Momentum gewonnen, urteilen Experten der Beratungsgesellschaft KPMG in der aktuellen Ausgabe ihres zweimal jährlich erscheinenden Reports „Pulse of Fintech“ . Das Volumen von Wagniskapital- und Private-Equity-Finanzierungen sowie Fusionen und Übernahmen hatte bereits zur Jahresmitte den Gesamtwert aus dem Vorjahr deutlich überschritten. Das lag vor allem an zwei großen Deals: Die Alibaba-Tochter Ant Financial konnte bei einer neuen Finanzierungsrunde die Rekordsumme von 14 Mrd. US-Dollar einsammeln. Und der US-Kartenspezialist Vantiv übernahm für 12,9 Mrd. US-Dollar den britischen Konkurrenten Worldpay.
Fintechs erschließen immer mehr Länder
Für das laufende Jahr prophezeien die KPMG-Experten Ian Pollari und Anton Ruddenklau sämtlichen Bereichen der Fintech-Branche weiteres Wachstum. Als einen wichtigen Treiber nennen sie die zweite Zahlungsdiensterichtlinie der Europäischen Union (Payment Service Directive 2, PSD2). In deren Rahmen treten im laufenden Jahr mehrere Neuregelungen in Kraft, die den elektronischen Zahlungsverkehr sicherer und flexibler machen sollen. Auch Australien plant im laufenden Jahr Schritte hin zum sogenannten Open Banking. Mit diesem Schlagwort bezeichnet man die Öffnung der Banken und ihrer Daten für andere Dienstleister. „Diese Änderungen in der Finanzlandschaft dürften die Investitionen in Fintechs weiter treiben“, schreiben die KPMG-Autoren.
Der Fintech-Markt wächst sowohl in die Breite als auch in die Tiefe. Finanz-Start-ups erschließen immer mehr Länder und bieten immer speziellere Produkte und Dienstleistungen an. Auch die Ergebnisse der jüngsten Berichtssaison geben Anlass zum Optimismus, sagt Vincent Vinatier, Fondsmanager bei Axa Investment Managers. „Immer mehr Finanzdienstleister beginnen, Fintech in ihr Geschäftsmodell zu integrieren, da sie zunehmend verstehen, dass technische Innovationen ihr Geschäft verändern“, erklärt er. Derweil arbeiteten etablierte Technologieunternehmen verstärkt mit Fintechs zusammen, um Kunden aus der Finanzindustrie zu gewinnen.
Paypal schlägt die Deutsche Bank
Angesichts der hervorragenden Wachstumsaussichten ist es kein Wunder, dass Analysten Fintech-Aktien größeres Kurspotenzial bescheinigen als den Titeln vieler traditioneller Banken. Die bisherige Entwicklung scheint ihnen Recht zu geben: Während etwa der Aktienkurs der Deutschen Bank in den vergangenen drei Jahren rund 50 Prozent gefallen ist, legte die Aktie des US-Zahlungsdienstleisters Paypal im selben Zeitraum fast 160 Prozent zu.